25. Mai 2010

„Danke, dass Sie ihr Essen nicht mit der U-Bahn teilen“

Im Vorfeld der Wiener Wahlen hat die Stadt erkannt, dass rücksichtsloses Verhalten gegenüber Anderen nicht wirklich gut ankommt. Die nahe liegende Reaktion etwas dagegen zu unternehmen, schlägt aber über die Stränge. Während mobile Müllteams und auch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen noch durchaus im Bereich dessen liegen, worüber man diskutieren kann und möglicherweise ihre Berechtigung haben, sieht es mit den Durchsagen der Wiener Linien ganz anders aus.

Die U-Bahnstationen der Wiener Linien erfreuen sich großer Beliebtheit bei EssensverkäuferInnen aller Art, vom Bäcker bis zum Kebabstand. Wäre schon blöd, wenn man das Essen in den Öffis verbieten würde, würde man sich ja irgendwie ins eigene Fleisch schneiden. Die PächterInnen der Verkaufsflächen wären gelinde gesagt, not amused, kontrollierbar wäre das ganze auch kaum und mal eben den seit Jahren anhaltenden Trend von Coffe, Pizza, anything to go aufhalten, überfordert die Wiener Linien wohl auch etwas.

Es ist jedoch ein beliebtes Spiel der Politik bei Situationen, an denen man wenig ändern kann oder will, auf symbolische Politik umzusteigen. Die Wiener Linien exerzieren dies nunmehr seit Monaten vor. Essen in den Öffis ist nicht verboten, aber man wird ermahnt es besser zu unterlassen. Bei BettlerInnen ermahnen die Wiener Linien, doch besser an eingetragene Hilfsorganisationen zu spenden. Betrunkene sollen zwar nicht Auto fahren, in den Öffis stören sie aber möglicherweise andere Fahrgäste. Auch hier wird der Fahrgast ermahnt, das Trinken doch besser zu unterlassen.

Auf mündige Fahrgäste wird im Zuge dieser Durchsagen nicht gesetzt, stattdessen wird uns klipp und klar mitgeteilt, welches Verhalten erwünscht ist und welches nicht.

Wo ist eigentlich das Verständnis dafür hin verschwunden, dass wenn man sich unter Menschen befindet, es immer auch Dinge gibt, die einen Nerven, das man damit aber irgendwie umgehen sollen könnte? Wenn neben einem jemand mit extremer Fahne sitzt, man selbst nüchtern ist und sich der Magen reckt, ist das unangenehm, aber was soll man dagegen tun? Wenn einem der Geruch des Essens anderer Fahrgästen in die Nase steigt, kann das auch ziemlich ekelhaft sein.

Wenn BettlerInnen einen mit extremer Armut konfrontieren, mag das unangenehm und beschämend sein. Hilft hier ein Verbot? Aber am wenigsten hilft einem bei all dem eine Ansage aus den Lautsprechern der Öffis. Im Gegenteil, es nervt mindestens genau so, wie die Leute die ihre Handys als Ghetto Blaster missbrauchen. Ach ja das wäre doch ein heißer Tipp für eine neue Durchsage, Wiener Linien, oder?

Ja, die Anderen können die Hölle sein, aber könnten wir für diese kleinen Nervigkeiten nicht einfach auf die gute alte Wiener Tradition des Suderns zurückgreifen? Müssen wir sofort nach Verboten schreien und wenn diese nicht greifen, alle einer kollektiven Belehrung unterziehen?

Wenn die Stadt und mit ihr die Wiener Linien befinden, dass gewisse Verhaltensweisen extrem stören, muss sie eben notfalls zum Mittel des Verbotes greifen. Bei der Bettelei wurde dies mittels eines Law and Order Gesetzes getan, nur müssen die StadtpolitikerInnen jetzt eben auch mit den zum Teil heftigen Reaktionen darauf leben. Persönlich finde ich dieses Gesetz übrigens eines der beschämendsten und widerwärtigsten Gesetze der vergangenen Jahre.

Wenn die Stadt kein Essen und trinken in der U-Bahn haben will, soll sie es verbieten.Wenn sie das nicht will, soll sie uns in Ruhe lassen.

Die ganze Vorgangsweise erinnert insgesamt sehr stark an die vergleichbare Vorgangsweise beim Thema Rauchverbot. Zwischen den beiden Polen Verbot/ Laissez Faire hat man sich in Österreich für ein Irgendwie-Verbot, ohne Sinn und erkennbaren Nutzen entschieden. Einen ähnlichen weg beschreitet man mit den U-Bahn Durchsagen. Auch diese ziehen keine Konsequenzen nach sich, nerven dafür umso mehr.

Als wäre all das nicht genug, wird jetzt Thomas Schäfer-Elmayer reaktiviert. Der Mann der zu Kameras ein ähnlich intimes Verhältnis pflegt wie Toni Faber, oder der Baumeister der Nation.

Nachdem er uns schon verdeutlicht hat, wie wir uns bei Begräbnissen richtig verhalten sollen, teilt er uns nun mit, was wir in den Öffis besser unterlassen sollten. „Danke, dass ihre Zeitung mit Ihnen aussteigt“ und anderes mehr lässt er uns wissen. Aber nachdem uns Thomas Schäfer Elmayer immer wieder aufs neue erklärt, wie wir uns benehmen sollen, hätte ich auch einmal einen kleinen Hinweis für ihn. Das ist doch einmal ein Verhalten, das man auch unterlassen könnte, finden sie nicht?

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