Unterwegs im 5. Bezirk.
Ein Spaziergang diagonal durch Margareten erfüllt alle Erwartungen – sowohl von historisch, politisch und wirtschaftlich als auch von kulinarisch Interessierten.
Vorwärts!
Wir starten bei der U4-Station Pilgramgasse und sehen uns zunächst das im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts errichtete Vorwärts-Gebäude auf der Rechten Wienzeile Nummer 97 an, auf dem die Figuren einer Arbeiterin und eines Arbeiters thronen und den ideologischen Fundus markieren. Das Haus war in der Vergangenheit nicht nur die Zentrale der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, sondern auch Sitz des Vorwärts-Verlags (Herausgeber der Arbeiter-Zeitung) und beherbergt heute den Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung mit Archiv und Bibliothek sowie das Bruno-Kreisky-Archiv. Die so benannten „Zeitfenster“ (Schaukästen, in denen ursprünglich die Arbeiter-Zeitung für Passanten präsentiert wurde) an der Fassade werden für Wechselausstellungen genutzt.
Allerlei Verlockungen
Von der Wienzeile biegen wir in die Pilgramgasse ein und steuern den Margaretenplatz an, doch in der belebten Gasse verlockt eine ganze Reihe von Lokalen zur einer ersten Rast: Angefangen bei der Bäckerei Felzl, die immer eine gute Adresse für ein Gebäck darstellt, über Rori`s finest sweets mit einer Auswahl an delikaten Törtchen in der Vitrine und der Enoteca La vita è bella, wo man jeden Tag zum Fest werden lässt, bis zur Chili-Werkstatt mit scharfen Gewürzsangeboten und dem Coffee Junkie, das Suchtpotential hat und mit der Frage „bist du süß genug …?“ provoziert. Schließlich macht auch noch der kuriose Name Erbsenzählerei vom Imbiss in Pilgramgasse 2 neugierig.
Von Margarete zu Bothe & Ehrmann
Wer sich nach diesem kulinarischen Reigen zur Fortsetzung des Spaziergangs aufraffen kann und die Aufmerksamkeit wieder auf Historisches lenkt, wird mit dem Margaretenhof belohnt. 1884/85 vom Architektenduo Helmer und Fellner, das auch das Wiener Volkstheater plante, im historistischen Stil erbaut, steht diese schlossartige Wohnanlage an der Stelle eines 1883 abgetragenen Brauhauses. Auf die Namensgeberin des Bezirks stoßen wir gegenüber des Margaretenhofes auf dem schmucken Platz – hier befindet sich der Margaretenbrunnen mit einer Figur der Heiligen und Nothelferin Margarete von Antiochia und dem Drachen zu ihren Füßen. Einst befand sich auf dem Areal ein im 14. Jahrhundert erstmals genannter Gutshof, der zum Schloss Margareten (heute existieren nur mehr Bruchstücke davon) ausgebaut wurde.
An der Ecke zur Hofgasse fällt die liebevoll gestaltete Auslage von La Papeteria ins Auge, wo edle Papierprodukte in stilvollem Design für vielerlei Anlässe erstanden werden können.
Spürbar ruhiger wird es nun in der Hof- und Schloßgasse, zudem verleihen die niederen Biedermeierhäuser den Gassen einen gemütlichen Charme. Auch wenn sich nun wiederum eine Einkehr im Schloßquadrat anbieten würde, spazieren wir weiter in Richtung Siebenbrunnengasse. Kurz verweilen wir noch vor der auffälligen Fassade des Hauses Schloßgasse Nummer 14 aus den Jahren 1912/13, wo die Stilmöbelfirma Bothe & Ehrmann ihren Sitz hatte. Das höchst erfolgreiche Unternehmen stattete unter anderem die Postsparkasse am Ring aus.
Von Bernhard Altmann zu Theodor Körner und Leopold Rister
In der Siebenbrunnengasse angekommen, machen wir unseren nächsten Halt vor Hausnummer 21. Die Figuren an der Hauswand mit entsprechendem Handwerkszeug erinnern daran, dass hier die bekannte Textilfabrik Bernhard Altmann angesiedelt war. Die Größe des Komplexes wird erst bewusst, wenn man den Innenhof durchschreitet. An dessen Ende wird das Künstlerhaus 1050 angekündigt; es ist das Ausweichquartier des Künstlerhauses während der Generalsanierung des Gebäudes am Karlsplatz.
Weiter geht es über die Ramperstorffergasse zur Vogelsanggasse: In Nummer 36 ist das Österreichische Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum untergebracht, das mit Wechselausstellungen und einer beachtlichen Menge an Begleitveranstaltungen aufwartet. Im selben Haus kann nun der Coffee Junkie alles über Kaffee und die Wiener Kaffeehauskultur – seit 2011 UNESCO Weltkulturerbe – erfahren, nämlich im Kaffeemuseum.
Auf der Tour durch den Arbeiterbezirk Margareten darf keinesfalls die Besichtigung eines Gemeindebaus fehlen. Und warum nicht gleich den größten kommunalen Wohnbau des Bezirks erkunden? Flugs erreichen wir über die Reinprechtsdorfer Straße den Theodor Körner Hof. Zu dieser in den 1950er Jahren auf einer Fläche von 30.000 Quadratmetern erbauten Anlage mit über 1200 Wohnungen gehört auch ein zwanzigstöckiges Hochhaus, das erste Wohnhochhaus der Gemeinde Wien! Der davor liegende kleine Park heißt deshalb nicht nur Leopold Rister Park (Rister war 1921-1934 Bezirksvorsteher von Margareten), sondern auch Hochhauspark. Generell werden Parks von so einer überschaubaren Größe scherzhaft „Beserlpark“ genannt.
Zum Schluss schauen wir noch beim 48er Tandler vorbei und durchstöbern die attraktiv eingerichtete Halle nach unserem neuen/alten Lieblingsstück, das als Souvenir an diesen kurzweiligen Spaziergang dienen soll.
Wo wir waren
Vorwärts-Gebäude
Rechte Wienzeile 97
Bäckerei Felzl
Pilgramgasse 24
Rori`s finest sweets
Pilgramgasse 11
Enoteca La vita è bella
Pilgramgasse 14-16
Chili-Werkstatt
Pilgramgasse 16
Coffee Junkie
Pilgramgasse 3
Erbsenzählerei
Pilgramgasse 2
Margaretenhof/Margaretenplatz
La Papeteria
Margaretenstraße 79
Hof- und Schloßgasse
Bothe & Ehrmann
Schloßgasse 14
Textilfabrik Bernhard Altmann
Siebenbrunnengasse 21
Künstlerhaus 1050
Stolberggasse 26
Österreichisches Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum
Vogelsanggasse 36
Kaffeemuseum
Vogelsanggasse 36
Theodor Körner Hof und Leopold Rister Park
Leopold-Rister-Gasse/Grünwaldgasse/Kohlgasse
48er Tandler
Siebenbrunnenfeldgasse 3
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