STADTBEKANNT erkundet Brigittenau

Es wird wieder Zeit für einen kleinen Ausflug in die Geschichte Wiens – dafür wandern wir uns heute durch einen Teil der Brigittenau.

Die S-Bahn fährt in die Station Traisengasse ein, Wind und Schneeregen stehen als Begrüßungskomitee bereit. Dank Mütze, Kapuze & Co steht einem Spaziergang jedoch nichts im Wege – und der hat es diesmal wieder geschichtlich in sich.
Einst befand sich hier das Dorf Zwischenbrücken, das – nomen est omen – „zwischen den Brücken“ des Donaustroms und mittleren Donauarms lag. Die Ortschaft fiel der in den 1870er Jahren stattfindenden Donauregulierung zum Opfer und musste Platz machen für zahlreiche Fabriken und Wohnhausanlagen.

Donau Brigittenau (c) STADTBEKANNT Zohmann
Brigittenau (c) STADTBEKANNT

Flowerpower

Heute bewegen wir uns durch eine eher unansehnliche Dresdner Straße, die aber bald einen wohlig warmen Zufluchtsort bietet: Das ra’mien go in der Dresdner Straße hat sich an die schnelllebige Zeit angepasst: Wie der Name schon vermuten lässt, können hier die asiatischen Speisen auch im Stehen verzehrt oder der Take Away Service genutzt werden. Wer sich allerdings die Zeit und damit Platz nehmen will, kommt in den Genuss freundlicher Bedienung und eines hellen, frischen und blumenlastigen Ambientes. In wärmeren Zeiten bietet sich die kleine Outdoor-Holzterrasse an.

Ramien Brigittenau (c) STADTBEKANNT Zohmann
Ramien (c) STADTBEKANNT

Während des Essens schweifen die Gedanken in die Parallelstraße ab, welche den Namen Universumstraße trägt und an das Areal des Nordwestbahnhofs grenzt. Dieser verdrängte1873 den an dieser Stelle gelegenen Vergnügungspark „Universum“, der ein sehr beliebter Bestandteil des Zwischenbrücken-Dorfes war. Jedes Jahr wurde hier der so genannte „Armenball“ veranstaltet.

 

Hof-Hopping

Etwas aufgewärmt, spazieren wir nun durch verschiedene Höfe der Wohnhausanlagen, deren Namen von wichtigen Persönlichkeiten erzählen. Der Otto-Haas-Hof in der Pasettistraße 47-61 birgt in seinem Eingang eine Gedenktafel, die an den Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus in Wien erinnert. 1942 von der Gestapo verhaftet, folgten für Haas eineinhalb Jahre Verhöre und Folter, bis er im August 1944 erhängt wurde.

Winarskyhof Brigittenau (c) STADTBEKANNT Zohmann
Winarskyhof (c) STADTBEKANNT

In der nicht weit davon entfernten Stromstraße durchqueren wir den Winarskyhof. Ein größerer, vierkantiger Hof umschließt einen kleineren und eröffnet damit insgesamt vier straßenartige Quertrakte. Vor dem Gemeindebau stand früher das imposante Lassalle-Denkmal, das in Erinnerung an den sozialistischen Politiker Ferdinand Lassalle geschaffen wurde. Ein paar Stufen führten zu dem obeliskförmigen Gebilde, dessen Spitze mit einer bronzenen Darstellung Lasalles Kopf versehen war – 1936 wurde es von den Austrofaschisten zerstört. In der Vorgartenstraße passieren wir noch ein schönes Wandgemälde des Friedrich Koppensteiner-Hofs, bevor wir erneut auf eine Einkehrmöglichkeit stoßen.

Vorgartenstraße Brigittenau (c) STADTBEKANNT Zohmann
Vorgartenstraße (c) STADTBEKANNT Zohmann

Wo’s Beuschl daham is

In der Gastwirtschaft Zum Nussgart’l ist „das Beuschl daham“. Keine Sorge, es wohnt hier nicht allein – auch einige andere Speisen finden Platz auf der Speisekarte. Verehrer der traditionellen Wiener Hausmannskost kommen jedenfalls nicht zu kurz. Noch ein sehnsuchtsvoller Blick auf den mit Schneeflocken verzierten Gastgarten mit dem gedanklich festen Versprechen, in wärmeren Zeiten noch einmal zurückzukommen und schon nähern wir uns dem Ende unseres Spaziergangs.

Nussgartl Speisen (c) STADTBEKANNT Zohmann
Nussgartl Speisen (c) STADTBEKANNT

Girl-Power

Zuletzt steht noch ein Abstecher zum „Mädchenspielplatz“ im Mortarapark an. Da Mädchen häufig auf Spielplätzen in eine beobachtende Randposition gedrängt werden, wollte man ihnen hier die Chance geben, ihren persönlichen Traumspielplatz zu gestalten – die Ideen und Vorschläge für die Gestaltung stammen ausschließlich von Mädchen, die sich beispielsweise auch für ein Girl-Power-Baumhaus stark machten.

Mortarapark Brigittenau (c) STADTBEKANNT Zohmann
Mortarapark (c) STADTBEKANNT

STADTBEKANNT meint

Mit wachsamen Augen durch Wien zu marschieren heißt auch, an allen Ecken und Enden auf geschichtliche Überbleibsel zu stoßen: Sei es ein Name, der von einem vergangenen Vergnügungsetablissement erzählt oder Höfe von Wohnhausanlagen, deren Namensgeber wichtige Wiener Persönlichkeiten waren. Was natürlich auf einem Spaziergang nicht fehlen darf, sind kulinarische Einkehrmöglichkeiten – hier haben wir die Wahl zwischen asiatisch und traditionell wienerisch.

 

Ra’mien go – Dresdner Straße 68
Mo – Sa 11:00 – 22:00 Uhr (Mo – Do Mittag Reservierung empfohlen)

Gastwirtschaft Zum Nussgart’l – Vorgartenstraße 80
Di – Fr 11:00 – 14:30 Uhr / 17:00 – 23:00 Uhr
Sa & Feiertag: 11:00 – 15:00 / 17:00 – 23:00 Uhr

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