22. Dezember 2010

Stadtbekannt Kontrovers: 1, 2, 3, gebt die Drogen frei!

Drogen sind ein kontroverses Dauerthema. Egal ob es um die angebliche Gefahr des Komasaufens unter Teenies, den Dauerbrenner Cannabis Legalisierung, den War on Drugs der USA, die Nachweisbarkeit von Psychopharmaka und Kokain in den europäischen Flüssen, oder sonst irgendein Thema rund um Drogen geht.

Drogen eine Geschichte

In der Geschichte wurden Drogen immer wieder erlaubt und verboten, teilweise wurden sogar Kriege geführt um Märkte für Drogen zu öffnen, auch wenn man sich heute vielleicht nicht mehr so gerne daran erinnert. Besonders viele Kriege wurden jedoch geführt um den Zustrom an Drogen zu unterbinden, mit höchst zweifelhaftem Erfolg.

Die Geschichte der Drogenprohibition ist seit ihrem Anbeginn eine Geschichte des Scheiterns. Drogen verschwanden, wenn sie durch neue Produkte ersetzt wurden, oder wenn sich Konsumgewohnheiten veränderten, die Prohibition hat jedoch keine einzige Droge zum verschwinden gebracht.

Ganz im Gegenteil geht man heutzutage davon aus, dass Prohibition bei weit verbreiteten Drogen die Anzahl der KonsumentInnen verringert (weil viele das Gesetz mehr fürchten als den Drogenverlust) und bei weniger weit verbreiteten Drogen die Anzahl der KonsumentInnen erhöht (weil was vorher banal war nun den Touch des Verbotenen hat).

In jedem Fall begünstigt Prohibition die Entstehung von Kartellen, die Möglichkeit für einzelne gigantische Gewinne zu erzielen und erzeugt Kriminalität, sowohl die der Beschaffung, als auch der Ausübung des Geschäfts, der Kämpfe um Marktanteile und der Auseinandersetzung mit der Polizei.

Man kann also mit einigem Recht fordern, den Zugang zu Alkohol und Tabak, sei es über Steuern oder Rauchverbote etwas zu erschweren, insbesondere da diese zwei Drogen wie jüngste Studien eindrucksvoll beweisen, mit Abstand gefährlicher zu sein scheinen als die meisten anderen Drogen. Insbesondere Alkohol scheint die absolute Killerdroge mit weit verheerenden Auswirkungen als alle anderen Drogen zu sein. Ihre Prohibition war historisch aber auch immer zum Scheitern verurteilt und jede Forderung es wieder zu versuchen, wird ebenso scheitern.

Der Krieg gegen Drogen scheitert

Das stärkste ethische Argument für die Freigabe von Drogen scheint mir zu sein, welches Elend ihr Verbot in weiten Teilen der Welt erzeugt. Es ist nicht einzusehen, warum täglich MexikanerInnen sterben müssen, weil in den USA und Europa Kokain verboten ist. Ebenso wenig warum es den Taliban möglich ist, sich über den Verkauf von Opiaten zu finanzieren, oder warum in Kolumbien seit vielen Jahren ein grausamer und völlig sinnloser Krieg gegen Drogen geführt wird.

Gleich danach in seiner Dringlichkeit folgt das Argument, dass mit den Drogenverboten viele negative Konsequenzen einhergehen. Diese reichen von der Beschaffungskriminalität, über die schlechte und dadurch zusätzlich Gesundheitsgefährdende Qualität vieler Drogen, bis hin zur Bildung und dauerhaften Etablierung mafiöser Strukturen.

Weniger wichtig im Vergleich, aber doch auch immer noch gewichtig sind die Nachteile die KonsumentInnen durch die Verbote erleiden. Sowohl die Gefahr ins Kriminelle abzurutschen, als auch die Schwierigkeiten der Beschaffung, die teilweise vorhandene Stigmatisierung und die extrem hohen Preise für mangelhafte Qualität ohne effektive Möglichkeit den KonsumentInnenschutz zu wahren, wären hier zu nennen.

Nicht zu letzt fehlen uns gesellschaftlich alle Möglichkeiten der Argumentation, warum manche Drogen verboten sind und andere nicht. Drogen wurden und werdenausschließlich danach verboten/erlaubt wie stark die Lobby für sie ist und war und wie viele die Drogen nehmen und nahmen. Herausgekommen ist in nahezu allen Gesellschaften, außer solchen die einfach alles verbieten, ein seltsamer Fleckerlteppich aus Verboten, Erlaubnissen und Duldungen.

Legalisierung ist die einzige Lösung

Wenn wir nicht weiterhin wollen, dass jährlich Tausende im Krieg gegen Drogen sterben, Kartelle die Macht von Staaten erlangen und in manchen Weltgegenden tun und lassen können was sie wollen, KonsumentInnen sinnlos in Gefängnisse verfrachten, Menschen an gepanschten Drogen sterben lassen wollen und und und, dann wird es Zeit für einen Paradigmenwechsel.

Sicher der Kampf gegen Drogen lässt sich endlos fortführen und die Institutionen die ihn führen werden Argumente zu seiner Aufrechterhaltung noch und nöcher produzieren. Man kann den Krieg mal härter, wie in den USA, oder mal weicher wie beispielsweise in den Niederlanden führen, die Ergebnisse werden sehr unterschiedlich aber jedenfalls ernüchternd sein.

Nur HeldInnen und IdiotInnen, sofern es da einen Unterschied gibt, führen aussichtslose Kämpfe. Alle anderen sollten früher oder später zu der Erkenntnis kommen, dass es nichts bringt. Dabei sollte es völlig belanglos sein, ob man die eine oder andere Droge nun mehr oder weniger moralisch verwerflich, oder doch eh ganz akzeptabel findet. Sinnlose Kämpfe sollte man auch nicht an Fronten führen, wo man das moralisch verwerfliche vermutet.

Ganz abgesehen davon, dass der Staat sich aus Moralentscheidungen mittlerweile in weiten Teilen heraushält. Wenn man mittlerweile weder Pornografie, noch Homosexualität, oder unverheiratete Ehepaare bekämpft, ist der Schritt zur Drogenlegalisierung nur noch ein kleiner.

Mag ja alles stimmen, aber wie umsetzen?

Es gibt nur relativ wenige Positionen die ich mit dem verstorbenen Milton Friedman teile, aber seine Position im Bezug auf Cannabis „tax it, liberalize it, fix it“, kann ich voll und ganz unterstützen. Nur sollte man es nicht bei Cannabis bewenden lassen.

Zuerst müsste die Staatengemeinschaft die Macht der Kartelle brechen. Dazu müssten die Staaten Qualitätskriterien für Drogen festlegen, deren Anbau unter Auflagen genehmigen und ebenso deren Verkauf, ebenfalls unter Auflagen. Da Drogen an sich nicht besonders teuer sind, sondern nur die Illegalität sie teuer macht, kann man hübsche Steuern draufschlagen und die Kartelle dennoch locker preislich unterbieten. Diese werden sich zwar nicht freuen und vielleicht sogar Gegenmaßnahmen ergreifen, andererseits geht ihnen das Geld schneller aus, als ein/e geübte KifferIn einen Ofen drehen kann.

Mit den Steuereinnahmen lassen sich einerseits Investitionen in die Prävention und das Gesundheitssystem finanzieren, andererseits bieten sie die Möglichkeit Lenkungseffekte zu erzeugen, indem schädliche Drogen im Vergleich zu weniger schädlichen stärker besteuert werden.

Im Verkauf mag eine Trennung in harte und weiche Drogen sinnvoll sein. Wichtig ist es dabei darauf zu achten, endlich von der Stigmatisierung mancher Gruppen wegzukommen. Denn was ist realiter der Unterschied zwischen einer/m Heroin Junkie, einer/m AlkoholikerIn, einer/m KettenraucherIn und einer/m Hardcore KokserIn? Sie alle haben ihre Süchte auf die eine oder andere Art nicht im Griff, werden gesellschaftlich aber ganz anders behandelt.

Trotzdem mag eine Nichtstigamtisierende Trennung sinnvoll scheinen, schon allein um den Zugang irgendwie zu kontrollieren und keine zusätzlichen Anreize zu schaffen, sich selbst und anderen zu schaden. Dies könnte man lösen indem für einzelne Drogen Rezeptpflicht besteht und diese nur in ausgewählten Geschäften erwerbbar sind. Die KonsumentInnen dieser Drogen würden von deutlich besserer Qualität und damit einhergehender besserer Gesundheit profitieren.

Alle übrigen Drogen könnte man in anderen Geschäften, ich plädiere für den Namen Drug Store verkaufen. Sicher dadurch würde sich am Anfang der Konsum von Drogen vermutlich erhöhen. Ziemlich rasch würde er jedoch zurückgehen, da der Reiz des Neuen verfliegt und der Reiz des Verbotenen definitiv vorbei ist.

Fazit

Die Drogenfreigabe wird nicht die Probleme der Menschheit beseitigen, aber doch eine gesamtgesellschaftliche Win – Win Situation erzeugen. KonsumentInnen teurer Drogen wie Kokain, die sich als DauerkonsumentInnen auch eher in gehobeneren Gesellschaftsschichten finden, würden mit ihrem Konsum die Gesellschaft mitfinanzieren und nicht bloß irgendwelche Kartelle. KonsumentInnen stigmatisierter Drogen wie Heroin könnten sich endlich saubere Ware auf legalem Weg beschaffen und wir alle würden insgesamt wie eh und je Drogen konsumieren.

Die Legalisierung wird uns mit Sicherheit nicht mehr Drogen konsumieren lassen, als wir es als Gesamtgesellschaft ohnehin tun. Sie würde aber die Drogenkriminalität austrocknen, die Gelder aus dem Drogenkonsum in gesellschaftlich sinnvolle Projekte umlenken und nicht zuletzt denjenigen die wollen einen endstigmatisierten Ausstieg aus ihrer Drogenkarriere oder Teilaspekten der selbigen ermöglichen.

Die Legalisierung der Drogen bleibt bis auf weiteres eine Utopie, aber die Forderung danach aufrecht zu erhalten ist allemal sinnvoller, als am täglichen sinnlosen Sterben festzuhalten.

Ein Kommentar von Daniel Steinlechner

Daniel Steinlechner

Mit Fug und Recht: Über Sinn und Unsinn

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