3. Dezember 2010

Stadtbekannt Kontrovers: Für ein generelles Rauchverbot

Seit einiger Zeit gilt in Wien und Österreich ein strengeres Tabakgesetz, für alle Lokale. Für alle? Nein keineswegs, zahlreiche Ausnahmen machen das Gesetz zum zahnlosen Papiertiger, verzerren den Wettbewerb und haben mit NichtraucherInnenschutz genau gar nichts zu tun.


Die Basics

Passivrauchen und Rauchen sind schädlich, was allgemein bekannt sein sollte. Zwar wird das manchmal geleugnet, wozu dann Argumente dienen wie „Abgase sind auch gefährlich“, „meine Oma hat immer geraucht und wurde 100 Jahre alt“ und ähnliche Stilblüten der gekonnten Selbstbelügung.

An sich sollte die Sachlage aber klar sein. Persönliche Freiheit hin oder her, was andere Unbeteiligte schädigt, kann nicht durch einen Gewinn an individueller Freiheit legitimiert werden. Schon die Goldene Regel „was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu.“, stellt das klar.

Die simple Forderung nach Rücksichtnahme auf NichtraucherInnen greift jedoch nicht, weil nahezu jede/r den bequemeren Weg ergreift, so lange man/ sie nur kann. NichtraucherInnen, oder RaucherInnen die gerade nicht angequalmt werden wollen müssen aktiv etwas fordern, so lange kein Gesetz sie schützt, RaucherInnen können einfach passiv beim Status quo verharren, klar ist wer sich da in aller Regel durchsetzt.

Die momentane Regelung

Relativ spät wurde auch in Österreich erkannt, dass die Gesetzeslage eigentlich untragbar ist. Immer mehr wurde absehbar, dass sich im Rahmen der EU die österreichische Tabakgesetzgebung nicht halten wird können.

Also trat ein Gesetz mit 1.Juli des heurigen Jahres in Kraft, das klassisches österreichisches Stückwerk ist. Seither darf in Lokalen unter 50 Quadratmetern von den EigentümerInnen frei entschieden werden, ob geraucht werden darf oder nicht (no na darf in fast allen geraucht werden), bis 80 Quadratmeter, sofern Umbauten aus gebäudetechnischen- oder Denkmalschutzgründen nicht möglich sind, gilt dies ebenfalls. Bei höherer Quadratmeteranzahl muss der Hauptraum, das ist der Raum in dem sich die Bar befindet, rauchfrei sein. Auch Toiletten müssen sich im rauchfreien Raum befinden.

Dieses Gesetz ist ein Kniefall vor der WirtInnenlobby, die sich damit aber selbst ins eigene Knie geschossen hat. Denn welche Art von fairem Wettbewerb soll es sein, wenn kleine Lokale nicht umbauen müssen, große aber schon?

Entsetzlicher Gestank

Ich kenne persönlich keine RaucherInnen, die mit der momentanen Lage zufrieden sind. In den Lokalen die über einen RaucherInnenbereich verfügen, stinkt es bestialisch. Auch hartgesottene RaucherInnen halten es dort kaum aus. Umso erfreulicher, dass sich nun zahlreiche NichtraucherInnen in diesen Bereich setzen „dürfen“ wenn es nur ausreichend viele RaucherInnen in ihrem Freundes-/ Bekanntenkreis gibt. Was für ein genialer NichtraucherInnenschutz.

Außerdem wird früher oder später der EUGH entscheiden, dass verrauchte Lokale mit dem Gesundheitsschutz für ArbeitnehmerInnen nicht vereinbar sind. Spätestens dann finden WirtInnen keine ArbeitnehmerInnen für ihre Lokale mehr.

Wegen ihrer Investitionen, die sie im Glauben daran, dass die Republik Österreich sinnvolle Gesetze erlässt, getätigt haben, genießen sie aber selbst bei einer Verschärfung der gesetzlichen Regelung einen Vertrauensschutz. Vermutlich wird man ihnen Schadensersatz zahlen müssen, was abermals den geradezu genialen Ansatz der aktuellen Gesetzgebung beweißt.

Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Idealerweise sollte man in Österreich raschest möglich ein generelles Rauchverbot erlassen. Ohne Einschränkung sollte dann das rauchen an öffentlich zugänglichen Orten unterbunden werden. Höchst wahrscheinlich müsste WirtInnen die jetzt umgebaut haben, Schadenersatz gezahlt werden. Das ist aber nur fair, schließlich kommen sie ja weitgehend unschuldig zum Handkuss.

Gegenargument

Gegen ein generelles Rauchverbot zu argumentieren ist ungleich schwieriger. Das einzige wirklich sinnvolle Argument scheint mir zu sein, dass sobald das Rauchen in der Gesellschaft zurückgedrängt wird, nicht mehr garantiert werden kann, dass weitere gesetzliche Maßnahmen nicht auf die Stigmatisierung von RaucherInen abzielen.

Man schaue beispielsweise nach New York. Nach vielen Jahren des Zurückdrängens des Rauchens hat sich die Zahl der RaucherInnen stark reduziert. Aktuelle gesetzliche Maßnahmen zielen nun darauf ab, den RaucherInnen das Rauchen auch dort zu verbieten, wo sie keine anderen Menschen gefährden. Rauchen soll dort nun auch in Parks, auf öffentlichen Plätzen und an Stränden verboten werden. Solche gesetzlichen Maßnahmen schützen nicht mehr die NichtraucherInnen, sondern zielen als biopolitische Ordnungspolitik darauf ab, mündigen BürgerInnen zu verbieten ihrem Körper schlechtes zu tun.

Trotzdem…

Die Gefahr besteht in der Tat, dass RaucherInnen sobald sie zahlenmäßig immer weniger sind, sich gegen solche Machtphantasien nicht mehr adäquat wehren können. Das kann aber kein Argument gegen den NichtraucherInnenschutz sein. Deshalb sollte man das rauchen verbieten wo es nicht beteiligte schädigt, sich aber zugleich dafür einsetzen, dass weiterhin jede/r selbst das Recht hat sich gesundheitlich zu schädigen, wie es ihm/ihr gefällt.

Teil 1 von Stadtbekannt Kontrovers: „Willkommen Österreich absetzen.“

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