3. Dezember 2010

Österreichische Zustände: Claus Pándis Videojournal

Seit einigen Wochen ist der Kronen Zeitungs-Innenpolitik Journalist Claus Pándi als Videoblogger mit dem Format „Politik im Bild“auf krone.tv tätig. Was Robert Misik vor einigen Jahren mit großem Erfolg vorgemacht hat, hat nun seine weltpolitische Antithese in den Videojournalen von Claus Pándi gefunden.

Österreichische Zustände

Claus Pándi ist mit der Pressesprecherin von Bundeskanzler Werner Faymann, Angelika Feigl, verheiratet, was sich offiziell natürlich in keinster Weise irgendwie auswirkt. Das kann man aber auch anders sehen, dieser ZEIT – Artikel beispielsweise sieht es ganz anders. Jedenfalls ist es bezeichnend für das Land, dass keine Unvereinbarkeit festgestellt wird, wo sie doch offensichtlich sein sollte. Der besondere Kontakt zur Kronen Zeitung, so gut sollte man die österreichische politische Landschaft schon kennen, ist ein Feature und kein Bug für jede politische Partei.

Dass das demokratiepolitisch bedenklich ist, geschenkt. Aber die Zustände sind wie sie sind, schließlich werden hierzulande auch gerne Leserbriefe von höchsten Staatsorganen verschickt, was sollte da noch irgendjemanden wundern?

Die Macht sichtbar gemacht

Claus Pándis Videojournal ist eine der interessantesten Entwicklungen der österreichischen Politik in den vergangenen Jahren. Was bisher landauf, landab geschrieben und kritisiert wurde, erhält nun ein Bild: die Macht von Österreichs größter Boulevardzeitung und die ängstliche Ohnmacht der Politik ihr gegenüber.

Es ist eine Sache, sich über die Zustände in Österreich zu informieren, eine ganz andere ist es diese Zustände auch zu sehen. Ein Bild von Pröll und Pröll, wie dieses beispielsweise, wird einem mehr über die Machtverhältnisse im Land sagen, als hundert Zeitungskolumnen.

Sehenswert

Pándis Videojournal leistet genau das, Machtverhältnisse sichtbar zu machen. Es ist das Wikileaks Österreichs. Ja dieser Vergleich wirkt weit hergeholt, meines Erachtens ist er das aber nicht. Denn wenn einem Wikileaks die oft recht banalen off the records Einschätzungen der US -Diplomatie vermittelt, so bildet Pándis Videojournal Machtverhältnisse ab und macht sie damit auch kritisierbar. Ob das die Intention des Journalisten war und ist, tut für das Ergebnis nichts zur Sache.

Gut gemachter Boulevard Journalismus

Pándis Journal ist von der Machart und den präsentierten Themen her ein gutes Stück Boulevardjournalismus. Die für die Kronen Zeitung relevanten innenpolitischen Themen werden präsentiert, in bewährter Manier werden eigene Kampagnen forciert.

Soweit so zulässig, schließlich darf und soll die Kronen Zeitung schreiben und senden was sie will. Dass sie ihr Handwerk verstehen, beweisen die Auflagezahlen täglich. Die meines Erachtens verheerende Wirkung der Zeitung auf die politische Debatte in Österreich ist primär nicht ihr zuzuschreiben, sondern der rückgradlosen Feigheit der Politik und der nur in Spurenelementen vorhandenen Zivilgesellschaft.

Pándi und die Politik

Egal ob sich Pándi mit HC Strache auf drei Bier in einem Gasthaus trifft, ob er den Eindruck erweckt er würde die Unterlagen auf der Regierungsbank im Parlament kontrollieren, oder eine/n PolitikerIn vor den Vorhang bittet. Es ist bemerkenswert wie bereitwillig sich PolitikerInnen zu StatistInnen im Spin des krone.tv degradieren lassen, wie eifrig sie versprechen eingeforderte Aufträge zu erledigen, wie sehr sie bereit sind zum Kotau sofern gefordert und wie sichtbar unangenehm ihnen jede negative Darstellung ihrer selbst in Österreichs Leitmedium ist. Das alles live und in Farbe zu sehen, ist etwas Neues und Faszinierendes.

Spekulation

Man kann nur spekulieren warum die Krone nun auf den Videojournal-Zug aufgesprungen ist. Sah man schlicht ein erfolgsversprechendes Geschäftsmodell oder wollte man die Bühne nutzen um die eigene Macht sichtbar zu demonstrieren? Egal ob man letzteres wollte oder ob es Zufall ist, nachdem der Tod Hans Dichands Anlass zu Spekulationen über einen möglichen Machtverlust der Zeitung gab, rückt man dieses Bild nun jedenfalls wieder gerade.

Papiertiger können auch beißen

Die Krone ist ein Papiertiger, der seine Macht aus der Angst der Mächtigen bezieht, davon bin und war ich immer zutiefst überzeugt. Ihre Macht will demonstriert werden, schließlich wird der Papiertiger nur durch die Nachahmung eines Tigers für den Betrachtenden auch zum Tiger.

Wenn, wie in der ersten Folge, der gerade sprechende Verteidigungsminister unterbrochen wird um den vorbeieilenden Sozialminister zu begrüßen, woraufhin ein eifriger Mitarbeiter versichert, eh alle Mails weitergeleitet zu haben, dann wird Macht sichtbar und damit leistet Pándi TV einen demokratiepolitischen Beitrag, völlig unabhängig davon ob man mit den vertretenen Positionen etwas anfangen kann, oder dies, wie in meinem Fall, überhaupt nicht tut. Denn mit der Sichtbarkeit sind die Verhältnisse auch veränderbar.

"Politik im Bild" auf krone.tv.

Ein Kommentar von Daniel Steinlechner

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