Wieso sind die Toten in der Gruft unter der Michaelerkirche besonders gut erhalten? 

Es lässt sich dem Tod ja öfter in die Augen blicken, aber selten so gut wie in Wien und noch seltener so gut wie in der früheren „Kaiserlichen und Königlichen Hof-, Stadt- und Collegiums-Kirche St. Michael“. Die Michaelerkirche ist aus mehreren Gründen besonders: Sie ist – um 1220 erbaut – eine der ältesten Kirchen der Stadt und bildete eine der ersten drei Pfarreien. Sie ist eines der seltenen romanischen Bauwerke Wiens, obwohl die Elemente oft über- und zugebaut wurden. Sie liegt zwischen Hofburg und Kohlmarkt, also auf einer touristischen Hauptroute und wird damit wahrscheinlich öfter fotografiert als beachtet. Und bei der Totenmesse von Wolfgang Amadeus Mozart am 10. Dezember 1791 wurden hier die von ihm fertiggestellten Teile seines Requiems uraufgeführt.

Vor allem aber beherbergt die Kirche eine Gruft. Früher war sie auch von Friedhöfen flankiert, aber die wurden um 1500 von Kaiser Maximilian geschlossen – auch wenn der Wiener eine schöne Leich’ gerne hat, hat er sie nicht gerne so nah. Die Katakomben wurden bis um 1750 genutzt. Und während den Touristen im Parterre der raue Wind überteuerter Melanges und Zuckerbäcker-Boutiquen entgegenbläst, bläst den hier bestatteten Adeligen und Wohlhabenden ein bekömmlicher kalter Zug um das gepuderte Näschen.

Wegen des besonderen Klimas – niedrige Temperatur und optimale Luftfeuchtigkeit – wurden die Gebeine von 22 der rund 4000 Menschen in der Wiener Michaelergruft zu Mumien. Das ist in Ägypten nichts Besonderes, aber im deutschsprachigen Teil Europas sehr selten. Mehrmals pro Woche bieten die Salvatorianer, die die Michaelerkirche seit 1923 verwalten, Führungen in die 823 Quadratmeter große Gruft, samt Blick auf erhaltene Perücken und Gehröcke der Barockzeit, an. Und das passt besser nach Wien als nach Ägypten.

„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.

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