3. Mai 2013

Ältester Zoo

Welches ist das älteste Tier im ältesten Zoo der Welt?

Genau dreihundert Jahre nachdem es in Wien erstmals fremdartige Tier zu bestaunen gab (von 1452 bis 1462 im ersten Tiergarten im Stadtgraben) und zweihundert Jahre nachdem erstmals ein Elefant in Wien zu sehen war (ab 1552 auf Schloss Ebersdorf, später in der Menagerie von Schloss Neugebäude), eröffnete die Menagerie („höfische Tierhaltung“) bei der kaiserlichen Sommerresidenz Schönbrunn. Kaiser Maximilian II. hatte sie 1569 unter dem Namen Katterburg gekauft, um einen Jagd-Tiergarten auf dem Areal unterzubringen. Die Anlage bestand aus zwölf Gehegen, einem Verwaltungsgebäude und einem achteckigen Pavillon (seit 1759) im Zentrum der Anlage, der als Frühstücksraum und Salon genutzt wurde. Die Menagerie war anfangs der kaiserlichen Familie und ihren Gästen vorbehalten, aber es durften auch Schulklassen zu Besuch kommen. Ab 1778 wurde ganz Schönbrunn für „anständig gekleidete Personen“ geöffnet – an Sonntagen. Im Zoo gab es schon um 1800 exotische Tiere wie Elefanten, (Eis-)Bären, Großkatzen, Hyänen, Kängurus und einen Orang-Utan zu sehen.

Bei der Ankunft einer Giraffe – ein Geschenk des Vizekönigs von Ägypten an Kaiser Franz I. im Jahr 1828 – drehte Wien durch: Die Schaulustigen strömten in Massen herbei, sodass erstmals in der Geschichte des Tiergartens Sicherheitsleute eingesetzt werden mussten. Die Wiener Mode, das Kunsthandwerk und das Gesellschaftsleben waren von Giraffenmotiven durchdrungen – von Gebrauchsgegenständen über Frisuren; vom Parfum über die Giraffentorte bis hin zu den „Giraffeln“ (ein Mürbgebäck). Das damals erbaute Giraffenhaus gilt noch heute als architektonisches Erbe der Biedermeierzeit. Der Giraffe gefiel es so gut, dass 1858 in Schönbrunn ein Giraffenbaby zur Welt kam.

Alois Kraus, Tiergartendirektor von 1879 bis 1919, machte sich als Erster echte Gedanken über artgerechtere Tierhaltung: Die Gehege wurden mit Felskulissen und Baumdekorationen eingerichtet und die Papageienkäfige konnte man ins Freie schieben. Schönbrunn hatte sich schon um 1900 einen Namen als moderner zoologischer Garten – mit knapp 3500 Tieren und über 700 Arten – gemacht. 1906 wurde hier weltweit zum ersten Mal ein Elefant im Zoo geboren.

Zu dieser Zeit kam anderenorts – wo, das weiß man nicht genau – die Seychellen-Riesenschildkröte Schurli zur Welt. Im Zweiten Weltkrieg hat sein Panzer Verletzungen abbekommen, die man seit 1953 in Schönbrunn bewundern kann. Wie den Schurli insgesamt. Heute ist er das älteste von über achttausend Tieren in Schönbrunn.

Die Idee des tierfreundlichen Tiergartens setzte Otto Antonius (Direktor von 1924 bis 1945) weiter fort. Viele Tiere fielen dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer, auch Nashornbulle Toni, der seinen Pfleger bis zu seinem Tod auf sich reiten ließ.

Antonius und die nachfolgenden Direktoren forcierten außerdem die Nachzucht vom Aussterben bedrohter Tierarten: 1960 gelang die Handaufzucht des Eisbärenbabys Kara, 1961 die weltweit erste Nachzucht europäischer Seeadler. Ein Höhepunkt war die Geburt des ersten, in einem Tierpark natürlich gezeugten Panda-Babys in Europa (und zweiten Panda-Babys weltweit) im Jahr 2007. Der Besucheransturm auf das Gehege war so groß, dass nun zum zweiten Mal Sicherheitskräfte eingesetzt werden mussten.

Heute arbeitet der Tiergarten Schönbrunn (mit über zwei Millionen Besuchern jährlich nach Schloss Schönbrunn die zweitbeliebteste Attraktion Wiens) als einer der führenden Tiergärten mit nationalen und internationalen Arterhaltungs- und Naturschutzprojekten zusammen. Die 180 Vollzeitkräfte (und 150 Gastronomiemitarbeiter) widmen sich neben den Tieren auch der Forschung und Bildung.

„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.

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