Unterwegs in der Inneren Stadt mit Marie von Ebner-Eschenbach

Auf unserem heutigen Stadtspaziergang durch die Wiener Innenstadt begeben wir uns auf die Spuren der berühmten Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach, die einen Großteil ihres Lebens in Wien verbrachte und noch heute für Werke wie „Krambambuli“, „Das Gemeindekind“ oder die „Dorf- und Schlossgeschichten“ bekannt ist.

Unbeschwerte Kindheitstage

Unser Spaziergang beginnt an dem Ort, an dem Marie von Ebner-Eschenbach, damals noch Marie Dubsky, ihre Kindheit verbrachte. Im Haus „Zu den drei Raben“ in der Rotenturmstraße 21 wuchs sie mit ihren Geschwistern auf. In ihren Kindheitserinnerungen „Meine Kinderjahre“ erzählt sie nicht nur von den Anfängen ihrer Begeisterung für die Dichtkunst, die sie hier entwickelte, sondern auch allerlei Anekdoten. So zum Beispiel ein Erlebnis, als ihre Schwester beim Spielen mit dem Ball eine der Fensterscheiben zerbrach. Anstatt das verängstigte Kind zu schelten, zeigte sich der Vater verständnisvoll und schoss kurzerhand ebenfalls einen Ball durch das nebenliegende Fenster. Das Haus selbst wurde 1898 abgebrochen, am neuen Gebäude erinnert ein Ornament mit drei Raben jedoch an seinen Vorgänger.

Zu den drei Raben (c) STADTBEKANNT Jungwirth
Zu den drei Raben (c) STADTBEKANNT Jungwirth

Die älteste Kirche Wiens

Auch unser nächster Halt war für Marie von Ebner-Eschenbach eng mit ihrer Kindheit verbunden. Über den Fleischmarkt spazieren wir über die Kornhäuselstiege hinauf zur Judengasse, die uns direkt zur St. Ruprechtskirche führt. Hierhin nahm Marie von Ebner-Eschenbachs Großmutter immer ihre Enkelkinder mit, wie die Schriftstellerin ebenfalls in ihren Kindheitserinnerungen vermerkt. Die St. Ruprechtskirche ist zudem Wiens älteste Kirche, deren älteste noch bestehende Mauern aus dem 12. Jahrhundert stammen. Weiter geht es nun wieder ins Stadtinnere in Richtung Hoher Markt, wo wir über die Salvatorgasse unser nächstes Ziel erreichen.

St. Ruprechtskirche (c) STADTBEKANNT Jungwirth
St. Ruprechtskirche (c) STADTBEKANNT Jungwirth

Im Salon der Literat*innen

Am sogenannten „Stoß am Himmel“ befindet sich auf der Hausnummer 3 ein Gebäude, in dem sich einst nicht nur die erste öffentliche Mädchenschule Wiens befand, sondern zur Zeit Marie von Ebner-Eschenbachs auch der literarische Salon des damaligen Burgtheaterdirektors Heinrich Laube, bei dem auch die Autorin regelmäßig zu Gast war. Hier trafen sich die wichtigsten Künstler*innen der Stadt meist vor dem gemeinsamen Theaterbesuch und führten angeregte Diskussionen. Der Salon bot Marie von Ebner-Eschenbach die Möglichkeit, sich mit anderen Kulturschaffenden auszutauschen und gleichzeitig neue Inspirationen für ihre Texte zu erhalten.

Stoß im Himmel (c) STADTBEKANNT Jungwirth
Stoß im Himmel (c) STADTBEKANNT Jungwirth

Autorin – und Uhrmacherin?

Unser Spaziergang führt uns weiter über den Judenplatz durch die kleine Parisergasse. Und schon stehen wir vor unserem nächsten Halt – dem Wiener Uhrenmuseum. Was das nun mit Marie von Ebner-Eschenbach zu tun haben soll? Mehr, als so manch einer vermuten mag. Denn Ebner-Eschenbach war nicht nur begeisterte Uhrensammlerin, sie war auch ausgebildete Uhrmacherin. Der Bestand des Uhrenmuseum selbst geht unter anderem auch auf Marie von Ebner-Eschenbachs Uhrensammlung zurück, die das Museum von ihren Nachfahren erwarb. Zwar kam es durch den Zweiten Weltkrieg zum Verlust vieler Uhren der Sammlung, einige sind aber noch heute erhalten und können, neben zahlreichen anderen wertvollen Uhren, im Museum betrachtet werden. Ihr Fachwissen als Uhrmacherin verarbeitete die Autorin auch literarisch. In „Lotti, die Uhrmacherin“ erzählt sie nicht nur die Geschichte einer jungen Frau, die sich gegen die Ehe und für den Beruf entscheidet, der Roman bezeugt auch die Fachkenntnisse der Autorin bezüglich des Uhrmacherhandwerks.

Wien Museum Uhrenmuseum (c) STADTBEKANNT Jungwirth
Wien Museum Uhrenmuseum (c) STADTBEKANNT Jungwirth

Letzter Wohnort im Herzen Wiens

Am Uhrenmuseum vorbei durch die Steindlgasse spazieren wir über die Tuchlauben zum Graben. Hier erwartet uns das Haus, in dem die Autorin ihre letzten Lebensjahre verbrachte. Schon von der Pestsäule aus können wir es deutlich erkennen, das sogenannte „New York Haus“, das von Architekt Carl Schumann gestaltet wurde. Hier, in der Spiegelgasse 1, ging Marie von Ebner-Eschenbach ihrer schriftstellerischen Arbeit nach und hier verstarb sie 1916.

Haus am Graben (c) STADTBEKANNT Jungwirth
Haus am Graben (c) STADTBEKANNT Jungwirth

Damals wie heute ein Klassiker – das Burgtheater

Vom Herzen der Stadt geht es für uns nun weiter zum Ring. Wir spazieren die Spiegelgasse entlang, an der Albertina vorbei zum Opernring. Eine kleine Anekdote am Rande: Marie von Ebner-Eschenbachs Ehemann, ihr Cousin Moritz, war im Zuge des Baus der Wiener Ringstraße mit der Sprengung der alten Stadttore beauftragt. Den Ring entlang spazieren wir zum damals wie heute bedeutenden Wiener Burgtheater. Hier entdeckte Marie von Ebner-Eschenbach als junges Mädchen ihre Liebe zum Theater. So schreibt sie in „Meine Kindheitsjahre“: „Unser altes Burgtheater! Es war für mich und wird es gewiss für viele gewesen sein, ein Quell edler Freude, ein Bildungsmittel ohnegleichen. Ihm verdanke ich die Grundlage zu meiner ästhetischen Erziehung, die damals begann und heute – noch lange nicht beendet ist.“ Auch ihre eigenen Werke werden später hier aufgeführt, beispielsweise das Lustspiel „Das Veilchen“, dessen Uraufführung im Burgtheater stattfindet.

Burgtheater (c) STADTBEKANNT Jungwirth
Burgtheater (c) STADTBEKANNT Jungwirth

Die erste Frau mit Ehrendoktorwürden

Wir spazieren am gegenüberliegenden Rathausplatz vorbei (in der Wienbibliothek befindet sich ein Teil des Nachlasses Marie von Ebner-Eschenbachs) und erreichen das Ende unseres Spaziergangs – die Universität Wien. Im Arkadenhof erinnert eine Gedenktafel an die Autorin, der im Jahr 1900 als erste Frau die Ehrendoktorwürde der Universität Wien verliehen wurde. Marie von Ebner-Eschenbachs zählt bis heute zu den berühmtesten Autor*innen Wiens. Ihr literarisches Werk ist bis nach wie vor bekannt und von Bedeutung. Auch, wenn ein gewisser Hang zum Pathos ihre Werke durchzieht, so kann dies keinesfalls über den gesellschaftskritischen und teils emanzipierten Ton Ebner-Eschenbachs hinwegtäuschen. Eine Lektüre der Werke Marie von Ebner-Eschenbachs ist allemal ausgesprochen lohnenswert.

Wo wir waren

Haus „Zu den drei Raben“
Rotenturmstraße 21

St. Ruprechtskirche
Ruprechtsplatz 1

Stoß am Himmel 3

Wiener Uhrenmuseum
Schulhof 2

„New York Haus“
Spiegelgasse 1

Burgtheater
Universitätsring 2

Universität Wien
Universitätsring 1

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