16. September 2011

Wie geht es nach dem Verbot des kleinen Glücksspiels weiter?

Das kleine Glücksspiel in Wien ist bald Geschichte. Aber Automatenglücksspiel wird es weiterhin geben. Was sind die Konsequenzen aus dem Verbot?

Die SPÖ Basis hat auf Initiative der Sektion 8 (Anm.: Eine Sektion ist die kleinste Organisationseinheit innerhalb der SPÖ, die Sektion 8 ist ein Zusammenschluss von aktuellen Entwicklungen im Rahmen der Sozialdemokratie kritisch Gegenüberstehenden im Wiener Bezirk Alsergrund) beim Landesparteitag das Verbot des kleinen Glücksspiels gefordert, wir haben berichtet. Lange wurde nun innerhalb der Parteispitze beraten, wie mit diesem Beschluss umzugehen ist, gestern kam überraschend der Beschluss das kleine Glücksspiel auslaufen zu lassen.

Kleines Glücksspiel läuft aus.

Bis 2014 laufen die aktuellen Lizenzen für das kleine Glücksspiel in Wien aus, sie werden nicht verlängert werden. Dieses ist jedoch kompliziert zwischen Land und Bund geregelt und so bedeutet das Auslaufen der Lizenzen nicht das Ende des kleinen Glückspiels in Wien.

Aber zurück zum Anfang: das kleine Glücksspiel betrifft in Wien Automaten, bei denen in Einzelaufstellung der Einsatz auf einen Euro, in Salons auf 10 Euro beschränkt ist. Durch die rasche Abfolge von Spielen und die Möglichkeit bis zu drei Stunden am Stück zu spielen, ist die Suchtgefahr bei dieser Form des Glücksspiels besonders hoch, mehr Informationen findet ihr hier.

Dem Kampf dagegen hat sich die Sektion 8 verschrieben und mit einer bemerkenswerten Rede ihres Vorsitzenden Nikolaus Kowall und geschickter Bündnispolitik eine Mehrheit für ein Verbot am SPÖ-Landesparteitag erwirkt. Die Grünen sind in Wien sowieso gegen das kleine Glücksspiel, vor allem ihr Klubobmann David Ellensohn ist seit Jahren als Vorkämpfer gegen diese Form des Glücksspiels aktiv.

Die SPÖ Landesspitze musste reagieren und hat dem vereinten Druck der eigenen sowie des Koalitionspartners schließlich nachgegeben. Die 5.000 Lizenzen, die die Stadt für diese Form des Glückspiels vergeben kann, sind aktuell bis 2014 beschränkt und laufen danach aus.

Auslaufen und Folgen

Für die Stadt Wien hat das zur Folge das 2014 ein Großteil der Automaten, alle die nach dem Landesgesetz geregelt sind, verschwinden werden. Da diese „steuerpflichtig“ sind, werden dem Landesbudget dann auch 55 Millionen Euro an Einnahmen fehlen. Bei 11,445 Milliarden Euro, so hoch lagen die Ausgaben der Stadt Wien 2010, wäre das etwa ein halbes Prozent, rechnet man mit den Einnahmen der Stadt wäre es etwas mehr. Diese Mittel werden fehlen und anderweitig zu ersetzen sein. Mögliche „Gewinne“ aus sich reduzierenden gesellschaftlichen Folgekosten des kleinen Glücksspiels werden sich so oder so erst später einstellen.

Neben den fehlenden Budgetmitteln gibt es noch weitere Konsequenzen. Ein ansteigen illegalen Glücksspiels ab 2014 ist zu befürchten. Hier kommt es wohl auf die Kontrollintensität an, wie stark der Anstieg ausfallen wird. So oder so wird illegales "Zocken" jedoch weniger Menschen ansprechen als legales. Daneben wird es eine Abwanderung in die nahen Bundesländer Niederösterreich und Burgenland geben, wo das kleine Glücksspiel legal ist. Ob auch dort die Gegnerschaft zu diesem an Boden gewinnen wird, gilt es abzuwarten.

Verschwinden wird das kleine Glücksspiel aus Wien aber auch nach dem Verbot 2014 nicht. Denn neben den Automaten in Landeskompetenz gibt es auch solche in Bundeskompetenz. Drei Lizenzen für Casinos mit so genannten Video-Lotterie-Terminals werden vergeben. In jedem Casino wären bis zu 500 Automaten denkbar. Diese Automaten wären leichter kontrollierbar und der Jugend- wie auch der Spielerzschutz wäre leichter, allerdings gibt es bei ihnen keine Höchsteinsätze und ein etwaiges Landesverbot hätte keine Konsequenzen. Zwar hat der scheidende Präsident der österreichischen Lotterien Friedrich Stickler angekündigt keine derartigen Automaten gegen den Willen der Wiener Landesregierung aufzustellen, jedoch muss sich sein Nachfolger weder an diese Aussage gebunden fühlen, noch ist sicher ob und wenn ja wie viele Lizenzen die Casinos Austria letztlich erhalten werden.

Eine weitere und zugleich wohl sichtbarste Konsequenz des Verbots wird ein erhöhter Leerstand sein. Das Verschwinden unzähliger Automatensalons wird in manchen Grätzln sicher nicht sofort durch neue Gewerbeformen ersetzt werden können. Andererseits muss das nicht unbedingt schlecht sein, einerseits macht es deutlich in welchen Stadtteilen eine schleichende Abwertung stattfindet, möglicherweise sinken teilweise die Mieten, die der oft sehr gut zahlenden Automatensalons fallen ja weg und es wird solcherart wieder Raum für Kleingewerbe geschaffen. Nicht zuletzt haben die Spielhallen in ihrer Umgebung selten zu einer Attraktivierung beigetragen. Fallen sie weg, gewinnt ein Grätzl vielleicht sogar langfristig.

Klar ist jedenfalls schon jetzt, dass sich das kleine Glücksspiel auch nach dem Verbot weder in Wien noch sonst irgendwo erledigt hat. Sehr wohl merkt man aber, dass auch in den Bundesländern, die Opposition gegen das kleine kleine Glücksspiel stärker wird. Und auch die Budnesregierung wird sich wohl schon bald mit verstärkter Opposition gegen das kleine Glücksspiel in ihrer Zuständigkeit auseinandersetzen müssen.

4 Kommentare

  1. Charles

    15. September 2011

    Mal abwarten
    Es ist sicher ein großer erfolg das kleien Glücksspiel verboten zu haben. Wie groß der Effekt letztlich sein wird muss man aber noch abwarten. Denn ab heute beginnt das Lobbying zur Aufweichung des Verbots.

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  2. Mariella

    15. September 2011

    Endlich!
    Gerade bei uns in Rudolfsheim wird es von Jahr zu Jahr schlimmer. Ein Automatensalon nach dem anderen öffnet und stürzt Menschen ins Elend. Wenn das jetzt vorbei ist mache ich eine Flasche Sekt zur Feier des Tages auf!

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  3. Sarah

    15. September 2011

    Schöner Erfolg
    Habe mich sehr gefreut,dass der Aktionismus der Sektion 8 sich ausgezahlt hat.

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  4. Mike

    31. Oktober 2011

    Wer´s glaubt
    Novomatic hat es vieleicht geschaft das es in Wien kein kleines Glückspiel mehr gibt, aber mit Sicherheit werden einige Jahre später noch großere Lokale öffnen und das gambling geht weiter

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