Unterwegs in der Wiener Innenstadt
Kleine mittelalterliche, eng gewundene Gässchen gibt es in Wien nicht mehr allzu viele. Umso schöner ist es, entdeckt man sie fernab der belebten Straßen.
Die Ballgasse und Blumenstockgasse im 1. Wiener Gemeindebezirk scheinen noch gänzlich anderen Regeln zu folgen als ihre moderneren Artgenossen – sie unterwerfen sich keinen effizienten, dafür natürlichen Regeln, die ihren Verlauf vor langer Zeit bestimmten. Natürliche Gefälle wurden für Abwasserrinnsale genutzt, die zahlreichen Kurven dienten zum Schutz, denn dem Feind fiel es schwer, um die Ecke zu schießen. Heute führen die Gassen den Spaziergänger auf eng gewundenen Wegen durch Häuserschluchten, vorbei an unzähligen nett gedeckten Tischen, die versuchen, die Aufmerksamkeit auf ihre dazugehörigen Lokale zu lenken.
„Der Gigerl und das Katzenhaar“ in der Blumenstockgasse
Zuallererst begegnen wir in der Blumenstockgasse dem Gigerl. Er liebt Frauen und guten Wein, ist modebewusst und ausgehfreudig und hat damit die idealen Voraussetzungen, um Schutzpatron des Stadtheurigen zu sein. Einst ein Teil des Klosters zur Himmelpforte, kann man heute im Stadtheurigen Gigerl einkehren, um traditionell wienerisch zu speisen.
Als wir weitergehen, fühlen wir uns beobachtet. Wir passieren gerade das bereits bekannte Katzencafé Neko, aus welchem uns hinter netzartigem Gitter ein schmales Augenpaar verfolgt. Moritz, der dreijährige Maine Coon Kater hat es sich bereits auf dem Sessel gemütlich gemacht und wartet auf Gesellschaft. Ein Kaffee inklusive Katzen-Streicheln gefällig? Nein? Dann geht’s weiter Richtung Ballgasse.
Stadtheuriger Gigerl
Rauhensteingasse 3 – Eingang Blumenstockgasse 2
Café Neko
Blumenstockgasse 5
Das Ballhaus
Das Haus Nummer 8 gab der Gasse ihren Namen: Denn hier stand einst eines von zahlreichen Ballhäusern Wiens, in welchen man sich am Ballspiel „Jeu de paume“ (ein Vorläufer des Tennis) erfreute. Das darum ehemals genannte „Ballgässel“ wurde später zur Ballgasse. Ihre Bauweise ist einheitlich – doch einen gibt es ja bekanntlich immer, der aus der Reihe tanzt. In diesem Fall ist es das Haus mit der Nummer 2, das das josephinische Ensemble mit seinem secessionistischen Stil unterbricht. Zwei Skulpturen repräsentieren Weisheit und Handel und zieren die ehemalige Handelsschule Allina.
Luxus-Kekse in der Spiegelgasse
In der Spiegelgasse werden wir nun Opfer einer süßen Versuchung. Der Blick streift vorerst nur flüchtig ein Schaufenster, bleibt jedoch hängen, während die Beine etwas verspätet reagieren. Langsam machen wir zwei Schritte rückwärts, um die schokoladigen Juwele genauer in Augenschein zu nehmen. Das Schild vor dem Laden verkündet: Adelheid – Luxus Kekse. Diese kleinen Schmuckstücke sind tatsächlich essbar – wenn es auch fast schade drum scheint. Adelheid Horvath wählt die Zutaten für ihre traditionellen burgenländischen Kekse sorgsam aus und achtet darauf, diese von österreichischen Bauern zu bekommen. Ergibt eine nette Geschenkidee für exquisite Schoko-Liebhaber.
Der Blumenstock in der Ballgasse
Zurück in der Ballgasse stoßen wir auf das Restaurant Zum neuen Blumenstock. Es ist gut besucht, hat schließlich eine lange Tradition. Sein Vorfahr war der Alte Blumenstock in der – jetzt wird’s spannend – Blumenstockgasse, der aber dank seines großen Erfolgs in ein größeres Lokal umzog und dafür nicht weit reisen musste: Heute wird in der Ballgasse weiter gut und traditionell gegessen.
So eng die mittelalterlichen Gässchen sind, so kurz ist auch das Vergnügen, hindurch zu spazieren. Viel zu schnell ist man am Ende der Ballgasse angelangt – dafür bietet der wunderschöne Franziskanerplatz einen angemessenen Abschluss.
Adelheid Luxus Kekse
Spiegelgasse 4
Zum neuen Blumenstock
Ballgasse 6
STADTEBKANNT meint
Die Wiener Innenstadt wartet noch mit mittelalterlichen Gässchen auf, die sich eng und gewunden durch die Häuserschluchten schlängeln. Altertümlich und malerisch muten sie an und laden den Spaziergänger zum durchflanieren ein. Das animierte zahlreiche Lokale dazu, sich in Gassen wie der Blumenstock- oder Ballgasse anzusiedeln: Restaurants, Cafés und Konditoreien geben dem Passanten genug Möglichkeit, den viel zu kurzen Spaziergang ein wenig in die Länge zu ziehen und in den Genuss verschiedenartiger Speisen zu kommen. Am Ende der Ballgasse gelangt man auf den malerischen Franziskanerplatz.