Wo man die Seele baumeln lassen kann

Man nehme einen Platz mit Kopfsteinpflaster, stelle eine ausgefallene Kirche darauf, einen Brunnen in seine Mitte, ein paar hübsche Häuser herum, pflanze fünf Lokale hinein, setzte alte und junge Menschen mit einem Quäntchen Intellekt an die zahlreichen Tische und streue ein wenig divenhaften aber bodenständigen Opernzauber darüber. Unter Sonnenstrahlen wärmen und dann schnell noch einen Platz im Lokal ergattern. Wo? Am wundervollen Franziskanerplatz in Wien!

Franziskanerkirche (c) stadtbekannt.at
Franziskanerkirche (c) stadtbekannt.at

Lässt man sich vom Innenstadttrubel rund um den Stephansplatz ein wenig in die umliegenden Gässchen leiten, so landet man, wenn man Glück hat, an diesem verträumten Ort. Wirkungsvoll aber dennoch zurückhaltend streckt sich die hellblaugraue Fassade der Franziskanerkirche auf dem Platz empor und ist eindeutig Hauptverantwortliche für den Charme des idyllischen Fleckchens. Anna Netrebkos Aura, die älteste bespielbare Orgel Wiens, die Künstler im Kleinen Café und die unwiderstehlich guten Veinstein -Tramezzini tragen benfalls maßgeblich zur besonderen Stimmung des Franziskanerplatzes bei. Ein gelungenes Zusammenspiel aus individuellen Lokalen, unterschiedlichen Gerüchen und Eindrücken.

 

Das Lokalquintett

Berufs- und Lebenskünstler treffen in dem legendären Kleinen Café aufeinander. Bei einem großen Braunen, einer Tageszeitung und einem Eibrot lässt sich wunderbar ein ganzer Nachmittag verbringen – und das schon seit Mitte der 1970er Jahre. Ein wenig Hollywoodluft schnuppern durfte das Kleine Café 1995 in dem Streifen “Before Sunrise”. Ein kleiner Geheimtipp ist der kleine große Star aber immer noch. Schauspieler Hanno Pöschl ist jener Künstler, der das Kleine Café betreibt.

Das kleine Cafe Tische (c) Nohl stadtbekannt.at
Das kleine Cafe Tische (c) Nohl stadtbekannt.at

Seit 2000 ist er auch Besitzer des Gasthauses Pöschl, das immer noch unter seinem vorherigen Namen “Immervoll” bekannt ist. Und diesem Namen wird es zumeist auch gerecht. Das Lokal befindet sich zwar in der Weihburggasse, im Sommer werden aber auch Tische auf dem Franziskanerplatz direkt am Moses-Brunnen aufgestellt und mit Schnitzerln, Tafelspitz und weißen Spritzern befüllt. Wer Glück hat, erlebt Herrn Pöschl sogar in seiner besten Rolle als Kellner.

Eingang Gasthaus Pöschl (c) Nohl stadtbekannt.at
Gasthaus Pöschl (c) Nohl stadtbekannt.at

Dritter kulinarischer Bestandteil des Franziskaner Lokalquintetts ist das Restaurant Artner am Franziskanerplatz. Herzstück der höherpreisigen Gastwirtschaft sind die Steakauswahl und die Weinkarte. Das Gastlokal befindet sich gegenüber vom Platz in der Weihburggasse. Der Schanigarten ist in etwas größerer Gehweite direkt auf dem Franziskanerplatz gelegen und grenzt an den Gastgarten der  Tramenzzini Bar.

Tische Cin Cin (c) stadtbekannt.at
Cin Cin (c) stadtbekannt.at

Ob man das kleine Lokal nun Xpedit oder Van Veinsten oder auch Cin Cin nennt, wie neuerdings eine Aufschrift über dem Lokal lautet, ist im Grunde egal. Hauptsache es bleibt Zeit für ein Gläschen Wein und ein gutes Mozarellatramezzini. Ich glaube, ich habe mich gerade für Cin Cin entschieden, denn das heißt Prost auf Italienisch. Na dann, Cin Cin.

Noch italienischer wird es, wenn man sich um einen Gastgarten weiterbewegt. La Norma ist ein der Norm entsprechendes gemütliches und bodenständiges italienisches Lokal. Ordentliches Essen und ordentlicher Wein, ein bisschen Kitsch drinnen und Piazza-Atmosphäre draußen.

Für jedes Alter, für jedes Geschlecht, für jeden Geldbeutel, für jede Lebenseinstellung, für jeden Gedanken ist etwas dabei. Jedes Lokal ist für sich besonders, gemeinsam ein noch besonderes Zusammenspiel. In welchem Lokal könntest du dir vorstellen, Platz zu nehmen?

 

Das Shopduett

Was wäre ein Platz ohne Trödelmöglichkeit? Direkt neben dem Restaurant Artner findet man den Shop Living Essentials, wo Wellness-, Beauty- und Textilprodukte verkauft werden. Ein Stückchen weiter in einem Innenhof stößt man auf ein Sammelsurium an überflüssigem, aber irgendwie trotzdem notwendigem Krimskrams in der gemischten Warenhandlung. Wer ein Geschenk sucht, wird dort bestimmt fündig!

Franziskanerplatz Warenhandlung Blumen (c) Nohl stadtbekannt.at
Franziskanerplatz Warenhandlung Blumen (c) Nohl stadtbekannt.at

A Hackl ins Kreuz

Zum Schluss noch etwas Kurioses und schon fast Morbides, denn so etwas gehört auch auf einen echten Wiener Platz: Wer in Wien ein “Hackl ins Kreuz” bekommt, weiß, dass er es mit hinterhältigen Gegnern zu tun hat. Wenn es wahr ist, so stammt der Ausdruck aus dem Inneren der Franziskanerkirche. Hier befindet sich nämlich eine Madonna mit Axt im Körper. Protestanten wollten die Marienstatue einst zerstören und versuchten sie zunächst zu verbrennen. Nachdem sie dem Feuer widerstand, wollte man sie mit einer Axt zerstückeln. Die Axt jedoch blieb stecken und konnte nicht mehr herausgezogen werden. Und so steckt sie nun immer noch in ihrer linken Schulter.

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