19. Mai 2010

Panzerschuss ins Knie

Eigentlich glaubten wir ja nicht, dass es bis jetzt das Problem des österreichischen Bundesheeres war, die Menschen nicht ausreichend zum Lachen zu bringen. Mit einem neuen Werbespot bewies man das Gegenteil.

Progressiv, weltgewandt, modern, kosmopolitisch, am Puls der Zeit, emanzipatorisch, das ist das österreichische Bundesheer 2010; oder wäre es zumindest gerne.
Und wie bringt man die noch nicht überall bekannte Message, dass die Jungs in Grün kein fader, veralteter Männerverein sind an die youth von today rüber? 
Righty right! Mit einem hippen Werbespot, dem Sexismus natürlich so fern ist wie der Landesregierung eines südlichen Bundeslandes jedweder Realitätssinn. Um viel Aufwand zu sparen klaute man einfach eine großartige Idee aus der Ukraine.

Ein muskulöser Glatzkopf (und nein, hier gibt’s keine Ironie, der Mann ist in seinem Zivilberuf wirklich Türsteher) lehnt breitbeinig mit vier jungen Mädels im Arm auf seinem Auto. Dezent linst die Kamera einer der Damen in den Ausschnitt, um dann wieder die technische Ausstattung des Audis zu bewundern. Eine Spritztour soll’s werden.
Da bricht plötzlich ein Panzer durch den Nebel und legt eine Vollbremsung vor der Balzgruppe hin. Ein Soldat entsteigt dem metallenen Ungetüm, gleitet lasziv an seiner Kanone vom Tank. „Na, Mädels, Lust auf eine Spritztour?“, fragt er lässig. Die können sich vor Aufregung kaum halten und jagen ihm kreischend hinterher.
Die abschließende Botschaft: „Das österreichische Bundesheer bietet einmalige Chancen für die Jugend ab 18.“

Bis zu seiner Entfernung war dieser Werbespot, Teil der Kampagne „Heer 4 U“, in den vergangenen Tagen auf der Startseite des Bundesheeres zu genießen. Ziel der Kampagne ist es wieder mehr junge Menschen für das Bundesheer zu begeistern, das in den vergangenen Jahren gegenüber dem Zivildienst klar verlor. 

Richtig dufte werden sich die Creative-Directors beim Bundesheer wohl gedacht haben, als sie das Machwerk zum ersten Mal sahen. Ein PS-starker Panzer, ein strahlender Soldat und ein Haufen gackernder Groupies – das muss doch hinhauen. Wenn da nicht endlich die ganzen Weiber die Kasernen einrennen, dann kann man ihnen auch nicht mehr helfen. Oder höchstens noch Flyer an neu verkaufte Küchenkastlinnenseiten kleben und in der Nacht wild vorm Bipa plakatieren. Eine mobile Stellungskommission in jeder Nachtschicht wär’ auch noch möglich. 
Vielleicht muss man es aber positiv sehen und uns blieb zumindest ein neuer, hipper Rap-Song erspart.

Die Grünen zumindest planen in einer parlamentarischen Anfrage bereits vom Bundesheer zu erfragen, was das Meisterstück denn gekostet hat und wer dafür verantwortlich ist. Auch in der Österreichischen HochschülerInnenschaft kommt wenig Begeisterung auf.

Selbst auf den Clip angesprochen erklärte der für Personalwerbung zuständige Oberst der Süddeutschen Zeitung: „Unser Clip ist so deppert, dass er schon wieder genial ist.“ Bei Ersterem ist ihm schwer zu widersprechen.

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