13. Juli 2012

Elizabeth T. Spira im Gespräch

(c) ORF-Milenko Badzic

STADTBEKANNT traf zum Auftakt der 16. Staffel “Liebesg’schichten & Heiratssachen” Elizabeth T. Spira zum Gespräch.

Am Montag, den 16.7., startet die 16. Staffel der Serie “Liebesg’schichten & Heiratssachen” im ORF. Ein guter Anlass, eine von Österreichs großen Doku-Macherinnen zu treffen, die mit uns über skurrile TeilnehmerInnen, die Anfänge der Erfolgsserie und über Tragik, Einsamkeit und Lebensfreude sprach.

“Wer sich für Menschen interessiert, der interessiert sich für die ganze Palette zwischen Einsamkeit und Lebensfreude!”

Sie sagen ja jedes Jahr, dass es sich um die letzte Staffel handeln könnte – wie sieht es dieses Mal aus?
Das sage ich nie. Ich sage immer, ich weiß es nicht, und ich weiß es dieses Mal auch nicht (lacht). Es ist sehr viel Arbeit und es verpatzt mir immer den Sommer (lacht). Das waren jetzt 16 Sommer, und das ist nicht ohne. Dann fang ich immer irgendwann selbstmitleidig zu sagen an, jetzt ist genug. Aber nachdem ich ja gerne arbeite, und solange das Publikum diese Sendung haben will, und der ORF ebenfalls, geht es dann immer weiter. Mir wird immer ab Oktober in etwa unendlich langweilig (lacht). Und dann muss ich wieder arbeiten gehen!

Wie lange ist die 16. Staffel schon abgedreht?
Es ist noch nicht alles fertig, es können sich sogar noch Leute melden (Anm.: Bei Interesse an liebesgschichten@orf.at). Wir haben fünf Sendungen fertig, fünf sind noch zu machen. Wir haben zwar schon alle Interviews, aber es fehlen auch immer welche in der Gesamtkomposition, wir wollen eine gute, bunte Mischung zusammenkriegen. Das lustige ist ja, am Anfang greift man ins Volle, da hat man unzählige Interviews und die Sendung lebt eben von der Mischung alt, jung, narrisch, langweilig, tragisch, was immer es ist.

Die ersten Sendungen greift man wie im Supermarkt in ein volles Regal, und am Schluss merkt man dann, was noch fehlt. Es geht ja nicht nur um die Summer der Interviews, sondern da geht es auch darum, dass man sagt: Zu dieser Sendung brauchen wir noch zum Beispiel einen älteren Herren, einen jüngeren Herren, eine Anfangsgeschichte, eine Schlussgeschichte. Es muss die Mischung stimmen.

Bekommen sie ganzjährig Zusendungen?
Ja, schon. Ab Oktober oder so werben wir wieder, dass sich Leute melden sollen. Es ist wirklich immer mehr, als wir drehen können, Statistiken machen wir aber keine.

Können Sie sich an eine besonders skurrile Bewerbung erinnern?
Das Komischste, das war aber ewig her, das war ein Tiroler, der uns einen Brief geschickt hat, und er wollte gar nicht in die Sendung, denn er ist verheiratet. Aber seine Frau lässt ihn nicht ran, er muss im Nebenzimmer schlafen, und er hat uns gebeten, dass wir ihm zwei, drei Adressen schicken können von Frauen. Und das bitte postlagernd in Innsbruck, seine Frau darf ja nichts mitbekommen (lacht). Wir konnten dem leider nicht dienlich sein. Das war sehr komisch. Wir beantworten solche Anfragen aber mit großer Freude.

Das Liebesg´schichten-Team - Fotocredit ORF-Milenko Badzic
Das Liebesg´schichten-Team – Fotocredit ORF-Milenko Badzic

Was können wir von der 16. Staffel erwarten?
Ich glaube, dass wir heuer sehr gute und witzige Kandidaten haben – ich denke, es wird eine gute Staffel. Aber das muss das Publikum entscheiden.

Ist es manchmal schwierig ein Interview zu führen, wenn jemand sehr einsam oder unglücklich ist?
Wer sich für Menschen interessiert, der interessiert sich für die ganze Palette.

Um Liebesg’schichten & Heiratssachen gibt es sicher auch sehr schöne Geschichten.
Ja, wir haben drei Hochzeiten heuer von ehemaligen Teilnehmern! Und eine Dame ist schwanger, und etliche kleine „Geschichtlein“. Das ist schön und erheiternd. Es ist angenehm, wenn man aus traurigen Menschen plötzlich fröhliche macht.

Werden Sie dann eingeladen zu den Hochzeiten?
Manchmal, nicht immer. Bei einer Verpartnerung von zwei Homosexuellen hätte ich sogar Trauzeugin sein sollen, aber das gibt es bei Verpartnerungen ja nicht. Dort war ich aber natürlich.

Wie verteilen sich die Dreharbeiten übers Jahr?
Ab Mitte November starten wir, das geht das ganze Jahr. Wir drehen in ganz Österreich, und der Kameramann muss dann nochmal fahren wenn es grün wird, wir können ja nicht im Sommer Schneelandschaften zeigen. Ab Februar sitze ich dann und schneide, zu diesem Zeitpunkt kann ich nur die Interviews schneiden. Manchmal sieht man dann auch, welche Außenaufnahmen zu den Interviews passen würden.

Es müssen ja unzählige Zusendungen bei Ihnen landen von Personen, die sich für die TeilnehmerInnen interessieren.
Ja. Männer kriegen mehr als Frauen. Die Frauen schreiben gerne Briefe, die Männer sind zu faul dafür. Die rufen an, und wenn man dann sagt, diese Dame möchte nur Briefe, dann meinen sie: “Wooos, an Brief soll i a noch schreiben?“ (lacht). Die Adressen kriegt ja keiner, wir leiten das dann weiter, aber manche Absender sind nicht so wahnsinnig intelligent und schicken Briefe, und sagen nicht, an wen der adressiert ist. Dann müssen wir die Briefe aufmachen, was wir sonst nicht machen, und nachschauen, für wen der Brief gedacht ist.

Was ist das Erfolgsgeheimnis von Liebesg’schichten & Heiratssachen?
Wahrscheinlich schauen die Leut’ einfach gerne diese Geschichten an.

Wie bereiten Sie sich auf die Interviews vor?
Ich lese zwei Minuten bevor wir dort sind die Geschichte des Teilnehmers durch. Und dann geh ich rein. Es muss spontan sein. Ich weiß ja sowieso, wer wer ist, weil meine KollegInnen sehr brav recherchieren, und wir vorher schon aussuchen, wer in Frage kommt und wer nicht. Und wenn wir dann hinfahren, schau ich es noch mal an, weil mein Gedächtnis ist lückenhaft.

Ich habe immer das Gefühl, dass Sie sehr wenig Regie führen bei den Sendungen.
Man sieht es nicht (lacht). Aber es wird auch nicht sehr viel dran gewerkelt, es ist eine ganz einfach gemachte Geschichte – das Einfache ist dann aber doch meistens sehr kompliziert. Es ist im Prinzip ein Interview, es muss nur das Licht stimmen, die Kamera und der Ton, und es ist eine sehr diskrete Kameraführung. Ein Interview ist aber auch erst brauchbar, wenn es geschnitten ist, und dann ist man doch oft überrascht, wenn man glaubt, es ist hervorragend gewesen, und dann bleibt nichts übrig. Und dann gibt es wieder Leute, da geht man raus und denkt sich, das war fad – aber plötzlich entdeckt man Dinge, die eigentlich sehr spannend sind.

Wie gehen Sie mit schüchternen Personen um?
Das stört mich nicht. Es ist ja auch die Stille etwas sehr Angenehmes. Wir reden ja nicht so viel in dem Medium. Schüchternheit, Stille, Vereinsamung – das gehört zur Sendung. Schüchterne Leute reden entweder wie ein Kanonenfeuer, und quatschen eine halbe Stunde durch, aus Panik, dass man sie nicht mehr weiter fragt. Oder sie sind sehr leise. Das finde ich eigentlich sehr schön. Da muss man ihnen Zeit geben in ihrer Langsamkeit, in ihrer Schüchternheit Dinge von sich geben. Das ist mir lieber, als wenn mich jemand zu Tode quatscht, oder die Witze-Erzähler.

Welche Rolle spielt die Musik?
Das ist die Würze der Sendung!

Sie halten die Interviews mit den TeilnehmerInnen immer bei ihnen zuhause ab. Warum?
Das muss sein! Es will ja jeder sehen, wie die Leute wohnen. Das sagt ja unglaublich viel aus über den Menschen. Hat der Nippes, Bücher, nur Videos – das sagt irrsinnig viel aus.

Wer waren ihre LieblingskandidatInnen?
Es sind alle meine Lieblinge (lacht). Es ist ja jeder auf seine Weise spannend. Du kannst nicht nur lustige oder traurige reinnehmen, es ist die Mischung, dick, dünn, alt, jung, tragisch, oder ein bisschen beklopft. Ins pralle Leben hineingegriffen eben. Das macht die Sendung aus, dass sehr verschiedene Typen mit dabei sind. Mir geht es darum, ob alles zusammenpasst.

Es gibt aber die „Zuckerl“, die Angfangs- oder Schlussgeschichten. Der Anfang muss hineinziehen in die Sendung, vielleicht eine sehr vollbusige Dame, oder ein reicher Herr, dass die Leute hängen bleiben. Und zum Schluss ist meistens ein sehr Verrückter, oder halt auch eine sehr tragische Geschichte. Nach einer tragischen Geschichte sollte man aufhören. Da kann man keine witzige Geschichte draufschneiden. Mit Lachen hört die Sendung aber auch oft auf.

Wie entstand die Idee zur Sendung?
Das ist schon lange her, 16 Jahre! Damals habe ich ja die Alltagsgeschichten gemacht, da haben sich die etwas alkoholisierten Herren um 12 Uhr in der Nacht bei der U-Bahn-Station ausgeheult bei Mama Spira, dass sie nicht nach Hause gehen wollen, weil da niemand auf sie wartet. Die Frau ist ihnen davon gelaufen, es kocht niemand, bügelt niemand und so.

Da ich eher nicht mitgelitten hab, sondern das eher zum Schmunzeln gefunden hab, hab ich mir gedacht, das wär ja lustig, eine Sendung zu verlassenen Männern (lacht). Das war nur eine Idee, und dann hab ich das dem Hauptabteilungsleiter in der Kultur erzählt, und der hat dann gemeint, er hätte im Sommer gerne eine Staffel dazu. Da war es Mai oder so! Aber wir haben gesagt, OK, wir springen einfach rein! Mit großer Schnappsflasche sind wir oft bis drei oder vier in der Früh gesessen.

Was war damals anders als heute?
Die ersten paar Staffeln waren kürzer, das waren 25 Minuten, jetzt sind es 55. Es ist halt filmischer, wir haben mehr Platz für filmische Sequenzen. Aber sonst ist überhaupt nichts verändert worden. Die Signation – die Musik – die hab ich gehört, und gesagt, das ist es! Und dann hab ich bei Paperbox das Herz gekauft, und angestrichen (lacht). Das hat glaube ich 20,- Schilling gekostet. Es musste eben flott gemacht werden. Und es war klar dass wir die Namen auf die Herzen schreiben, damit auch ganz klar ist, wie komm ich von einer Geschichte in die andere. Musik auf Musik geht nicht, also kamen dann auch die Küsse dazu. Und seit damals ist es das gleich (lacht).

Wie wurde die erste Staffel aufgenommen?
Es waren von Anfang an sehr viel Zuseher, und die Reaktion war sehr gespalten. Das Publikum hat’s geliebt, die kritischen Journalisten haben’s verachtet. Da kam der Vorwurf, dass ich Leute vorführ’. Und populäre Geschichten führen bei kritischen Journalisten ja oft zu Naserümpfen. Hätt’ ich auch gemacht mit 20 (lacht)!

Ist die Kritik an der Sendung heute noch die selbe?
Manche schauen sich die Sendung ja gar nicht an. Und schreiben immer das selbe, oder gar nichts. Einmal kam jemand vom Falter, mit den selben Vorwürfen, und dann hab ich gesagt, können sie das konkret sagen, Sie haben ja sicher die eine oder andere Sendung gesehen. Und dann hat er über einen Film vom Uli Seidl geredet (Anm.: Ulrich Seidl, ein österreichischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Produzent). Und ich hab gesagt, im Unterschied zu Ihnen finde ich den Film hervorragend, aber der ist leider nicht von mir (lacht). Aber mir ist das völlig egal, was die Leute schreiben, solange der Name richtig geschrieben ist.

Fällt das in die Kategorie Fragen, die ihnen schwer auf die Nerven gehen bei Interviews?
Ja, schwerst (lacht). Aber dieses Opfer muss man bei einer populären Sendung bringen. Da muss man durch (lacht).

Wir bedanken uns für dieses interessante Interview!

Zum Bild: Das Liebesg’schichten-Team. Im Bild: Kameramann und Produzent Peter Giczy, Recherchemitarbeit Patrick Untersteggaber, Elizabeth T. Spira, Regieassistentin Jennifer Rezny, Cutterin Tanja Lesowsky (v.l.n.r.) Fotocredits: ORF/Milenko Badzic

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt