29. Mai 2010

NichtraucherInnenschutz auf Wienerisch

Allein in Wien gibt es insgesamt 1.200 Lokale, Restaurants, Gaststätten etc., die mehr als 50 Quadratmeter Fläche umfassen und deshalb ab 1. Juli einen NichtraucherInnenbereich einrichten müssen. Allerdings hat erst ein Teil der Lokale diese Verpflichtung auch tatsächlich erfüllt. Spätestens ab 1. Juli drohen dann Strafen bis zu 10.000 Euro, weswegen mit hektischen Bauaktivitäten im Juni gerechnet werden darf.

Wie überall wo ein RaucherInnenschutzgesetz kommt, stößt dieses auch in Österreich auf Bedenken, Kritik und zumindest verbalen Widerstand. Im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Gesetzen dieser Art, glänzt die österreichische nämlich mit komplizierten Regelungen, zahlreichen Ausnahmen und einer uneinheitlichen Vorgangsweise.

Besonders ärgerlich am österreichischen Gesetz ist, dass Verstöße gegen dieses nicht von den Behörden kontrolliert werden, sondern man sich auf Anzeigen aus der Zivilgesellschaft verlässt. Zwar wird es sicherlich zahlreiche Menschen geben, die bereitwillig klagen werden, einen üblen Nachgeschmack hat es aber doch sich hier zur Gänze auf das weit verbreitete Denunziantentum zu verlassen. So gut kann ein Anliegen nämlich gar nicht sein, dass es nicht durch diejenigen, die bei jeder Gelegenheit ihre MitbürgerInnen anzeigen desavouiert wird.

Zahlreiche LokalbetreiberInnen rechnen mit erheblichen Umsatzeinbußen, da sie befürchten, dass RaucherInnen zumindest anfänglich sehr viel weniger als bisher ausgehen werden. Der Obmann der Sparte Gastronomie rechnet gar mit Umsatzrückgängen bis 15 Prozent.

Auch stört die LokalbetreiberInnen, dass kleinere Lokale mit einer Fläche unter 50 Quadratmeter selbst entscheiden dürfen, ob sie RaucherInnen- oder NichtraucherInnenlokale sein wollen. Die meisten entscheiden sich dafür RaucherInnenlokale zu sein, bei größeren Lokalen fürchtet man nun, dass diese ihnen die Kundschaft streitig machen werden.

Unter Druck gesetzt werden die WirtInnen, da Lokale, die bis 1.Juli nicht umbauen, automatisch zu NichtraucherInnenlokalen werden. Allerdings ist ein Umbau nicht überall leicht zu verwirklichen: Bausubstanz, räumliche Gegebenheiten oder finanzielle Engpässe erschweren die Umstellung. Zusätzlich beklagen die WirtInnen die mangelnde Rechtssicherheit, die ihnen das neue Gesetz bietet.

Europaweit fährt der Zug nämlich schon seit langer Zeit in Richtung generelles Rauchverbot. Die Kommission wälzt Pläne für ein rauchfreies Europa bis 2012 und immer mehr Mitgliedsstaaten stärken den NichtraucherInnenschutz ohnehin. Angeführt von Großbritannien und Irland, die schon lange ein generelles Rauchverbot in geschlossenen öffentlichen Räumen erlassen haben, schwenkten immer mehr Länder, darunter selbst die ehemaligen RaucherInnenparadiese Italien und Frankreich, auf diesen Kurs um.

Als stärkster Hebel zur Förderung des RaucherInnenschutzes gilt jedoch der ArbeitnehmerInnenschutz. Sollte der Europäische Gerichtshof früher oder später urteilen, dass sich ein Lokal voller RaucherInnen nicht mit dem Gesundheitsschutz für ArbeitnehmerInnen vereinbaren lässt, so wird an einem generellen Rauchverbot kaum mehr ein Weg vorbei führen. Millionen Süchtige in Europa, zu denen sich auch der Autor dieser Zeilen zählt, beklagen diesen Umstand. Die Freiheit, die Kultur, die Wienerkaffehauskultur im Speziellen, ja das Abendland selbst ist scheinbar in Gefahr. Es fällt jedoch schwer, eine wissenschaftlich stichhaltig bewiesene Fremdgefährdung durch Passivrauchen mit einer wie auch immer argumentierten individuellen Freiheit gegenzurechnen. Letztlich wird der Schutz Unbeteiligter schwerer wiegen und früher oder später ein generelles Rauchverbot ausgesprochen werden.

Die LokalbetreieberInnen argumentieren jedoch damit, dass diejenigen Wirte die bis 1. Juli umbauen einen Vertrauensschutz genießen würden. Da sie, um der gesetzlichen Pflicht nachzukommen, einen NichtraucherInnenbereich eingerichtet hätten und der Gesetzgeber nicht einfach wenige Jahre beschließen könne, dass diese Investitionen umsonst waren, da das Gesetz nun abermals verschärft würde. Wenn allerdings ArbeitnehmerInnen zukünftig vor einer verrauchten Umgebung geschützt würden, wäre auch dieser Vertrauensschutz für die Katz, es würde schlicht an Arbeitskräften fehlen, die das Lokal dann auch bewirtschaften.

Besser ist es also, sich auch in Österreich langsam damit abzufinden, dass nicht mehr allzu lange in Lokalen geraucht werden wird. Wie man sich ganz unkompliziert darauf einstellt, beweist das phil in der Gumpendorferstraße, dass schon seit 2007 rauchfrei ist. Oder auch Stadtbekannt, denn wir verlosen Karten für die Fresh Air Party in der Auslage.

 

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