Die Geschichte des Siebensternviertels fasziniert uns
Beim gemütlichen Durchschlendern durch das Siebensternviertel fragt man sich zuweilen: Wie hat es hier früher wohl ausgesehen, wo sich heute bunte Geschäfte aneinanderreihen und Schanigartenstühle hungriger Gäste harren? Wie lebte es sich damals in jenen Straßen und Gassen, durch die heute Radfahrer, Autos und brummende Busse ihre Bahnen ziehen?
Fakt ist: Das Siebensternviertel hat viel zu erzählen. Viele Spuren deuten zurück, auf eine bewegte Geschichte. Wir haben uns auf die interessante Entdeckungsreise begeben …
Wie entstand das Siebensternviertel?
Das Siebensternviertel bezeichnet allgemein den östlichen Teil von Neubau, dem 7. Wiener Gemeindebezirk. Es erstreckt sich als unregelmäßiges Viereck zwischen Lerchenfelder Straße, Neubaugasse, Mariahilfer Straße und MQ. Heute erscheint das Viertel als homogene Stadtlandschaft – doch das war es natürlich nicht immer.
Früher einmal, als Wien noch beinahe so klein war wie das Innere des Rings und noch lange keine Rede von Gemeindebezirken sein konnte, glich die Umgebung der Stadt einem Fleckerlteppich aus Agrarland, wilder Natur, vereinzelt stehenden Höfen und Vorstädten.
Das Viertel und seine Kirchen
Zu größeren Ansiedlungen kam es meist rund um Kirchen. So auch auf der Fläche des heutigen Siebensternviertels: Dort, wo heute die Ulrichskirche steht, befand sich schon im frühen 13. Jahrhundert eine Kapelle. Die dazugehörige Vorstadt Sankt Ulrich ist ebenso alt – immerhin war das Fleckchen Land durch den heute unterirdisch verlaufenden Ottakringer Bach gut mit Wasser versorgt. Vor Katastrophen war die Vorstadt dennoch nicht gefeit, auch nicht später, als Wien längst zu einer beachtlichen Stadt herangewachsen war: Im 17. Jahrhundert wurde Sankt Ulrich im Zuge der Türkenbelagerung zerstört, im 18. verwüstete der über die Ufer getretene Bach den Ort und im 19. Jahrhundert brannten hier fast alle Häuser nieder. Heute bildet das „Stehaufmännchen” Sankt Ulrich den nordöstlichen Zipfel des Siebensternviertels.
Der Spittelberg
Noch nicht so lange besiedelt ist der Spittelberg. Bis ins 16. Jahrhundert hinein fand man auf der hügeligen Erhebung vorwiegend Weideland und dazugehöriges Vieh. Erst als das namensgebende Bürgerspital (Spittelberg = Spital + Berg) erbaut wurde, kam mehr Leben in das Gebiet, und die Anzahl der Häuser wuchs.
Ganz nebenbei sei hier auch die Bedeutung des Spittelberges als militärischer Stützpunkt erwähnt: Nicht nur die osmanische Artillerie Kara Mustafas, auch die Kanonen Napoleons feuerten einst von hier aus auf die Stadt. Im Jahr 1848 stellte der vom Kaiser engagierte Fürst Windischgrätz hier seine Kanonen auf und beschoss das revoltierende Wien. Heute würde man solche Politik wohl nicht als „volksnah” bezeichnen …
Der Wiederaufbau des Spittelbergs
Nach dem Krieg gegen die Osmanen und der damit verbundenen Zerstörung vieler Stadtteile, begann man sogleich mit dem Wiederaufbau. Nur wenige Jahre später war der Spittelberg wieder dichtest besiedelt. Doch die viel zu enge Baustruktur führte rasch zu Problemen: Ohne entsprechenden Kanälen, Grünflächen und Gärten war das Gebiet ein zutiefst ungesunder Lebensraum mit winzigen, armseligen Wohnungen dafür aber günstigen Mieten. So verwundert es auch kaum, dass sich vor allem unprivilegierte Menschen am Spittelberg ansiedelten. Alleinstehende Frauen, Künstler, Gaukler und Tagelöhner prägten die dortige Gesellschaft – der Spittelberg wurde zum Rotlichtviertel Wiens.
Den schlechten Ruf behielt der Spittelberg noch lange. Erst nach den beiden Weltkriegen, als die großteils verfallenen Häuser von der Stadt Wien saniert wurden, konnte das Viertel wieder in seiner ganzen Schönheit erstrahlen. Heute zählt es zu den gefragtesten Wohngegenden Wiens.
Abgesehen von Sankt Ulrich und Spittelberg zählen auch Teile der alten Vorstadt Neubau (Namensgeber des 7. Bezirkes) sowie kleine Abschnitte von Mariahilf und Laimgrube zum Siebensternviertel.
STADTBEKANNT meint
Obwohl wir einen kleinen Ausflug in die Geschichte und Entstehung rund um das Siebensternviertel machen, können wir nicht glauben, dass der Spittelberg die “Abstellkammer” dieses Grätzls war. Bei all seiner Schönheit ist das auch wirklich schwer zu glauben. Auch im Winter ist der Spittelberg einen Besuch wert, denn dann stehen hier zahlreiche Punschstände und beglücken die Gäste.