Unterwegs in Favoriten.

Im 10. Bezirk ist man nicht gar so oft unterwegs, obwohl es rund um den Reumann- und Antonsplatz einiges zu entdecken gäbe!

Eintauchen

Also machen wir uns auf und fahren mit der U1 zum Reumannplatz, wo uns auch schon das Amalienbad in Versuchung führt, in die Fluten einzutauchen. Dabei bietet das 1923-1926 errichtete Hallenbad – damals eine der größten Badeanstalten Europas – weit mehr als Wasserspaß: Von Otto Nagel und Karl Schmalhofer erbaut, ist es architektonisch interessant und allein die Inneneinrichtung im Stil des Art déco einen Besuch wert. Obwohl das Gebäude unter den starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg gelitten hat, strahlt es eine beeindruckende Eleganz aus. Benannt wurde das Bad nach der Sozialdemokratin Amalie Pölzer (1871-1924), die 1919 als erste Favoritnerin in den Wiener Gemeinderat einzog, während dem zuvor als Bürgerplatz bezeichneten Platz der Name des ersten sozialdemokratischen Bürgermeisters Jakob Reumann (1853-1925) verliehen wurde.

Amalienbad (c) STADTBEKANNT
Amalienbad (c) STADTBEKANNT

Rotes Wien – olé, olé, olé!

Geblieben ist die Bürgergasse (nach dem deutschen Dichter Gottfried August Bürger), in die wir nun einbiegen und vor bis zur Nummer 22 gehen. Hier befindet sich eine unter Denkmalschutz stehende Wohnhausanlage aus dem Jahr 1925, die durch einige Besonderheiten auffällt: die Herzen in den Fensterkörben, die Halbkugeln oberhalb der Fenster und vor allem das Rundbogenportal mit Putti und Tauben.

Bürgergasse 22 (c) STADTBEKANNT
Bürgergasse 22 (c) STADTBEKANNT

Spaziert man weiter bis ans Ende der Straße, steht man vor dem Platz des FavAC, des Favoritner Athletikclubs. Der traditionsreiche Fußballclub ist 1910 aus dem im selben Jahr gegründeten Kegelklub Favorit hervorgegangen.

Kennerroad (c) STADTBEKANNT
Kennerroad (c) STADTBEKANNT

Schräg gegenüber, in der Kennergasse 10, zieht erneut der Eingangsbereich einer Wohnhausanlage, ebenfalls aus der Zeit des Roten Wien, unsere Aufmerksamkeit auf sich, denn oberhalb des rundbogigen Tors thront das Terrakottarelief Städtebauer von Otto Hofner.

Kennergasse 10 (c) STADTBEKANNT
Kennergasse 10 (c) STADTBEKANNT

„Be Vegan, Make Peace“

Weiter geht es die Kennergasse entlang bis zur Favoritenstraße. In Hausnummer 156 findet sich eines der wenigen Wiener Lokale der internationalen veganen Restaurantkette Loving Hut mit dem Slogan „Be Vegan, Make Peace“. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und kosten uns durch die reiche Speisekarte.

Tierische Motive

Mit vollem Bauch marschieren wir zum Antonsplatz 14-15, wo sich ein orangefarbener Gemeindebau aus den Fünfzigerjahren erhebt, dessen Zuckerseite man nur entdeckt, wenn man zweimal links abbiegt und über die Angeligasse den Hof betritt. Oberhalb der Hauseingänge sind dekorative Mosaike mit einem Schmetterling und Fisch angebracht, die dem Bauwerk einen fröhlichen Touch verleihen.

Schmetterling (c) STADTBEKANNT
Schmetterling (c) STADTBEKANNT

An der Ecke Wirerstraße/Troststraße stoßen wir auf die Natursteinplastik Liegendes Pferd von Robert Ullmann, der als Designer (vor allem für Tierdarstellungen) in der Porzellanmanufaktur Augarten tätig war.

Liegendes Pferd (c) STADTBEKANNT Preindl
Liegendes Pferd (c) STADTBEKANNT Preindl

Von St. Josef zum Heiligen Antonius

Über die Troststraße erreichen wir die Ettenreichgasse 42-44 und damit das Familienasyl St. Josef – eines von sieben in Wien ab Mitte der 1930er-Jahre nach dem Vorbild des deutschen NS-Volkswohnungsbaus für arme, kinderreiche Familien gebauten Familienasyle, die weit spartanischer ausgeführt wurden als die kommunalen Wohnhausanlagen des Roten Wien. Sie wurden nach Heiligen benannt; an der Gebäudefassade in der Ettenreichgasse befindet sich die Statue des Namensgebers St. Josef.

Antonskirche (c) STADTBEKANNT
Antonskirche (c) STADTBEKANNT

Von hier ist es nicht mehr weit zur imposanten Antonskirche – dem heiligen Antonius von Padua geweiht. Sie entstand in den Jahren 1896 bis 1901 nach Plänen von Franz von Neumann im romanisch-byzantinischen Stil, wobei die Basilika des Hl. Antonius in Padua und der Markusdom in Venedig als Vorbilder dienten. Als Schatz des Gotteshauses gilt die in eine Monstranz eingefasste Rippenreliquie des Heiligen. Mit sechs Zentimetern Länge ist sie die größte Antonius-Reliquie in Wien. Rund um die Kirche laden Grünanlagen, Spielplätze und Bänke zum Verweilen ein.

Diwan (c) STADTBEKANNT
Diwan (c) STADTBEKANNT

Schluss-Schmaus

Schließlich stehen in der Rotenhofgasse noch zwei Restaurants für eine Einkehr zur Auswahl. In der Nummer 4 Zum alten Beisl, wo der ehemalige Meinl am Graben-Küchenchef Metin Yurtseven das Regiment führt, erwartet einen qualitätsvolle klassische Wiener Küche. Ein paar Schritte weiter bei Hausnummer 11 im Diwan werden auf dem Holzkohlengrill köstliche türkische Speisen zubereitet, während man die Innenausstattung des Lokals genauer betrachten kann. Und nicht auf den Nachtisch vergessen, den man sich am besten im allseits bekannten Eissalon Tichy holt! (Sofern er geöffnet hat.)

Tichy (c) STADTBEKANNT
Tichy (c) STADTBEKANNT

Wo wir waren

Amalienbad
Reumannplatz 23

Wohnhausanlage
Bürgergasse 22

FavAC
Kennergasse 3

Wohnhausanlage
Kennergasse 10

Loving Hut
Favoritenstraße 156

Wohnhausanlage
Antonsplatz 14-15 / Angeligasse

Liegendes Pferd
Ecke Wirerstraße/Troststraße

Familienasyl St. Josef
Ettenreichgasse 42-44

Antonskirche
Antonsplatz 21

Zum alten Beisl
Rotenhofgasse 4

Diwan
Rotenhofgasse 11

Eissalon Tichy
Reumannplatz 13

Keine Bewertungen

Bewertung “Stadtspaziergang: Trostviertel und Umgebung unter der Lupe”

Bewertung
Bewerten