26. Februar 2015

Rettet den Rochusmarkt

Rochusmarkt (c) STADTBEKANNT

Der Rochusmarkt

Im ebenso beschaulichen wie ruhigen 3. Wiener Gemeindebezirk regt sich Widerstand. Einige Anrainer sehen den Rochusmarkt durch den Plan der Österreichischen Post AG bedroht, vor Ort die neue Unternehmenszentrale zu errichten. Aber nicht der Fleiß und Schweiß der Postbeamten wird gefürchtet, sondern das integrierte Einkaufszentrum, welches ab 2017 allerhand beliebigen wie bekannten Geschäftslokalen einen Raum bieten soll.

Bei derlei Bürgerinitiativen muss man sich immer die Frage stellen, was sie da eigentlich gegen eine feindliche Übernahme verteidigen wollen. Man fürchtet scheinbar eher um die heimischen Marktstände, folglich um die lokalen Filialen von Anker, Nordsee und Radatz.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier die Spezies des Wutbürgers – man kennt sie noch aus Mahü-Diskussionen – Blut gerochen hat und danach trachtet, ihren Frust in geordnete Bahnen zu lenken. Einmal mehr wird die Stadtentwicklung zum politischen Agitationsfeld, auf dem der eigene Entwicklungsstillstand vertuscht werden kann. Die Marktbuden werden zum gallischen Dorf, welches gegen die Legionen des Konsumterrors verteidigt werden muss.

Am Marktstand trifft sich das gute Gewissen

Wenn wirklich ein weiteres Einkaufszentrum Wiens Bürger beglücken sollte, muss der Rochusmarkt kaum um seine Existenz bangen. Wiens Einkaufszentren – und da ist es egal, ob es sich um die altehrwürdige „Lugner City“ oder die jugendlich-freche „Wien Mitte – The Mall“ handelt – wenden sich nicht an den betuchten Kunden, der umwelt- und heimatbewusst seine autochthonen Erdäpfel am angestammten Marktstand kauft. Vielmehr sind die Einkaufszentren Durchgangsorte der gehetzten Schlechtverdiener, die hier Glück im schnellen Konsum suchen und zugleich Obdach für adoleszente Herumtreiber, die an Spielkonsolen ihre Jugend verschwenden.

Aber vielleicht ist es gerade dieser Umstand, welcher zum Widerstand ruft. Die Region um den Rochusmarkt wird seit Jahren erfolgreich gentrifiziert und nun soll ausgerechnet hier ein Monument der prekären Konsumkultur entstehen. Durch seine Existenz würde es wahrhaft den schönen Schein konterkarieren, der bisher durch niedliche Marktbuden und den charmanten Würstelstand gewahrt wird. Was gibt es schließlich schrecklicheres, als die Erfahrung, dass die Semmel vom Marktstand-Anker genauso fad schmeckt, wie die vom Anker des benachbarten Einkaufszentrums.

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