STADTBEKANNT flaniert durch die Innere Stadt

Was haben eine katholische Kuh, eine Kuppel-Illusion und ein Specht gemeinsam? Sie alle begegnen uns beim Spaziergang im Viertel rund ums Stubentor.

Eine der schönsten Seiten an der Stadt Wien ist, dass man beinahe überall auf Spuren der Vergangenheit stößt. Doch selten wird man so mit der Nase draufgestoßen wie im Viertel beim Stubentor. Kein Wunder – schließlich handelt es sich hierbei um das ehemalige Stadttor Wiens. Ein paar Infoschilder erzählen von dem früheren Aussehen des ehemaligen Torbaus. Übrig geblieben sind heute freilich nur die Fundamentreste bei der U-Bahn-Station – doch haben sie durchaus etwas Malerisches an sich.

Stadtspaziergang Stubentor (c) STADTBEKANNT Zohmann
Stadtspaziergang Stubentor (c) STADTBEKANNT Zohmann

Stubentor und Badestube

Im Wissen um die historische Bedeutung des Stubentors spazieren wir nun die Wollzeile entlang. Einst traf man hier auf Weber und Wollmacher, heute stoßen wir auf Institutionen wie das Figlmüller, das Plachutta und das Kabarett Simpl. Bei der Nummer 11 kann man in die winzige Essiggasse abzweigen, die früher „Gäßlein bei der Badstube“ genannt wurde. Das Stubentor hat seinen Namen angeblich von den berühmten und viel frequentierten mittelalterlichen Badstuben: „Am Samstag jeder Woche bliesen die Badeknechte in das Horen und zogen mit klingenden Pfannen durch die Straßen, um das Volk zum Baden aufzufordern.“ (Paul Harrer: Wien, seine Häuser)

Kuh vs. Wolf

Wir durchschreiten das Gässlein und gelangen auf die Bäckerstraße. Hier begegnen uns bei Hausnummer 12 ein Specht und eine Kuh: Das Restaurant Specht bietet mediterrane und Wiener Speisen im speziellen Ambiente. Im Inneren schmiegen sich moderne Elemente an die teils im Urzustand belassenen Wände, draußen kann in der gegenüberliegenden Gasse an Tischen Platz genommen werden. Über der Tür zum Restaurant erspähen wir ein im 16. Jahrhundert entstandenes Fassadenfresko, größtenteils von neuerer Architektur verdeckt. Es trägt den klingenden Namen: „Allwo die Kuh am Brett spielt“: Eine bebrillte Kuh spielt gegen einen Wolf ein Brettspiel. Eine Interpretation dieser bizarren Szene bezieht sich auf den Glaubenskrieg zwischen Katholiken (symbolisiert durch die Kuh) und Protestanten (symbolisiert durch den Wolf). Neben der Kuh ist die „geistliche Fliege“ zu sehen, die diesem kriegerischen Spiel hilflos zusieht.

Stadtspaziergang Stubentor Fresko (c) STADTBEKANNT Zohmann
Stadtspaziergang Stubentor Fresko (c) STADTBEKANNT Zohmann

Scheinkuppel und Kellergewölbe

Über die Bäckerstraße gelangen wir zum Doktor-Ignaz-Seipl-Platz, wo die Jesuitenkirche einen kühlenden Abstecher wert ist. Von außen schön anzusehen, hat sie im Inneren noch mehr zu bieten: Wer beim Eintreten den Kopf gen Tonnengewölbe hebt, kommt in den Genuss des Anblicks einer perspektivisch perfekten Scheinkuppel.
Bei Schlechtwetter empfiehlt es sich, im Anschluss daran in den Zwölf Apostelkeller einzukehren. Der Stadtheurige verfügt über drei imposante Kellergeschosse, die 18 Meter in die Tiefe führen. Die Geschichte des Bauwerks führt bis ins 14. Jahrhundert zurück.

Stadtspaziergang Stubentor Jesuitenkirche (c) STADTBEKANNT Zohmann
Stadtspaziergang Stubentor Jesuitenkirche (c) STADTBEKANNT Zohmann

Malerische Plätze

Wir werden uns allerdings davor hüten, uns bei schönem Wetter in den Keller zu hocken, sei er auch noch so historisch. Wir flanieren also über die Köllnerhofgasse und biegen neugierig in die Grashofgasse ein. Ein Tor führt in den Heiligenkreuzer Hof und gibt den Blick auf das idyllische Restaurant Buxbaum frei. Die Preise sind etwas gesalzen, das Ambiente dafür umso schöner! Man kann sich ja auch nur auf ein Achterl Wein niederlassen und die Ruhe genießen…

Stadtspaziergang Stubentor Buxbaum (c) STADTBEKANNT Zohmann
Stadtspaziergang Stubentor Buxbaum (c) STADTBEKANNT Zohmann

Beschwingt vom Wein und so viel Idylle landen wir in der weniger wohlklingenden Straße Fleischmarkt. Die griechisch-orthodoxe Kirche bildet den optischen und wortwörtlichen Höhepunkt der Straße. Hier lädt außerdem eine der ältesten Gaststätten Wiens, das Griechenbeisl, dazu ein, Hunger und Durst zu stillen, sofern noch vorhanden. Ein paar Jahrhunderte früher wäre man hier vielleicht in den Genuss des „lieben Augustin“ gekommen, der im 17. Jahrhundert des Öfteren hier musizierte.

Stadtspaziergang Stubentor griechische Kirche (c) STADTBEKANNT Zohmann
Stadtspaziergang Stubentor griechische Kirche (c) STADTBEKANNT Zohmann

Abschluss-Schmankerl

Zum Abschluss holen wir uns noch etwas Gutes für die Jause: Die Biscuiterie Bretagne ist zwar klein, aber fein und verführt mit „Breton Cacao“ (Butterkeks getunkt in dunkler Schokolade) über „Youp’Citron“ (gefüllt mit Zitronencreme) bis zu „Galettes Caramel“.

Stadtspaziergang Stubentor Biscuiterie (c) STADTBEKANNT Zohmann
Stadtspaziergang Stubentor Biscuiterie (c) STADTBEKANNT Zohmann

Und wenn es die Uhrzeit schon erlaubt, spricht nichts dagegen, noch auf ein Glaserl Wein oder Gin in die Vinogin-Bar einzukehren.

Zuletzt machen wir uns auf den schönen Rückweg über die Dominikanerbastei und runden damit unseren Spaziergang ab.

STADTBEKANNT meint

Auch wenn man die Gegend schon kennt – auf einem Spaziergang durch das Viertel beim Stubentor gibt es immer noch Neues zu entdecken: Sei es ein halbverborgenes Fresko, das vom Glaubenskrieg berichtet, ein im Hof versteckter Gastgarten oder eine schön verzierte Kuppel, die eigentlich gar keine Kuppel ist. Dazu gibt’s immer wieder historische und kulinarische Schmankerl, die einem den Rundgang versüßen.

 

SPECHT – Bäckerstraße 12
Mo – Mi 17:00 – 1:00 Uhr / Do – Fr 17:00 – 3:00 Uhr
Sa 11:30 – 3:00 Uhr / So und Feiertag 11:30 – 24:00 Uhr

Zwölf Apostelkeller – Sonnenfelsgasse 3
täglich 11:00 – 24:00 Uhr

Buxbaum Restaurant – Grashofgasse 3 / Heiligenkreuzerhof
Mo – Sa 10:00 – 23:00 Uhr

Griechenbeisl – Fleischmarkt 11
täglich 11:00 – 1:00 Uhr

Biscuiterie Bretagne – Fleischmarkt 28
Mo – Sa 10:00 – 18:00 Uhr

Vinogin – Fleischmarkt 28
Mo – Fr 18:00 – 24:00 Uhr
Sa 18:00 – 1:00 Uhr

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