11. Februar 2016

Kasperl for President

Stephansdom Wienblick (c) STADTBEKANNT

Richard Lugner startet in den Wahlkampf in Wien

Richard Lugners Pressekonferenz zur Bundespräsidenten Kandidatur und der Versuch eines Kommentars!

Wer vor zwei Wochen Richard Lugners Antrittsvideo gesehen hat, der dachte wohl, dass der Olymp des Kabaretts damit erreicht war. Ein professioneller Gagschreiber wäre in dem bewussten Versuch, eine Komik von einer derartig anarchischen Unbändigkeit zu produzieren, kläglich gescheitert. Doch Lugners Verbündeter ist seit jeher die ungeplante Authentizität, mit der er sich durchs deutschsprachige Reality TV jongliert. Ein guter Humorist muss Pointen vortragen können, bei denen der ganze Saal vor Lachen am Boden liegt und darf dabei selbst keine Miene verziehen – unter diesem Gesichtspunkt ist der Baumeister ein Genie. Doch Lugner wäre nicht Lugner, wenn er sich nicht doch noch einmal selbst übertroffen hätte.

Für die heutige Pressekonferenz wurden alle Stücke moderner Wahlkampfführung gespielt: Zu heldenhafter Musik und umringt von blitzenden Fotografen und Kameraleuten marschiert Österreichs Präsidentenhoffnung in den Saal. Nachdem die anwesende Journalistenscharr im Halbkreis um ihn herum auf dem Fußboden sitzend Platz genommen hat, beginnt der Baumeister unter der überdimensionalen Projektion eines Kasperltheaters seine Vision von einem Bundespräsidenten Lugner darzulegen. Es ist schwierig, durch die wirren Schachtelsätze und sekundenlangen Stotterattacken überhaupt nachvollziehen zu können, was er sagen möchte. Wenn die Kameras auf sein Gesicht zoomen, sieht man vor allem einen gezeichneten, traurigen Mann, der für die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten den Kasperl gibt und so wie alle professionellen Clowns vor allem eines möchte: geliebt werden.

Vom Trump Tower in die Lugner City

Plakate mit seinem Konterfei wird es keine geben, kündigt er stolz an und in dem Wissen, dass er auf tägliche, kostenfreie Präsenz in allen Medien des Landes bauen kann, solange er nur weiterhin deren Erwartungen erfüllt und Auftritte wie diesen hinlegt. Lugner bedient den Voyeurismus des kleinen Mannes, eine Metaschicht der FPÖ Wähler, denen Strache zu aggressiv ist und die darauf vertrauen, dass jemand, der eine derartige mediale Präsenz aufweist, sich diese Aufmerksamkeit auch durch irgendetwas verdient hat. Lugner vergleicht sich mit Donald Trump und seine Lugner City mit dem Trump Tower – dass sein Auftritt nichts mit der akribisch durchgeplanten Perfektion seines amerikanischen Konterparts zu tun hat, ist seinen Wählern egal.

Lugners neben ihm sitzender Wahlkampfplaner Peter-Erik Czak verlässt sich auf den Skurrilitätsfaktor seines Chefs und lässt ihn auch bei den schlimmsten Patzern stoisch lächelnd vor den Augen der Presse untergehen. Zum Schluss ergreift er dann selbst noch das Wort und erläutert den Journalisten, dass “Aussehen und Dresscode schon 55% ausmachen” und es “eine Million Euro” (kein Tippfehler) unentschlossene Wähler in Österreich gibt, die alle Selfies mit Lugner machen möchten. Ob sie ihn dann auch wählen, ist wohl eine andere Frage, aber es steht außer Frage, dass Richard Lugner auch bei dieser Vorstellung wieder ein Publikum finden wird, das ihm zuhört.

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