9. Dezember 2010

Ein paar Gedanken zu Mariä Shopping… äh Mariä Empfängnis

Angesichts des heutigen Shoppingwahnsinns auf Wiens Einkaufsstraßen ein paar Gedanken zu dem wohl säkulärsten christlichen Feiertag – Mariä Empfängnis.

Abrakadabra, immaculata conceptio!

Vorab eine christologisch-etymologische Klärung: Der Name Mariä Empfängnis ist ja eigentlich nur eine umgangssprachliche Bezeichnung, der eigentliche Name des Feiertags ist „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“. Gefeiert wird hier die unbefleckte Empfängnis – also der Fakt, dass Maria von Gott aus dem Zusammenhang der Erbsünde herausgenommen wurde. (Nicht zu verwechseln mit der unbefleckten Empfängnis ist das Dogma der Jungfrauengeburt Jesu!) Alles klar?
Von Mariä Empfängnis zu Maria Shopping
Ein kleiner historischer Rückblick: Jahrelang wurde im guten katholischen Österreich der 8. Dezember auch als gesetzlicher Feiertag durchaus respektiert, sprich mit entsprechender Verkaufssperre. Mitte der 90er Jahren begannen aber zahlreiche österreichischen Einzelhändler zu nörgeln und verwiesen auf unsere Nachbarstaaten, wo der 8. Dezember ein ganz normaler Einkaufstag war. Die Händler sahen die österreichische Wirtschaft gefährdet indem ihr just an diesem einen Tag ein gigantischer Umsatz verloren ging. Das die das nicht lange hinnehmen wollten war klar.
Tigern Sie zum Ketzer
Franz Josef Hartlauer hatte dann irgendwann die Nase voll und öffnete am 8. Dezember auf eigene Faust sein Geschäft in Steyr. Die Folge waren hohe Strafen, aber der Umsatz war an diesem Tag so hoch, dass er trotzdem Profit abwarf. Dieses Umsatzplus wollten sich die anderen Einzelhändler natürlich nicht entgehen lassen und öffneten ihre Läden ebenfalls zu Mariä Empfängnis. Die Umgehung des Verkaufsverbots an einem Feiertag machte den 8. Dezember zu einem der umsatzreichsten Einkaufstage in der Vorweihnachtszeit. Der Mutter Marias gedenkt an diesem Tag wohl kaum jemand, stattdessen huldigt man eher dem goldenen Kalb– und verstößt damit direkt gegen das erste Gebot! Die Proteste der Kirche, die sich lange gegen die Geschäftsöffnung am 8. Dezember gewehrt hatte und sich vermutlich unter Reaktionär Ratzinger noch immer wehrt, blieben bis dato ungehört. Somit wurde aus einem eigentlich streng katholischen Feiertag (Mariä Empfängnis) ein enorm stressiger Einkaufstag mit Rekorderträgen für die Handelsunternehmen (Maria Shopping).

Vor- und Nachteile von Maria Shopping

Die Vorteile von Maria Shopping liegen auf der Hand: Bis auf arme Handelsangestellte, besonders jene großer Verkaufsketten, haben alle frei. Da dieser Feiertag zufälliger Weise genau in die Vorweihnachtszeit fällt und seit 15 Jahren die Geschäfte geöffnet haben – Was würde sich besser anbieten als diesen freien Tag für die Erledigung der Weihnachtseinkäufe zu nutzen?
Tja, leider denken sich das auch rund 1,5 Millionen andere Wiener, womit wir auch schon im Epizentrum der Nachteile angelangt wären: Man kann diesen Feiertag eigentlich nicht produktiv nützen, da man sich mit Millionen Einkaufsopfern die Wiener Einkaufsstraßen hinunterwälzt, das Angebot in den Läden gar nicht wirklich beobachten kann da man vor lauter Menschen die Ware nicht mehr sieht und man sowieso nicht in mehr als drei Geschäfte gehen kann da man in jedem Geschäft etwa 45 Minuten ansteht.
Wer also schlau ist, geht zu Maria Shopping arbeiten – immerhin winkt doppelter Feiertagszuschlag, und man bleibt vom gröbsten Einkaufsstress verschont: Weihnachtseinkäufe erledigt man heutzutage sowieso von zu Hause aus: online.

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