7. Juni 2021

Buchtipp: Perlen und schwarze Tränen

Cover-Perlen und schwarze Tränen-Simon-Hans Flesch-Brunningen-Edition-Atelier

Roman von Hans Flesch-Brunningen

Die Literaturkritikerin Evelyne Polt-Heinzl hat sich in den letzten Jahren um die Wiederentdeckung wichtiger österreichischer Exilliteratur verdient gemacht. In der Edition Atelier hat sie zuletzt Hans Flesch-Brunningens lange Zeit vergriffenen Roman „Perlen und schwarze Tränen“ herausgegeben.

Zwischen Fantasie, Traum und bitterer Realität

Der Exil-Schriftsteller John Truck ist rettungslos und ein wenig unglücklich in die faszinierende Jane verliebt. Er hat sie ins Theater ausgeführt und zum Essen, doch sie hält ihn weiterhin auf Distanz, und nun wandert er alleine durch den nächtlichen Londoner Nebel. Sein Ziel ist das BBC-Gebäude, wo er später zum Nachtdienst antreten muss. Der Weg dorthin ist gesäumt mit geisterhaften Begegnungen, englischen Dichtern der Vergangenheit und realen Schauplätzen der Geschichte. In der »Wortfabrik« wird Truck bereits erwartet, auch dort überschlagen sich die Ereignisse …
Alleine für die Beschreibung des Londoner Nebels lohnt sich der Griff zu diesem Roman. Vor allem aber gibt Flesch-Brunningen manchmal eindrückliche, manchmal rätselhafte Einblicke in seine eigene Zeit als österreichischer Exilant während des Zweiten Weltkriegs – die für ihn wie für so viele andere vor allem eine Zeit des Wartens und des Bangens war.

Erfahrungen eines Emigranten in London während des 2. Weltkriegs

„Perlen und schwarze Tränen aus dem Jahr 1948 ist ohne Zweifel eines der drei großen, auch formal herausragenden Bücher der österreichischen Exilliteratur …“, schreibt Herausgeberin Evelyne Polt-Heinzl zur Neuausgabe von Hans Flesch-Brunningens monumentalem Exilroman. In ihrem aufschlussreichen Vorwort gibt sie zahlreiche Gründe für ihre Bewertung an und gestaltet auch einen Blick hinter die Kulissen. Flesch-Brunningen schrieb den Roman 1945/46 in London, vieles darin ist autobiografisch und der realen Geschichte entlehnt: die Situation der Emigranten während des 2. Weltkriegs, zu denen er selbst zählte, die Arbeit in der „BBC-Wortfabrik“, die Ausgebombten, die in den U-Bahnschächten Zuflucht suchten. In Jane, der unnahbaren Geliebten der fiktiven Hauptfigur, können Züge von Flesch-Brunningens späterer Ehefrau und damaliger Exilkollegin Hilde Spiel erkannt werden, in seinem mysteriösen Begleiter eine Art Abbild von James Joyce.

Ein beeindruckendes, tiefschürfendes Zeitdokument, das auch auf sprachlicher und kompositorischer Ebene überzeugt.

Perlen und schwarze Tränen
Hans Flesch-Brunningen
Roman
328 Seiten
25,- Euro
Edition Atelier

Bild: Perlen und schwarze Tränen – Cover

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