25. Februar 2019

Rotes Wien: Die Geschichte einer Ära – Teil 5

Das Rote Wien (c) STADTBEKANNT

Rotes Wien – eine Gesellschaft, die fair werden sollte

Auf der einen Seite die Armen, die Hungernden, die ungerecht Behandelten, die Nicht-Gesehenen und Wenig-Gehörten. Sozialdemokraten vs. Christlichsoziale – ein, mittlerweile ein ganzes Jahrhundert, andauerndes Phänomen österreichischer Politikgeschichte.

„Was zu Gunsten des Staates begonnen wird, geht oft zu Ungunsten der Welt aus“, besser hätte es Karl Kraus kaum ausdrücken können. Was bei diesem Zitat einen leichten Beigeschmack enthält, ist die Feststellung, dass nicht der Staat gefördert werden muss und soll, sondern die Menschen, welche wiederrum durch ihren Beitrag den Staat erhalten. Ein relativ einfaches sozialdemokratisches Prinzip. Was hier außen vorgelassen werden darf, ist natürlich die Tatsache, dass Kriege die Welt nur verarmen, obgleich sie eine Hand voll Akteure reich machen. Die österreichische Bevölkerung war nach dem 1. Weltkrieg nicht nur verarmt sondern vor allem gespalten. Die Sozialdemokraten auf der einen Seite und die Christlichsozialen auf der anderen, dazwischen auch einige andere, wie beispielsweise die Heimwehr und andere paramilitärische Verbände, die es der Sozialdemokratie und somit einer Einigung der Gesellschaft schwer machten.

Um eine Gesellschaft zu erschaffen, die fair ist, war der Zugang zu Bildung ein wesentlicher Bestandteil. Dass „Wissen Macht ist und Bildung frei macht“, hatte bereits der Sozialist Wilhelm Liebknecht formuliert und diesem Zitat folgend wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts Volksbildungsheime errichtet. Wissenschaftliches Arbeiten sollte den ärmeren Schichten ebenso zugänglich gemacht werden – dies stand unter dem Motto „Universität der kleinen Leute“. Dort unterrichteten unter anderem Ludwig Boltzmann, Otto Wagner, Hans Kelsen, Erwin Schrödinger, Sigmund Freud und Arthur Schnitzler.

Ein immerwährender Streit

Der spätere Verlauf der Geschichte zeigt, dass die geforderte „Chancengleichheit“ ein hochgestecktes Ziel war, das vor allem durch sogenannte „Verhinderer“, einen Kampf auf sich nahm, der noch lange andauern sollte. Die Zeit des Nationalsozialismus unterbrach diesen Konflikt zwar nicht wirklich, färbte ihn allerdings mit Hetzreden und Fanatismus.
Der Konflikt innerhalb der Gesellschaft zwischen jenen, die konservative Haltungen nicht ablegen und somit ihre bürgerlichen Hochburgen nicht verlassen wollten und jenen, die Fürsorge im weitreichendsten Sinn von der Wiege bis zur Bahre durchzusetzen versuchten, lebt bis heute. Dazwischen tummelte und tummelt sich auch heute noch das gemeine Volk, das damals mangels Bürgerrecht, und heute, aufgrund der eigenen Politikverdrossenheit die Spaltung seit mittlerweile 100 Jahren aufrechterhält. Das nachfolgende Zitat kann als zusammenfassende Analyse gesellschaftlichen Verhaltens verstanden werden: „Auch das klügste Wort bleibt am Ende nur Geschwätz, wenn es nicht auf irgendeinem Wege zu Taten führt“. (Arthur Schnitzler)

Das Rote Wien

Teil 1: Die soziale Fürsorge
Teil 2: Der kommunale Wohnbau
Teil 3: Die Schulreform
Teil 4: Die Frauenbewegung
Teil 5: Eine Gesellschaft, die fair werden wollte
Teil 6: Vorhang auf für das Arbeitertheater!

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt