Eine Winterreise durchs Schubertviertel.

Franz Schubert erblickte in der Nußdorfer Straße 54 das Licht der Welt. Wir erkunden diesen und umliegende Orte und machen eine kleine Winterreise durchs Schubertviertel.

 

Ein Platz voller Geschichte(n)

Ausgangspunkt unseres Spaziergangs ist der beschauliche Sobieskiplatz, der – bevor er 1945 nach dem allseits bekannten Jan III. Sobieski benannt wurde – einige andere Namen trug. Beispielsweise Johannesplatz, was auf die Statue des Brückenheiligen Johannes Nepomuk aus dem Jahr 1824 im nordwestlichen Eck des Platzes zurückzuführen ist.

Einige Meter neben „Johannes mit dem Regendach“ erinnert ein in den 1980er Jahren errichteter Brunnen an die ehemals hier befindliche „Bassena“, ein Auslaufbrunnen der Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung, wo sich die „Wäschermädel“ trafen. Unter anderem jene vom Kaiserwäscherhaus (Sobieskiplatz 3), wo bis zum Ausbruch der Cholera in Wien im Jahr 1866 die kaiserliche Wäsche gewaschen wurde.

Johannes mit dem Regendach (c) STADTBEKANNT
Johannes mit dem Regendach (c) STADTBEKANNT

Noch immer im Wäschebusiness aktiv ist die Bügelstube Haselbauer, die 2013 – allerdings als Fahrradgeschäft gestaltet – zum Drehort für den Kinofilm „Tom Turbo – Von 0 auf 111“ wurde. Auch die alt anmutende Malerei mit dem Spruch „Fahr OPEL Rad!“ auf der rosafarbenen Hauswand geht auf diesen Filmdreh zurück und verweist nicht (wie oftmals angenommen wird) auf einen originalen Geschäftsstandort des in den 1920er Jahren weltweit größten Fahrradherstellers Opel.

Fahr OPEL Rad (c) STADTBEKANNT Preindl
Fahr OPEL Rad (c) STADTBEKANNT Preindl

Für eine kulinarische Rast bieten sich am Sobieskiplatz das Walletschek und The Highlander an und stellen einen vor die Qual der Wahl: Ersteres ist eine Kombination von Café, Vinothek und Greißlerei, wo man seit 30 Jahren hervorragenden Wein und dazu italienische Köstlichkeiten genießen kann. Letzteres – auch schon seit zwei Dezennien am Sobieskiplatz – trägt das Österreichische Umweltzeichen, kredenzt selbstgebrautes Bier und Hausmannskost aus biologischen Zutaten von regionalen Anbietern.

Sobieskiplatz (c) STADTBEKANNT
Sobieskiplatz (c) STADTBEKANNT

Schuberts Geburtshaus

Gut gestärkt erreichen wir über die Schubertgasse die Nußdorfer Straße und den nächsten Stopp: das Schubert Geburtshaus mit Museum. Damals hieß das Haus „Zum rothen Krebsen“ und wurde von etwa 70 Personen bewohnt. Schubert wurde hier am 31. Jänner 1797 – vermutlich in der Rauchkuchl – geboren. Neben dieser umfasste die Wohnung der Schuberts nur noch ein Wohnzimmer. Dennoch soll sie eine der größten und teuersten im Haus gewesen sein. An Hörstationen kann man den Kompositionen des Musikus lauschen und dabei seine unverkennbare Brille beäugeln. In den weiteren Räumlichkeiten des Museums lernt man Schubert näher kennen. Schließlich kann man sich noch in den Stifter Gedenkräumen vom malerischen Talent des Literaten Adalbert Stifter (ein Zeitgenosse Schuberts) überzeugen.

Schubert Geburtshaus (c) STADTBEKANNT Preindl
Schubert Geburtshaus (c) STADTBEKANNT Preindl

Himmelpfortgrund

Von Schuberts Melodien getragen, spazieren wir weiter in Richtung Alserbachstraße, doch schon an der nächsten Ecke weckt das Taferl Himmelpfortstiege die Neugier. Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verbindet hier eine Stiege die Nußdorfer Straße mit der tiefer gelegenen Liechtensteinstraße. 1961 wurde die alte Anlage durch eine neue ersetzt. Der Name rührt von der als Himmelpfortgrund bezeichneten, bis 1850 eigenständigen Vorstadtgemeinde von etwas mehr als 80 Häusern.

Himmelpfortstiege (c) STADTBEKANNT Preindl
Himmelpfortstiege (c) STADTBEKANNT Preindl

Kulinarischer Endspurt

An einer weiteren die Straßenebenen verbindenden Stiege auf der Nußdorfer Straße 30 liegt das Ginger & Spice, wo sich Familie Liao mit einem großen Angebot an Speisen bestens um die Freunde der asiatischen Küche kümmert.

Ginger & Spice (c) STADTBEKANNT
Ginger & Spice (c) STADTBEKANNT

Weiter an der Alserbachstraße 1 lockt das blueorange (ebenfalls mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet) mit seinen köstlichen Bagels und der zu unserem bisherigen Spaziergang passenden Hintergrundinfo, dass ein jüdischer Bäcker in Wien den ersten Bagel herstellte: Nämlich soll das Gebäck in Steigbügelform nach der Türkenbelagerung 1683 Jan Sobieski zu Ehren kreiert worden sein.

blueorange Bagel (c) STADTBEKANNT
blueorange Bagel (c) STADTBEKANNT

Wir wenden uns der alten Markthalle zu – übrigens die letzte ihrer Art in Wien – und steigen die Stiegen rauf zum Brew 9. Das im industrial style gehaltene Lokal bietet eine große Auswahl an Craft Beer, daneben Burger und Sandwichs. Außergewöhnlich ist vor allem die Aussicht: Zum einen schaut man mitten in den Verkaufsraum vom darunterliegenden Spar, zum anderen kann man das Treiben auf der Straße beobachten. Hier lässt es sich gut verweilen, während die Gedanken weiterreisen.

Alte Markthalle (c) STADTBEKANNT
Alte Markthalle (c) STADTBEKANNT

Wo wir waren

Sobieskiplatz

Vinothek Walletschek
Sobieskiplatz 8

The Highlander
Sobieskiplatz 4

Schubert Geburtshaus
Nußdorfer Straße 54

Himmelpfortstiege

Ginger & Spice
Nußdorfer Straße 30

blueorange
Alserbachstraße 1

Brew 9
Nußdorfer Straße 22

    5.0

    Veronika Siegmund

    Vielen Dank für diesen sprachlich sehr eleganten und gewitzten Streifzug durch das Schubertviertel!
    Beim Lesen hatte ich wirklich das Gefühl, durch die beschriebenen Gässchen zu spazieren, so lebendig und detailreich ist alles beschrieben. Besonders spannend fand ich die Passagen zu den Wäschermädeln und der Opel-Malerei sowie die Legende, dass der erste Bagel in Wien erfunden wurde – wo denn auch sonst? 🙂
    Habe – als alteingesessene „Meidlingerin“- richtig Lust bekommen, mich mal ins ferne Nussdorf aufzumachen!

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    5.0

    Martin Jordan

    Wirklich feine Fotos, Impressionen und Beschreibungen von diesem schönen Viertel. Vor allem der Sobieskiplatz ist eine Großstadtoase zum Verweilen!

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