6. Juni 2013

Urbanauts – Hotel mal anders

Das neue Hotelkonzept

„Das Kaffeehaus nebenan als Frühstücksraum, das Hamam gegenüber als Wellnessbereich, die Bar ums Eck als Hotelbar. Jeder findet seinen individuellen Mix. Man muss auf nichts verzichten. Die Stadt wird zur Lobby.“ Urbanauts heißt das Projekt, welches mit Übernachtungen in einem Gassenlokal unter Einbeziehung der Infrastruktur der Umgebung ein völlig neues Hotelkonzept geschaffen hat.
Das klassische Hotelkonzept kennt man ja: Entweder aufgrund einer Empfehlung von Freunden oder Bekannten, oder aufgrund der günstigen Lage im Zentrum einer Stadt, oder aber auch, weil es preislich gerade perfekt ins Budget passt, entscheidet man sich für eine Unterkunft und bucht sie. Bei Ankunft am ausgewählten Zielort meldet man diese den mehr oder weniger freundlichen Rezeptionisten, bekommt seinen Zimmerschlüssel ausgehändigt und stolpert dann, nach einem teils endlosen Herumirren auf der Suche nach dem richtigen Zimmer, inklusive Gepäck hinein. Der Urlaub kann somit beginnen.
Langweilig, dachten sich Theresia Kohlmayr, Jonathan Lutter und Christian Knapp, und entwickelten ein Hotelkonzept der etwas anderen Art.

Urbanauts (c) Mautner stadtbekannt
Urbanauts (c) Mautner stadtbekannt

Übernachten im Gassenlokal

Kurz und prägnant auf den Punkt gebracht, ist genau das der Kern des innovativen Konzeptes: Übernachten im Gassenlokal. Der Gedanke dahinter resultiert aus dem in den letzten Jahren immer stärker und offensichtlicher werdenden Trend zum individuellen und authentischen Reisen. Urlauber wollen nicht von den Einheimischen abgeschirmt, in zwar hübschen, aber immer gleichen und einfallslosen Hoteltürmen residieren, sondern sich unter diese mischen, so leben wie sie und die Stadt somit unmittelbar am Puls und in ihrer vollen Authentizität erleben. „Hotel“ in Urbanauts’ Sinne bedeutet nun nicht mehr einen eigenständigen Gebäudekomplex, sondern Einbindung in das alltägliche Leben der Stadt und der Menschen, die Tag für Tag darin leben.
Dem angehenden Architektentrio Kohlmayr, Lutter und Knapp ist diese Realisierung gelungen. Die drei kennen sich bereits aus der gemeinsamen Studienzeit an der Technischen Universität Wien, erzählt Theresia Kohlmayr, die, aufgewachsen in einem Hotel, zusätzlich passenden Background und Vorwissen für das ambitionierte Projekt mitbrachte, und bereits seit der Studienzeit beschäftigten sich alle drei mit der Frage, wie man leer stehende Gassenlokale sinnvoll nutzen und wieder beleben könnte.
Seit einiger Zeit gibt es nun einen Prototypen in der Theresianumgasse im 4. Bezirk, mit dem die gewünschte Brücke zwischen der Problematik leer stehender Geschäftsflächen in der Wiener Sockelzone und der Schaffung eines besonderen Lebensraums für Reisende geschaffen wird. In der Schneiderin, einer, wie der Name bereits vermuten lässt, ehemaligen Schneiderei, füllt statt gähnender Leere nun ein King Size-Bett den Raum und wartet darauf, genutzt zu werden.

Urbanauts (c) Mautner stadtbekannt
Urbanauts (c) Mautner stadtbekannt

Und so funktioniert’s:

120,- Euro kostet das Loft pro Nacht ein Zimmer. Inkludiert sind neben dann doch klassischen Hotelleistungen wie TV, Internet, Minibar oder Dusche mit organischen Körperpflegeprodukten auch zwei Fahrräder, die bei Ankunft auf einen warten und zum Erkunden der Umgebung einladen. Angst darum, dass die ebenerdige Lage neugierige und unerwünschte Blicke anlocken könnte beziehungsweise unerwünscht Schall von außen nach innen oder umgekehrt dringt, muss man nicht haben, meint Theresia Kohlmayr. Eigens entwickelte Schall- und Sichtschutzpaneelen sorgen für Privatsphäre und beispielsweise dafür, dass zwar Licht einfällt, aber kein Blick durchkommt.
Besonders ist bei Urbanauts auch das Schlüsselsystem, denn die Rezeption, wie man sie gewohnt ist, gibt es hier nicht. Stattdessen bekommt man vorab einen Code zugeschickt, mit dem man einen Safe an der Fassade des Gassenlokals aufmachen kann, welcher den Schlüssel beinhaltet. Somit ist vollste Unabhängigkeit gewährleistet, zurückgeben muss man den Schlüssel nämlich auch nicht, es reicht, ihn wieder in das Kästchen zu werfen.
Was den restlichen Komfort betrifft, der einem sonst während eines Hotelaufenthaltes zuteil wird, wurde natürlich auch voraus gedacht:

Follows und Fellows.

Die so genannten Fellows decken die normalerweise vorhandene Infrastruktur eines Hotels ab. Zum größten Teil sind dies Bekannte und Freunde des Trios und decken alle möglichen Bedürfnisse der Gäste ab: Im Café nebenan wird gefrühstückt, im Hamam gegenüber gibt es Wellness, in der Bar um die Ecke kann ein abendliches Bier genossen werden. Mit dabei sind beispielsweise das Café Goldegg mit einem Frühstücksangebot, das Aromat für das Abendessen oder der XPEDIT Kiosk für das Abendprogramm. Doch auch den Punkt Couture wollte man sich nicht nehmen lassen, und so besteht auch eine Kooperation mit Gebrüder Stitch. „Jeder findet seinen individuellen Mix. Man muss auf nichts verzichten. Die Stadt wird zur Lobby.“, wird die Idee noch einmal zusammen gefasst.
Follows dagegen sind persönliche Tipps von Seiten der drei Initiatoren. Tipps abseits der gewöhnlichen touristischen Trampelpfade und Orte, an denen sich die drei selber gerne aufhalten: Das Akzent Theater, das Restaurant Sperl oder Nude Hair, sollte Bedarf zum Spitzenschneiden oder optischer Umgestaltung bestehen.
(Eva Felnhofer)

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