3. September 2013

Und wem vertraust du?

Berufe, die ganz oben auf Vertrauensskala stehen

Fragt man Kinder, was sie einmal werden möchten, wenn sie groß sind, hört man immer wieder die gleichen Antworten. Genannt werden meist Berufe, die schon im Kindesalter mit Integrität und Erfolg verbunden werden – Arzt, Tierärztin, Pilot, Pirat oder Prinzessin. Doch wie kommt es dazu, dass wir unser Vertrauen schon in so jungen Jahren völlig grundlos verschenken?
 

Vertrauen ist alles…

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“ besagt schon ein Sprichwort. Dementsprechend ergeben auch Studien, in welche Berufsgruppen das meiste Vertrauen gesetzt wird, dass auch Erwachsene sich hier wohl kaum von Logik leiten lassen. Denn unser Vertrauen in fremde Menschen steht in indirektem Verhältnis zu dem Schaden, den sie anrichten können.
 

Über den Wolken

Stets unter den Top Drei sind die Piloten. Jung und Alt setzen anscheinend enormes Vertrauen in eine Person, die sie nicht sehen können und die ein tonnenschweres Gefährt, dessen Funktionsweise keiner so recht versteht, in die Lüfte und danach garantiert irgendwie wieder runter bringen. Klar, kann ja auch quasi nichts passieren. Außer als brennender Feuerball auf einer Schotterpiste in die Geschichte einzugehen. Weil dieser Beruf also doch seine Tücken hat, trinken Piloten auch gerne mal ein Gläschen – oder fünf. Die Dunkelziffer der Alkoholiker unter den Piloten ist so hoch, dass man sie auch liebevoll „Schnapsdrosseln“ oder „Rauschadler“ nennt. Passagieren kann nur geraten werden, ebenfalls zu trinken, denn betrunken stirbt es sich sicher schöner.

Geldscheine
Geldscheine

In Geld we trust

Natürlich – Zinsen, Renditen, Ausfallsrisiken, Portfolios und Wechselkurse sind nicht jedermanns Sache. Schön, dass es Menschen gibt, die sich damit auskennen. Das denken sich wohl auch rund 40% der EuropäerInnen, die anscheinend weder Lust haben, sich mit Ökonomie zu beschäftigen, noch in den letzten sechs Jahren Nachrichten gelesen haben. Denn sie vertrauen Finanzberatern. Auch wenn man nicht immer alle über einen Kamm scheren darf, so kann man doch, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, feststellen, dass die Finanzbranche und ihre ExpertInnen, doch ein klitzekleines bisschen Schaden angerichtet haben. Aber wir wollen ja nicht so sein, ist ja nur die tiefste Krise seit 1929.
 

„Skalpell und die Nummer von meinem Anwalt, bitte”

Hach, die Götter in Weiß. Wie sehr brauchen wir sie, wie sehr lieben wir sie und wie wenig fürchten wir sie! 90 Prozent der ÖsterreicherInnen vertrauen ÄrztInnen – was wir grundsätzlich ja verstehen. Denn der liebe Hausarzt von nebenan oder die freundliche Augenärztin richten selten besonders viel Schaden an. Aber man sollte sich von der weißen Kluft nicht blenden lassen, denn so mancher Arzt halluziniert von Zeit zu Zeit.
So zum Beispiel jener Herr Doktor, der zum Vater einer Freundin von mir meinte, seine Gallenblase wäre „unauffällig“. Das war zumindest eine Untertreibung, denn die war im ein Jahr zuvor bereits entfernt worden. Gut, dass es nicht das Herz war… Manche sind auch einfach ein wenig unachtsam. Im Supermarkt ist die Folge menschlichen Versagens selten schwerwiegender als ein zusätzlich verrechneter Liter Milch, bei einem Chirurgen kann hingegen schon mal das falsche Bein amputiert werden.

Statue Papst Johannes Paul II. (c) Fotolia.com
Statue Papst Johannes Paul II. (c) Fotolia.com

Wie das Amen im Gebet

Offensichtlich ist Vertrauen eine regelrecht spirituelle Angelegenheit, die sich kaum vom Tageschgeschehen oder neuen Informationen beeinflussen lässt. Anders lässt sich nämlich nicht erklären, dass rund 55% der ÖsterreicherInnen Pfarrern und Priestern ihr Vertrauen aussprechen. Wenn es nur um Fehler beim Beten oder Auslegungsfragen ginge, wäre der Schaden eher theoretischer Natur.
Aber sagt irgendjemandem das Stift Kremsmünster noch was? Oder das Kloster Mehrerau?  Oder Kurt Krenn? Aber naja, vergeben und vergessen lautet wohl hier die Devise.
 

Die wahren Sieger

Wir sind der Ansicht, dass Vertrauen gut, eine gesunde Vorsicht aber besser ist. Warum also nicht sein uneingeschränktes Vertrauen jenen schenken, die einem zumindest nichts antun können?
So zum Beispiel HomöpathInnen. Was für eine Wohltat, sich eine Behandlung angedeihen zu lassen, die ob ihrer Wirkungslosigkeit auch nichts kaputt machen kann? Wo es keinen erwiesenen Wirkungszusammenhang gibt, gehen wir davon aus, dass wir auf der sicheren Seite sind! (Achtung: nicht anzuwenden bei Krebs oder anderen ernstzunehmenden Krankheiten!)
Ebenfalls nach dem Motto „Nützt’s nix, schadet’s nix“, sind wir vollauf begeistert vom Berufsstand der WahrsagerInnen und Horoskop-ErstellerInnen. Ihre schwammigen Ausführungen können einen aufheitern und wenn sie einem nicht gefallen, denkt man sich: „Ach was, ohnehin alles Humbug!“ und lebt sein glückliches Leben weiter.
Auch BestatterInnen sind unserer Meinung nach unter den Top Drei! Denn was soll hier noch passieren? Schert’s mich ein, vorwärts oder rückwärts, nüchtern oder blunzenfett – nie wieder wird mir etwas so egal sein!
 

Wir sind alle nur Menschen

Was von dieser kleinen Auflistung übrig bleiben sollte, ist nicht die Panik vor allem und jedem, sondern vielmehr der Gedanke, dass es keine „Götter“, ob in Weiß oder im Blaumann, gibt. Ein Lehrer kann meinem Kind Blödsinn erzählen, mein Arzt mir die falsche Droge geben oder meine InstallateurIn eine Schraube vergessen. Also immer daran denken: Trottel gibt es überall!
Nadja Pospisil

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