6. Juli 2013

Urban Gardening: Ich pflanz´ mir die Welt, wie sie mir gefällt…

Donauinsel Urban Gardening (c) STADTBEKANNT

Kommen Fremde nach Wien, sehen sie vor allem eines: Viel Grün. Im Vergleich zu den meisten anderen Städten weltweit haben wir das große Glück, fast überall ein Stück Natur mitten in der City genießen zu können. Dass Grün versus Grau in Zukunft noch mehr die Oberhand gewinnt, dafür sorgt auch Urban Gardening.

Was als Tomaten-Züchten auf jedem noch so kleinen Balkon begonnen hat, ist mittlerweile zur Bewegung geworden. Auf Dächern, in Mauervorsprüngen, auf Grünstreifen, in Parks – überall wird gebuddelt, gerecht, gepflanzt und geerntet. Dabei geht es längst nicht mehr nur um frisches Gemüse oder Kräuter aus dem eigenen Topf. Die Neugier aufs Kennenlernen des Nachbarn, die Lust auf gemeinsames Tun, die Sehnsucht nach Selbermachen und Selbstgemachtem bringen immer mehr WienerInnen dazu, sich ihren kleinen Flecken Natur mitten im städtischen Raum zu suchen.

Der urbane Garten ist jetzt nichts Neues, vielmehr gehörte seit jeher das Beet vor oder hinter dem Haus genauso zum Bild dazu wie die Schrebergärten und Kleingartenkolonien am Stadtrand. Das seit Mitte der 90er Jahr wachsende Urban Gardening von Heute kommt aber – wie könnte es anders sein – aus New York, vielmehr aus der Gemeinschaftsgärten der Siebzigerjahre. Das Neue an diesen grünen Oasen war, dass sie nicht nur gärtnerische, sondern auch ernährungspolitische, soziale, ökonomische Fragen aufwarfen und neue (Lebens)Modelle entwarfen. Das Gleiche passierte übrigens auch in Kuba. Ja, ihr lest richtig! Dort zwang der Zusammenbruch des Ostblocks und somit der Wirtschaft das Land zu einer ökologischen Umstellung. Als Folge dieser “Revolucion Verde” wachsen heute mehr als zwei Drittel des in Havanna verzehrten Obst und Gemüses innerhalb der Stadtgrenzen.

Aber zurück nach Europa, zurück nach Österreich, zurück nach Wien. 14 Gemeinschaftsgärten listet Gartenpolylog – Plattform zu Gemeinschaftsgärten in Österreich in der Hauptstadt derzeit auf, in den nächsten Jahren soll aber mindestens einer pro Bezirk entstehen. Finanzielle Unterstützung kommt von der Stadt Wien (Wiener Stadtgärten, MA 42), die die verschiedenen Projekte mit 3.600 Euro fördert – und die Konzepte der nicht-kommerziellen Gemeinschaftsgärten sind so bunt wie ihre Ernte:
Im Zaubergarten im 23. Bezirk steht zum Beispiel das gemeinsame Lernen im Vordergrund. 2011 gegründet ist die Idee, den Kindern der Wohnhausanlage die Natur zu erklären und ihnen zu erleichtern, Freundschaften zu schließen.

Interkulturelle Gärten wie der Nachbarschaftsgarten Macondo in 1110 Wien sind Gemeinschaftsgärten, in denen Menschen verschiedener Herkunft Obst und Gemüse anbauen. Es geht darum, ein Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen zu ermöglichen und internationalen Austausch zu fördern.

Für die Anwohner sind Nachbarschaftsgärten gedacht, die in Höfen, vor, hinter oder zwischen Häusern Platz finden. Dass dabei oft mehr Interesse als Möglichkeiten besteht, zeigt das Beispiel des Nachbarschaftsgartens Arenbergpark im 3. Bezirk, wo nur 26 Parzellen auf über 180 BewerberInnen aufgeteilt werden müssen. Nach welchem Prinzip das passiert, ob das Los oder die Reihung der Meldung zählt, das ist pro Garten unterschiedlich. Genauso wie die Regelung für die Folgejahre: Bleibt das Beet so lange man will in seinem Besitz – oder wird nach einem Jahr getauscht, sodass mehrere AnwohnerInnen die Chance auf frisches Gemüse haben?!

Beides müssen auch die Guerilla Gardeners sein, die seit einiger Zeit ein Gartenbauprojekt im Skaterpark bei der Längenfeldgasse “besetzen” und nächtliche “Seedbombs” werfen: Heimlich Blumen und Bäume auf öffentlichen Flächen pflanzen, um triste Viertel zu verschönern ist das Ziel dieser Protestbewegung, die ursprünglich aus Großbritannien stammt.

So verschieden ihre Ziele und Formen sind, eines haben alle Urban Gardening Projekte gemeinsam: Frei nach Pippi Langstrumpf ist ihr Motto: Ich pflanz´ mir die Welt, wie sie mir gefällt!

Doris Neubauer

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