1. April 2019

Johann „Schani“ Breitwieser

Meidlinger Friedhof (c) STADTBEKANNT

Der Einbrecherkönig aus Meidling

Am 1. April 1919 wurde der legendäre Einbrecherkönig Johann „Schani“ Breitwieser bei seiner Verhaftung tödlich verwundet. Er war schon zu Lebzeiten eine Legende.

Als der Leichenzug mit dem Sarg von Johann Breitwieser zum Meidlinger Friedhof kam, da warteten schon Tausende Schaulustige – und wohl nicht wenige hegten Sympathie mit dem Vorstadtstrizzi, der sich mit seinen Einbrüchen einen Namen gemacht hatte.

„Warum?“ – „Aus Not“

Johann Breitwieser wurde in das Elend der Meidlinger Vorstadt hineingeboren. Seine Mutter, eine Heimarbeiterin, brachte 16 Kinder zur Welt. Vor Gericht antwortete der junge „Schani“ auf die Frage des Richters nach dem „Warum“ für sein Absinken ins Kriminal mit einem trockenen: „Aus Not“.

Mit der Zeit beließ es der „Schani“ nicht mit dem Fladern von einem Kranzl Wurst und Fahrrädern, sondern spezialisierte sich auf das Knacken von Tresoren und Eisenkassen. Er mag zwar keine sonderliche Schulbildung genossen haben, aber sein nach der Verhaftung beschlagnahmter Bücherschrank zeigte, dass sich Breitwieser auf wissenschaftlich höchstem Niveau auf seine Streifzüge vorbereitete. Und auch seine Werkstätte im Keller der Villa in St. Andrä-Wördern, die er kurz vor seiner Verhaftung unter falschem Namen erworben hatte, ist Beweis dafür, dass er bei seinen Einbrüchen nichts dem Zufall überlassen wollte. So galt er nicht nur als gewalttätig, sondern auch als „Mann der Tat, des Mutes, des Ernstes und der Intelligenz“ (Egon Erwin Kisch).

Jagd auf den „wilden Mann“

Nichtsdestotrotz wurde er mehrfach verhaftet. Einem Bericht in der „Arbeiter-Zeitung“ zufolge gebärdete er sich dabei gern als „wilder Mann“, in der Hoffnung als geistig unzurechnungsfähig angesehen zu werden. Statt ins Gefängnis kam er sodann auch auf den Steinhof, wo ihm die Flucht nur umso leichter gelang.

Seine letzte Verhaftung schildert Egon Erwin Kisch, der rasende Reporter, als Augenzeuge wie eine Jagdgesellschaft. Breitwieser war mit Teilen seiner Bande, darunter seiner Verliebten Anna Maxian, in der neuen Villa, als die Polizei ihn aufforderte, sich zu ergeben. Er versuchte noch einmal zu entkommen, wurde jedoch von einem Polizeihund gefasst. Außerdem hatte er einen Lungenschuss abbekommen. Als er im Haus noch einmal verarztet wurde, stand am Herd noch das für ihn gedachte Schweinsschnitzerl, wie die „Kronen-Zeitung“ schrieb. Auch in Zeiten größter Not mangelte ihm an nichts mehr.

Der Mythos

Sein größter Coup war wohl jener in der streng bewachten Hirtenberger Munitionsfabrik, wo die Jahre zuvor Tausende Arbeiterinnen für die Todesmaschierie der Kriegsproduktion ausgepresst worden waren und im Gegenzug die Profite astronomische Ausmaße erreicht hatten. Eine halbe Million Kronen betrug die fette Beute. Breitwieser hatte die Villen der Reichen im Visier und nicht die armen Schlucker, aus deren Reihen er selber kam.

Dies erklärt wohl auch, warum ihm so viele einfache Menschen bei seinem Begräbnis die letzte Ehre erwiesen – zum Entsetzen der Reichen.

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