2. November 2011

The Artist

Hollywood 1927: der gefeierte Stummfilm-Star George Valentin (Jean Dujardin) ist am Höhepunkt seiner Karriere, als bei einer Premierenfeier die unbedarfte Peppy Miller in sein Leben taumelt – beflügelt durch diese Zufallsbekanntschaft beschließt sie am nächsten Tag, selbst ein Filmstar zu werden. Während nun Valentins Stummfilm-Karriere und damit auch seine Ehe durch die Erfindung des Tonfilms leidet, wird sie zum ersten großen Filmstar der neuen Ära – nicht allerdings, ohne sich an ihre Inspiration zu erinnern.

Die Handlung allerdings ist es nicht, die diesen Film sehenswert macht – sie verkommt ohnehin zur bloßen Folie, vor der der Regisseur Michel Hazanavicius  dem Format „Stummfilm“ huldigt: ein Feuerwerk an Anspielungen, Reminiszenzen, Pointen, Klischees und Klischee-Brüchen wird in den 100 Minuten abgefeuert, so charmant, schwungvoll und witzig, dass man sofort vergisst, dass in dem Film kein einziges Wort gesprochen wird. John Goodman brilliert als Valentins Produzent, der kleine Terrier von Valentin liefert eine Oscar-reife Performance.

Stumm und Stümmer

„The Artist“ ist nämlich tatsächlich ein kompletter Stummfilm, der detailverliebt allen seinen Vorgaben treu bleibt: das brillante Schwarz-Weiß, das typisch übertriebene Minenspiel der Schauspieler, die typischen schwarzen Einblendungen mit den wenigen Zeilen Dialog, die schwungvolle Klavier- und Orchesterbegleitung. Der Film bricht fast nie aus seinen selbst auferlegten Zwängen aus und bleibt immer komplett im Stummfilm-Rahmen, schafft es aber trotz der beschränkten Mittel, aus sich heraus zu wachsen: Meta-Scherze gibt es sowohl formal (wie etwa die Geräuschspur in einer Traumsequenz) als auch inhaltlich, wenn Reminiszenzen an Stummfilm-Klassiker die Grenzen zwischen Karikatur und Hommage verschwimmen lassen.

Jubel, Trubel, Heiterkeit

Bei all dem Lob für das gelungene Experiment und den Mut, sich im großen Stil an einen Stummfilm heran zu wagen, ist es allerdings auch schade, dass die Handlung doch etwas dünn ausgefallen ist: die vorhersehbare Schnulze spielt sich nur an der Oberfläche ab, daneben gibt es kaum Momente der Reflexion oder glaubhafte Emotionen, die über plakatives Stummfilm-Overacting hinausgehen. Möglich, dass eben genau das beabsichtigt war, allerdings wurde da die Vielschichtigkeit des bedeutsamen Umbruchs zwischen Stumm- und Tonfilm ein bisschen verschenkt. Allerdings wäre die Darstellung eines komplexeren Sachverhaltes für einen Film ohne Dialog vielleicht auch ein unüberwindbares Problem: so sieht man in „The Artist“ eben auch auf den zweiten Blick die Grenzen des Stummfilms. (rmd)

Der Film lief im Rahmen der Viennale, österreichischer Kinostart steht noch nicht fest.

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