18. September 2019

Hertha Firnberg

Gruppenfoto der österreichischen Bundesregierung - Kabinett KREISKY I (21. April 1970 bis 04. November 1971) v.l.n.r. stehend: Eugen Veselsky; Johann Freihsler; Josef Staribacher; Josef Moser; Otto Rösch; Rudolf Kirchschläger; Erwin Frühbauer; Leopold Gratz; Hannes Androsch; Hans Öllinger v.l.n.r. sitzend: Christian Broda; Gertrude Wondrak; Bruno Kreisky; Hertha Firnberg; Rudolf Häuser

Hertha Firnberg

Heute vor 110 Jahren erblickte Hertha Firnberg das Licht der Welt. Wie keine andere steht ihr Name für die Bildungsreformen der Kreisky-Ära in den 1970er Jahren.

In der Hertha Firnberg-Schule in der Donaustadt findet heute kein normaler Unterricht statt. Die SchülerInnen machen einen Flashmob und erinnern so an das Werk der Namensgeberin ihrer Schule.

Hertha Firnberg wurde am 18. September 1909 in Wien geboren und wuchs im bürgerlichen 18. Bezirk auf. Die Familie war wohlhabend, fühlte sich jedoch der Sozialdemokratie und deren Weltanschauung und Bildungsideal verbunden. Politik war im Elternhaus immer ein wichtiges Thema, und auch die Kinder wurden motiviert eine Meinung zu vertreten. Herthas Jugend war geprägt von der revolutionären Aufbruchsstimmung im Roten Wien der frühen 1920er Jahre. Wie Tausende andere auch schloss sie sich der sozialistischen Jugendbewegung an. Die rote Mittelschüler- und später Studentenorganisation war ein Ort, wo man sich nicht nur politisch bilden konnte, debattieren lernte, sondern bei den regelmäßigen Wanderausflügen in den Wienerwald oder den Ferienlagern auch ein einzigartiges Gemeinschaftsgefühl entwickelte. Dieses Milieu war eine Kaderschmiede sondergleichen, aus der nicht wenige der hellsten Köpfe dieses Landes erwuchsen, die gegen den Faschismus Widerstand leisteten und nach dem Krieg ein neues, demokratisches Österreich errichteten.

Die Sozialhistorikerin Hertha Firnberg war eine von diesen großen Persönlichkeiten aus diesen Reihen der roten Jugendbewegung, die mit ihrer wissenschaftlichen Expertise nach dem Krieg auf sich aufmerksam machte. Zwischen ihrem Uniabschluss 1936 und 1945 konnte sie aufgrund ihrer Weltanschauung mit keiner Wissenschaftskarriere rechnen. Auch im Nachkriegsösterreich war es alles andere als einfach, sich als Frau einen Namen zu machen. Traditionelle Rollenbilder waren noch viel dominanter als heute. Große Frauen der Sozialdemokratie wie Wilhelmine Moik oder Rosa Jochmann unterstützten aber Hertha Firnberg und ermöglichten ihr den politischen Aufstieg, der sie 1963 in den Nationalrat führte.

1970 mit der Wahl der ersten SPÖ-Alleinregierung erhielt Hertha Firnberg die Aufgabe als erste weibliche Ministerin das neue Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung aufzubauen. Die Bildungsreformen der folgenden Jahre sind ganz eng mit ihrem Namen verbunden. Sie setzte gegen den Widerstand der Professorenzunft die Demokratisierung der Universitäten durch und setzte die Abschaffung der Studiengebühren durch. Freifahrt und eine Ausweitung des Stipendiensystems für Studierende waren weitere Meilensteine auf dem Weg zu einer Öffnung der Unis, damit auch Arbeiterkinder eine akademische Karriere einschlagen konnten.

Als Frauenvorsitzende der SPÖ war sie maßgeblich an der Familienrechtsreform oder der Fristenlösung beteiligt. Die Befreiung der Frau war ihr das größte Ziel. Frauen sollten die Möglichkeit bekommen, eigenständige Persönlichkeiten zu sein, wobei sie diesen Kampf um Gleichstellung nicht nur als Kampf der Frauen sah, sondern als Teil des generellen Kampfes für die Befreiung der Menschheit.

Die Hertha Firnberg-Schule trägt den Namen dieser großen Frau, die 1994 verstarb – und sie trägt ihn nicht zu unrecht. Es ist eine der Schulen, in der nicht nur zukunftsorientiere (Aus-)Bildung geboten wird, sondern auch gesellschaftliches und politisches Bewusstsein gefördert wird. Dies ist wohl die beste Garantie, dass aus den Reihen der heutigen Generation von Schülerinnen viele den Weg von Hertha Firnberg weiterführen werden.

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Foto: Gruppenfoto der österreichischen Bundesregierung – Kabinett KREISKY I (21. April 1970 bis 04. November 1971) v.l.n.r. stehend: Eugen Veselsky; Johann Freihsler; Josef Staribacher; Josef Moser; Otto Rösch; Rudolf Kirchschläger; Erwin Frühbauer; Leopold Gratz; Hannes Androsch; Hans Öllinger v.l.n.r. sitzend: Christian Broda; Gertrude Wondrak; Bruno Kreisky; Hertha Firnberg; Rudolf Häuser
Votava – SPÖ Presse und Kommunikation.

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