4. April 2017

Wiener Mythen und Geschichten – Alles nur gelogen. Teil 2

Volksgarten (c) STADTBEKANNT

Die Mythen und Legenden Wiens auf dem Prüfstand

Wien. Eine Stadt mit unzähligen Facetten und noch mehr Geschichten die sie zu erzählen hat. Manche davon sind wahr, manche Mythen und bei manchen weiß man es nicht so genau.

Wie in kaum einer anderen Stadt treffen hier Legenden und allerlei Schauermärchen auf fruchtbaren Boden und verbreiten sich vom einen zum anderen Ohr, weil der Wiener an sich, der tratscht ja gerne. Aus einem Gerücht wird eine Geschichte, wird ein Mythos, und schließlich Wahrheit.

Doch nicht alles ist so wie es scheint, vieles was wir für selbstverständlich hinnehmen hat seinen Ursprung in einem Mythos, der aber die Zeit überdauerte und schlussendlich zu unserer Wahrheit wurde. Um es mit den Worten eines sehr weisen Mannes zu sagen (Jonathan Frakes): Was davon ist wahr und was haben sich nur irgendwelche Leute zusammengesponnen?

 

Lieber Augsutin ist ein Lied aus Wien

“O du lieber Augustin, Augustin, Augustin,
O du lieber Augustin, alles ist hin.”

Wohl jedes Kind Wiens und darüber hinaus kennt diese Zeilen. Vor allem wenn es heißt “Und selbst das reiche Wien, Hin ist’s wie Augustin” könnte man doch vermuten, dass es sich um ein echtes Wiener Lied handeln würde. Doch dem ist nicht so. Zwar war der historische Marx Augustin ein waschechter Wiener, doch die Strophen die ihm besingen kommen aus Ungarn, und zwar vom Komponisten Johann Nepomuk Hummel, so eine Theorie. Viele andere sagen widerum der Bänkerlsänger selbst, also Marx Augustin sei der Urheber des Werks. Eines steht jedoch fest, erst um 1800 konnte man das Volkslied zum ersten Mal in Wien nachweisen, was die Theorie, Augustin selbst sei der Schöpfer dieser Zeilen, eher unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Griechenbeisl Augustin (c) Mautner stadtbekannt.at
Griechenbeisl Augustin (c) Mautner stadtbekannt.at

Wien hat keine echten Plätze

Otto Wagner soll einmal gesagt haben: “Der Karlsplatz ist kein Platz, sondern eine Gegend”. Dieses Statement hat sich scheinbar als Ausdruck kollektiver Stadtwahrnemung in den Köpfen der Wiener so sehr verankert, dass scheinbar übersehen wird, dass Wien sehr wohl (un-) schöne Plätze zu bieten hat. Leider sind diese oft entweder mit einer dunklen Geschichte konnotiert ( Heldenplatz ) oder einfach zubetoniert worden (Schwarzenbergplatz).

Karlsplatz (c) stadtbekannt.at
Karlsplatz (c) stadtbekannt.at

Die Einlasszeremonie der Kapuzinergruft

Der Legende nach entwickelte sich im Laufe der Zeit eine “Einlasszeremonie” in die Gruft. Dabei hält der Trauerzug vor den Toren der Gruft und der Herold klopft an. Daraufhin ein Mönch: “Wer begehrt Einlass?” Der Herold antwortet mit allen Titeln des Verstorbenen. Der Mönch wiederum darauf: “Wir kennen sie/ihn nicht!”. Daraufhin klopft der Herold ein weiteres Mal. Wieder fragt der Mönch am Tor: “Wer begehrt Einlass?” Diesmal antwortet der Herold mit der Kurzfassung der Titel. Die Antwort des Mönches bleibt dieselbe: “Wir kennen sie/ihn nicht!”. Der Herold klopft ein drittes Mal, wieder wird dieselbe Frage gestellt. Nun antwortet der Herold mit dem Vornamen und: “ein armer Sünder.”, woraufhin das Tor geöffnet wird.

Erst kürzlich, als Otto von Habsburg bestatten worden ist, wurde diese Zeremonie erneut dargeboten, jedoch wurde in diesem Zusammenhang die Anklopfzeremonie in Frage gestellt, indem ein Kapuziner diese als Legende bezeichnete, denn keines der Bestattungsprotokolle beinhaltete diese Zeremonie auch nur mit einem Wort. Auch von einer Sprecherin der Familie Habsburg wurde bestätigt, dass der Ritus in dieser Form und mit diesen Worten erstmals bei der Bestattung der Kaiserin Zita erfolgt sei. Ergo: Dass ein Habsburger nur als “sündiger Mensch” Einlass in die Kapuzinergruft erhält, ist eine Erfindung unserer Zeit.

Kapuzinerkirche (c) STADTBEKANNT
Kapuzinerkirche (c) STADTBEKANNT

Der Handkuss kommt aus Wien

„Küss die Hand“ – Ausdruck österreichischer Kultur und Teil der österreichischen Identität. Bis heute gerne noch en vouge beim Opernball und in Tanzschulen, ansonsten ist der klassische Handkuss außerhalb gesellschaftlicher Anlässe auch in Österreich wohl nur mehr ein Relikt gesellschaftlicher Pseudo-Etikette. Über Jahrhunderte hinweg galt es hingegen als unfein Frauen bloß die Hand zu schütteln. Der Kuss war da schon angemessener. Ursprung des Handkusses ist wahrscheinlich Spanien. Dort wurde der Handkuss beim spanischen Hofzeremoniell praktiziert und kam so Ende des 16. Jahrhunderts in den deutschsprachigen Raum.

Der Bagel kommt aus Wien

Entgegen allgemeiner Vermutungen der Bagel wäre ein Wiener Original, entspringt dieser wohl nicht einer Wiener Backstube, sondern viel mehr das Gegenteil entspricht der Wahrheit. Eine Legende besagt der Bagel sei 1683 in Wien zu Ehren von König Johann III. Sobieskis erfunden worden. Dieser war bekannter oder unbekannter Maßen ein Pferdefreund und demnach ließe sich der Name des Gebäcks auch ableiten, Bagel also aus Bügel wie Steigbügel. Heute weiß man, der Name des Gebäcks leitet sich wahrscheinlich vom mittelhochdeutschen bougel (Ring) oder von jiddisch beigen (beugen) ab. Ein weiterer Fakt, der gegen die Theorie spricht ist, dass es Belege gibt, dass es bereits 1610 in Kraukau die beliebte Mehlspeise gab, gefunden wurden diese Belege in einer Verordnung einer jüdischen Gemeinde.

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