31. Oktober 2018

Ehrengräber der Stadt Wien

Zentralfriedhof (c) STADTBEKANNT

Wo die Stars begraben sind

Um den Zentralfriedhof als Ausflugsziel für die Wiener Bevölkerung attraktiv zu machen, wurden hier ab 1885 Ehrengräber angelegt. Seitdem wächst die Star-Gemeinde am Friedhof stetig …

Wer es zu Lebzeiten zu ausreichender Berühmtheit bringt, hat eine Chance, nach seinem Tod ein Ehrengrab der Stadt Wien zu bekommen. Konkret bedeutet dies, dass sowohl Miete als auch Pflege des illustren Grabes von der Stadt übernommen werden – es handelt sich quasi um einen posthumen gratis Mietvertrag inklusive Reinigung. Gut 350 Ehrengräber der Stadt Wien gibt es derzeit, so gut wie alle liegen auf dem Wiener Zentralfriedhof. Mit einer Ausnahme: Das Ehrengrab von Gustav Klimt befindet sich auf dem Hietzinger Friedhof.

Neben den Ehrengräbern gibt es außerdem noch über 600 ehrenhalber gewidmete Gräber. Für diese übernimmt zwar die Stadt die Miete, jedoch müssen die Verwandten des Verstorbenen sich selbst um die Grabpflege kümmern. Im Gegensatz zu den “echten” Ehrengräbern am Zentralfriedhof sind die ehrenhalber gewidmeten Gräber auf 34 städtische Friedhöfe verteilt.

 

Ausgegraben, übersiedelt, wieder eingegraben

Wenn es darum ging, bekannte Persönlichkeiten auf den Wiener Zentralfriedhof zu bekommen, war die makaber anmutende Praxis des Leichen-Übersiedelns lange nicht unüblich. So wurden auf diversen anderen Wiener Friedhöfen begrabene Berühmtheiten wie Ludwig van Beethoven und Franz Schubert einfach exhumiert und umgebettet!

Beethoven etwa war 1827 im Beisein von 20.000 Wiener Fans auf dem Währinger Ortsfriedhof bestattet worden. Schon 1863 buddelte man ihn wieder aus, um seine Gebeine zu vermessen, bevor man ihn 1866 nochmals dem Grab entriss – diesmal allerdings, um ihn in das Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof zu verlegen, wo er schließlich seine letzte Ruhe fand.

Deutlich unklarer ist die Sachlage um Tod und Begräbnis des großen Musikgenies Wolfgang Amadeus Mozart: Bei ihm weiß man nicht einmal mit Sicherheit, was aus seinen Gebeinen geworden ist. Im Jahr 1791 wurde Mozart in einem allgemeinen Grab am Sankt Marxer Friedhof beigesetzt. Ohne genau zu wissen, wo der Komponist tatsächlich begraben lag, wurde 1859 an der vermuteten Stelle ein Grabmal errichtet. Dieses holte sich die Stadt Wien und stellte es auf dem Zentralfriedhof wieder auf.

Mozart Ehrengrab (c) stadtbekannt.at
Mozart Ehrengrab (c) stadtbekannt.at

Etwas mehr Glück hatte der Walzerkönig Johann Strauß Sohn, der mit dem Donauwalzer die heimliche Hymne Wiens komponiert hatte. Er verstarb 1899 und wurde gleich in einem Ehrengrab am Zentralfriedhof in unmittelbarer Nachbarschaft anderer Musikergräber bestattet. Auch seine dritte Ehefrau Adele liegt hier begraben. Das Grabmal gestaltete Johannes Benk – jener Künstler, der auch die Helios-Statue am Naturhistorischen Museum und die Athena am Kunsthistorischen Museum schuf.

Johann Strauss Ehrengrab (c) STADTBEKANNT
Johann Strauss Ehrengrab (c) STADTBEKANNT

Ungewöhnliche Gräber

Einer der prominentesten und meistbesuchten Stars am Wiener Zentralfriedhofs ist zweifellos die Pop-Ikone Hans Hölzel aka Falco (1957-1998). Sei Grabmal kann man getrost als geschmacklos bezeichnen. Dafür ist es symbolisch aufgeladen: Der glatte rote Obelisk steht für die unsterbliche Kunstfigur Falco, die halbrunde Glasscheibe mit einem eingravierten Foto von Falco in Fledermaus-Pose für sein musikalisches Vermächtnis, und eine unscheinbare, abgebrochene graue Stele für den sterblichen Menschen Hans Hölzel.

Ein anderes ungewöhnliches und in manchen Augen obszönes Grab ist jenes des zeitgenössischen Künstlers und Bildhauers Alfred Hrdlicka, bekannt für Werke wie die Dr. Karl Renner-Büste am Ring oder das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus am Albertinaplatz. Sein Grabmal gestaltete er selbst. Es zeigt eine nackte Frau mit einem Skelett – dem personifizierten Tod – beim Geschlechtsakt und steht somit für den natürlichen Kreislauf von Geburt, Leben und Tod. Davor liegt eine männliche Figur, die sich in Qualen zu winden scheint und deren Blick auf das Hinterteil der Frau gerichtet ist. Sehenswert!

Friedhofskunst (c) Mautner stadtbekannt.at
Friedhofskunst (c) Mautner stadtbekannt.at

Wiener Friedhofs-Berühmtheiten

Definitiv eine Größe des österreichischen Kabaretts und Theaters und unvergessen als Herr Karl ist Helmut Qualtinger (1928-1986). Qualtingers Hofzeremoniell ist allerdings auch bemerkenswert: Der Weg seines Lebens führte ihn von einem Döblinger Gemeindebau (heute Helmut-Qualtinger-Hof), über den innerstädtischen Heiligenkreuzerhof bis auf den Wiener Zentralfriedhof …

Helmut Qualtinger Ehrengrab (c) STADTBEKANNT
Helmut Qualtinger Ehrengrab (c) STADTBEKANNT

Der Architekt und Designer Josef Hoffmann, Mitbegründer der Wiener Werkstätte und der Wiener Secession, starb am 7.5.1956. Sein Ehrengrab wurde von Fritz Wotruba gestaltet und strahlt zeitlose Schlichtheit aus.

Noch schlichter ist wohl nur das Grabmal des Architekten Adolf Loos (1870-2933). Bei ihm war die Schrift “Ornament und Verbrechen” eindeutig Programm für die Gestaltung des Grabes – ein kleiner steinerner Quader mit Beschriftung ist alles, das am Zentralfriedhof an ihn erinnert.

Josef Hoffmann Ehrengrab (c) Mautner stadtbekannt.at
Josef Hoffmann Ehrengrab (c) Mautner stadtbekannt.at

Wer noch alles ein Ehrengrab bekommt

Neben zahlreichen Stars der österreichischen Kulturlandschaft genießen auch zahlreiche Politiker posthum den Luxus eines Ehrengrabes am Zentralfriedhof. So beispielsweise Ex-Kanzler Bruno Kreisky (gest. 1990) oder Ex-Präsident Thomas Klestil (gest. 2004). Letzterer liegt – gemeinsam mit vielen anderen österreichischen Staatsoberhäuptern der Vergangenheit – in der sogenannten “Bundespräsidentengruft” bestattet.

Wer außer Kunstschaffenden und Politikern hat denn nun aber noch eine Chance auf ein Ehrengrab? Möglichkeiten ausrechnen können sich verdienstvolle Mediziner, Architekten, Wissenschaftler und herausragende Sportler.

 

STADTBEKANNT meint

Wer sich für Wien und seine berühmten Söhne und Töchter interessiert, sollte auf jeden Fall einmal einen Rundgang über den Wiener Zentralfriedhof machen und sich die Ehrengräber näher anschauen. Einerseits, weil man eine Menge über Zeitgeist und Kunststile vergangener Epochen lernen kann; zweitens, weil man sich gleich schlau machen kann, welche tollen Errungenschaften man noch erbringen muss, um einmal selbst ein Grab von der Stadt Wien gesponsert zu bekommen!

 

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