21. Januar 2018

Früher hatte die Jugend noch Respekt!

Früher war alles besser - Respekt (c) STADTBEKANNT

Oder doch eher Angst vor’m Rohrstaberl?

Dieser Satz im Kontext Kinder und Manieren ist ein Klassiker: “Früher… oiso do hätt’s des net gebm!” Weil: “Früher, als wir jung waren, da hat die Jugend noch Respekt vor den Erwachsenen gehabt.”

“Damals, da wurde im Bildungssystem noch was gefordert. Nicht so eine Kuschelpädagogik wie heute… und die eine oder andere Watschn hat uns auch nicht geschadet!” So oder so ähnlich lautet die Grundaussage des Arguments, das oft von Angehörigen der Kriegs- und Nachkriegsgeneration, aber mitunter auch jüngeren Modernisierungsskeptikern vorgebracht wird. Nur: War damals in punkto Kindererziehung wirklich alles besser? Oder sitzt man da nicht ein bisserl dem Geist der Verklärung auf?

 

Die Fakten

Körperstrafe

Bis Mitte der 1970er Jahre war es Eltern erlaubt, ihre Kinder mit Ohrfeigen und generell allen Mitteln, die nicht zu körperlichen Schäden führten, zu züchtigen. Explizit gesetzlich geregelt ist das Gewaltverbot in der Erziehung erst seit 1989.

Rohrstaberl

In Schulen hatten Lehrpersonen bis 1974 das Recht, “schlimme” Kinder mit dem Rohrstaberl zu bestrafen. Meist vor den anderen, zwecks Demütigung. Erst ab 1974 sind Schläge, Beleidigungen und Kollektivstrafen in der Schule verboten.

Züchtigung

Der Klerus billigte “Züchtigung” lange, da die Bibel diese als legitimes Kindererziehungsmittel ansieht.

Angstkonditionierung

Kinder, die geschlagen werden, lernen per Angstkonditionierung, ihr Verhalten an die Wünsche anderer anzupassen. Das macht(e) sie zu guten “Gehorchern” (z.B. im Faschismus) und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie die selbst erlittene Gewalt später an andere weitergeben. “Brav” um jeden Preis ist also nicht gerade eine Erfolgsgeschichte.

Sexueller Missbrauch

Gegen sexuellen Missbrauch gab es früher kaum Handhabe; im Zweifel wurde eher dem Täter geglaubt. Siehe Berichte aus diversen Skigymnasien, Klosterinternaten und staatlichen Kinderheimen.

Zucht und Ordnung

In der Nachkriegszeit unterrichteten viele Lehrpersonen, die ihr Handwerk während der NS-Zeit gelernt hatten. Und meinten, weiterhin für “Zucht und Ordnung” sorgen zu müssen – oft mit dem Rohrstaberl.

Wegweisung und Betrettungsverbot

Erst seit 1997 gibt es die Möglichkeit, Kinder durch die Wegweisung eines gewalttätigen Elternteils aus der gemeinsamen Wohnung vor Gewalt zu schützen.

 

Erziehungswatschn – noch nicht ausgestorben

Das klingt gar nicht mehr so nach “guter alter Zeit”? War es eben auch nicht. Zumindest nicht für Opfer von schwarzer Pädagogik und Gewalt. Ganz überwunden ist das Problem aber auch heute keineswegs: Eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend aus dem Jahr 2009 zeigt auf, dass immerhin gute 40% der österreichischen Eltern eine Ohrfeige wegen Ungehorsams nicht für Gewalt halten. Rund ein Fünftel der Eltern meint, Erziehung ohne drastische Methoden und “g’sunde Watschn” sei unrealisierbar. Offenbar ist die “gute alte Zeit” also immer noch unter uns – und das nicht zum Vorteil unserer Kinder …

 

Was damals noch alles besser war

Wer nun neugierig geworden ist und erfahren möchte, welche Vorzüge die gute alte Zeit denn noch hatte, kann sich im Zuge unserer Artikelreihe “Früher war alles besser”umgehend informieren. Erfahrt zum Beispiel, inwiefern früher alles billiger war, welche Vorteile das weibliche Leben als gehorsame Brutpflegerin hatte, und wie schön es damals war, als alle noch nach dem rechten christlichen Glauben und den dazugehörigen Werten lebten!

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