19. Juni 2013

Zum Donauinselfest gehen?

Donauinselfest Picknick (c) STADTBEKANNT

“Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul” so das Sprichwort. Zugegeben, das Angebot klingt verlockend: eine Hundertschaft von mehr als passablen Bands spielt bei freiem Eintritt unter freiem Himmel, und das mitten in Wien? Wer da nicht hingeht ist selbst Schuld, oder?

Das Donauinselfest ist das größte Freiluftfestival Europas – mit 3 Millionen Gästen innerhalb von drei Tagen. Die beeindruckende Zahl macht auf den zweiten Blick allerdings Schaudern: eine Million Menschen pro Tag auf einer Fläche von wenigen Quadratkilometern, auf einer Insel zusammengepfercht, umgeben von Wasser? Wer da nicht schon beim Lesen klaustrophobische Anwandlungen bekommt, muss wirklich Nerven aus Stahl haben, denn die blanken Zahlen beweisen: das Donauinselfest wird kein nettes Kaffeekränzchen, sondern absoluter Ausnahmezustand. Der Hexenkessel steht bereit, Alkohol und Feierlaune tun ihr Übriges zur Unberechenbarkeit der Situation – eigentlich also blanker Irrsinn, sich auch nur in die Nähe dieses Spektakels zu wagen.


Höllenritt

Apropos in die Nähe wagen: schon die Anreise sollte auch dem härtest Gesottenem klar machen, dass das Donauinselfest mit Entspannung und Gemütlichkeit nichts zu tun hat. Eine Massenbewegung wie zu Zeiten der Völkerwanderung lässt Ahnungslose beim Anblick der Karawanen eher an panikartige Massenflucht denken, als an die Anreise zu einem Musikfestival. Wer wirklich in den öffentlichen Verkehrsmitteln einen Platz ergattert, der wird sich an diesen Dante’schen Höllenritt wohl sein ganzes Leben lang erinnern: ihr, die in die U-Bahn steigt, lasst alle Hoffnung fahren.

This is Sparta!

Einmal angekommen geht es erst so richtig los: im unentrinnbaren Massenstrom bleibt so manches auf der Strecke. Hat man sich nicht buchstäblich an seine Freunde gekettet, ist der Verlust derselbigen sowie die folgende stundenlange „WAS? WO BIST DU?“-Telefon-Odyssee vorprogrammiert. Zusätzlich muss man sich noch zur richtigen Bühne vorkämpfen, was ohne Nahkampferfahrung zum beinahe hoffungslosen Unterfangen wird. Möchte man tatsächlich etwa von der nördlichsten zur einer der südlicheren Bühnen wandern, so sollte man dafür auf jeden Fall mehrere Stunden einplanen. Im besten Fall hat man beim Ankommen nur Bier, Wein und fremden Schweiß am Hemd, wenn das Selbige nicht sowieso schon mitsamt Geld, Handy und Nerven ebenfalls auf der Strecke geblieben is. So mancher hat am Donauinselfest auch seinen Verstand verloren.

Gar nicht reden möchte ich von Schlägereien und anderen Gewalt- und Eigentumsdelikten, die am Donauinselfest zur Tagesordnung gehören, von Endlosschlangen vor überteuerten Imbiss- und Getränkeständen, von Schlagerwahnsinn, der einem Abseits von Ö1/FM4…-Bühne blüht und von der Heimreise, die sich von der Hinreise nur in einem wesentlichen Punkt unterscheidet: alle Beteiligten sind jetzt noch drei Grade betrunkener als am Nachmittag. (rmd)

1 Kommentar

  1. Blob

    2. Juli 2013

    Ein Fest zum
    Schlagen, Stechen, Rauben und zu Vergewaltigen!

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