25. Mai 2010

Studium: alles neu, macht der Mai

Das Publizistikstudium ist der Gottseibeiuns der BildungsministerInnen in diesem Land. Von Gehrer über Hahn bis Karl beweinten alle den Andrang der Studierenden auf dieses Fach und die angeblich mangelhafte Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt der dieses Studium absolvierenden StudentInnen.

Elisabeth Gehrer wusste es noch genau: Publizistik und Lehramt pfui, Informatik hui. Dann kam die New Economy Krise, tausende Informatikerinnen verloren zumindest vorübergehend ihre Jobs und später stellte sich zu allem Überdruss auch noch heraus, dass auch LehrerInnen, entgegen früherer Prognosen, weiterhin benötigt werden. Wer hätte das Gedacht?

Gut, hüllen wir den Mantel des Schweigens über diese damaligen Aussagen. In weiser Voraussicht hielten sich spätere MinisterInnen mit punktgenauen Prognosen über die Zukunft zurück, soll sich doch nicht jede/r dahergelaufene StudentIn einen Karl auf den/die MinisterIn machen. Prinzipiell ist man aber immer noch der Überzeugung, je naturwissenschaftlicher desto besser, je Publizistik desto schlechter.

Nachdem die Studierenden aber nicht auf die MinisterInnen hörten, ja ganz im Gegenteil sogar Hörsäle besetzten, sah es für einen historischen Wimpernschlag sogar so aus, als könnte sich an der Hochschulpolitik dieses Landes sogar einmal etwas grundsätzliches ändern. Eine Debatte die sich weg bewegt von der Frage welches Studium die beste Zurichtung von Humanressourcen für zu erwartende Bedingungen am Arbeitsmarkt bringe, hin zu der Frage welche Hochschulpolitik ein sinnvolles Studium, dass sich an den Bedürfnissen der Studierenden ausrichtet, ermöglichen würde.

Der historische Wimpernschlag ging vorüber und die Sachzwanglogik ist wieder eingekehrt. Die Parameter über die diskutiert wird sind die altbekannten: Leere Kassen, überfüllte Hörsäle, Rektoren die ihre Unis in irgendeiner Form gerne weiter verwalten würden und eine Ministerin, der die ebenfalls schon altbekannte Formel zur Lösung der Probleme einfällt; die da lautet: weniger Studierende bedeutet mehr Platz und bessere Studienbedingungen.

Dass Österreich seit Jahren eine extrem niedrige AkademikerInnenquote aufweist, wurscht! Das weniger Studierende das Problem zwar kurzfristig administrierbar halten, aber keinerlei Antworten auf die Zukunftsfragen des Landes liefert, völlig egal. Das der Arbeitsmarkt die out-droppenden Studierenden nicht aufnehmen kann, schlimm!

Die Einigung die die Ministerinnen Beatrix Karl und Claudia Schmied im Bezug auf das Publizistikstudium erzielt haben, ähnelt frappant den Vorstellungen die auch schon der vorhergehende Minister Hahn hatte. Ab dem kommenden Wintersemester wird es 40 Prozent weniger Studienplätze für Publizistik geben. Die Aufnahmeprüfungen am Beginn des Studiums, die über die Zuteilung eines Platzes entscheiden, finden an allen Standorten am selben Tag statt, um eine Mehrfachbewerbung zu verhindern. Das Publizistikstudium wurde also notoperiert, eine Administrierbarkeit scheint gewährleistet. Das aus all denjenigen Studierenden die ein Publizistikstudium nun nicht beginnen können, deshalb noch lange keine NeurowissenschaftlerInnen werden, scheint allerdings auch klar. Wer das Pech hat zur falschen Zeit geboren worden zu sein und den Traum von einem Publizistikstudium hegt, für den heißt es im Herbst möglicherweise zurück an den Start. Einzelne ewig nörgelnde ZweiflerInnen mögen skeptisch sein, ob ein Aufnahmetest in der Lage ist die Studienchancen von potentiellen Studierenden zu geben. Aber QuerulantInnen und NörglerInnen gibt es ja überall, darauf kann die Frau Ministerin natürlich keine Rücksicht nehmen.

Noch weit abenteuerlicher lesen sich jedoch die Pläne der Wissenschaftsministerin die Studieneingangsphase neu zu regeln. So der Koalitionspartner will, möchte sie mit Beginn des Studienjahres 2011/12 die Studieneingangsphase aller Fächer neu ordnen. Die Orientierungsphase am Beginn des Studiums soll nun auch ganz offiziell eine „drop out“- Funktion erhalten. Im Zuge der Absolvierung der STEPS, oder an derem Ende soll ein „qualitatives“ Auswahlverfahren über die Fortführung des Studiums entscheiden. Wer das Auswahlverfahren nicht besteht, soll nach dem Willen der Ministerin die komplette Einführungsphase wiederholen müssen. Die Absicht dahinter ist klar: Wie viele Studierende würden sich das antun? Vermutlich sehr wenige, die meisten würden frustriert aufgeben, oder sich einem anderen Studium zuwenden.

Die ÖH spricht von einer bildungspolitischen Frechheit und spricht in einer Aussendung davon, dass die Ministerin jetzt mit Widerstand rechnen müsse. Klar scheint jedenfalls, dass es auch in den kommenden Jahren keine Pläne gibt die Studiensituation in Österreich zu verbessern. Ob daraus erneuter Protest im Stil von unibrennt folgt, oder ob die Luft für weiteren Protest fürs erste draussen ist, gilt es abzuwarten. Unwahrscheinlich erscheint aber jedenfalls, dass Studierende die der Uni nach nicht erfolgreicher Eingangsphase verwiesen wurden, danach für Proteste auf der Uni eher nicht zur Verfügung stehen werden.

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt