Mit dem NichtraucherInnenschutz ist es ja so eine Sache. Während die eine Seite nicht müde wird zu betonen, dass ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen den Untergang der Wiener Kaffeehaustradition bedeutet und zur Untermalung dieses Bedrohungsszenarios auch mal gerne die Gesundheitsgefährdung durch Passivrauch leugnet, greifen Einzelpersonen der anderen Seite, leider allzu oft zur Methode der Denunziation und Anzeige.
Dabei ist es im Grunde so einfach. Passivrauch ist gesundheitsgefährdend, das steht in der wissenschaftlichen Debatte außer Streit. Welche auch immer geartete Empfindung von persönlicher Freiheit kann nicht mehr wiegen als die Gesundheitsgefährdung anderer. Das ist zumindest der Stand der europäischen ideengeschichtlichen Entwicklung seit der Aufklärung.
Ein Rauchverbot in allen, oder zumindest fast allen, öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten (vielleicht könnte man ja RaucherInnenclubs, mit RaucherInnen als Personal zulassen?) müsste die logische Folge sein. Und kein Wunder, in Europa geht die Entwicklung seit vielen Jahren in diese Richtung, fast alle Länder haben ein solches Rauchverbot inzwischen umgesetzt.
Fast alle, denn ein kleines widerständiges RaucherInnenparadies, Österreich genannt, gehört zu den letzten Aufmüpfigen gegen den europäischen Trend zum NichtraucherInnenschutz. Früher oder später wird allerdings auch in Österreich ein generelles Rauchverbot kommen, denn vermutlich wird der EUGH früher oder später zu der Erkenntnis kommen, dass Rauchen in geschlossenen Räumlichkeiten mit dem Gesundheitsschutz der dort beschäftigten ArbeitnehmerInnen nicht vereinbar ist. Dann kommt ein Rauchverbot, dass ist so sicher wie das Amen im Gebet und das Happy End im Märchen.
Jetzt könnte man natürlich auch her gehen und diesem früher oder später ohnehin kommenden Rauchverbot vorgreifen und es gleich selber einführen, wie es viele andere Länder vor uns getan haben. Man kann aber auch in klassisch österreichischer Manier ein Kompromissgesetz beschließen, dass so komplex und in sich widersprüchlich ist, dass es kaum jemand wirklich versteht.
Seit 1. Juli müssen Lokale über 50 Quadratmeter einen eigenen NichtraucherInnenbereich einrichten, wir haben berichtet. Dieser NichtraucherInnenbereich, der räumlich abgetrennt werden musste, muss außerdem größer sein als der RaucherInnenbereich. Es muss sich dabei um den sogenannten Hauptbereich handeln, wobei sicherlich noch in etlichen Prozessen ausgefochten wird, was ein Hauptbereich ist. Ausgenommen von dieser Regelung sind Lokale, die unter 50 Quadratmeter haben. Diese mussten deklarieren, ob sie RaucherInnen- oder NichtraucherInnenlokale sein wollen. Lokale zwischen 50 und 80 Quadratmeter konnten ebenfalls auf den NichtraucherInnenschutz pfeifen, wenn bauliche Gründe die Errichtung eines RaucherInennraums nicht zuließen, beispielsweise aus Denkmalschutzgründen.
Lokale über 80 Quadratmeter mussten ausnahmslos umbauen. Dafür hatten die Lokale jetzt ein Jahr Zeit, diese Frist ist jedoch mit 1. Juli verstrichen. Einige Überraschungen sind auch schon zu verzeichnen, so sind die legendären Wiener Kaffeehäuser Sperl, Rüdigerhof und Central zumindest vorerst einmal NichtraucherInnenlokale.
Sie gesellen sich zu einer immer länger werdenden Liste an NichtraucherInnenlokalen. De Ausnahmen sind schwer zu argumentieren. BesitzerInnen größerer Lokale werden sich gegenüber den kleineren benachteiligt fühlen, mit Klagen ist zu rechnen. Einige sind auch schon anhängig. Insgesamt gibt es in Österreich ca. 70.000 Lokale, für die das neue Gesetz gilt.
Laut Wirtschaftskammer wird in deutlich mehr als 60% der Lokale das Rauchen weiterhin möglich sein. Nur etwas über 20.000 Lokale werden zu reinen NichtraucherInennlokalen werden. Ob sich viel ändern wird, gilt es also erstmal abzuwarten. Denn auch die Kontrolle des Gesetzes ist eine echte Achillesferse. Zuständig sind die Bezirkshauptmannschaften, diesen fehlt es jedoch an Kontrollorganen, die die Lokale kontrollieren könnten. Man verlässt sich deshalb auf Anzeigen von Privatpersonen. Diese sind auch fleißigst dabei Wirte und Gäste anzuzeigen – viele Tausend Anzeigen kamen so bereits zusammen. An sich ist es jedoch ein unwürdiger Zustand für einen Rechtsstaat, sich hier auf Privatpersonen zu stützen. Ein Gesetz braucht von Seiten des Gesetzgebers Personen, die die Einhaltung desselbigen auch kontrollieren. So läuft das in einem Rechtsstaat, zumindest außerhalb Österreichs. Denn mit der momentanen Regelung kommt es zu unangenehmen Situationen. Privatpersonen, die das Recht selbst in die Hand nehmen, hinterlassen einen fahlen Beigeschmack, wenn ihr Anliegen auch noch so gut ist. Die Schuld ist aber weniger bei den Klagenden zu suchen, welche andere Möglichkeit hätten sie denn, um zu ihrem Recht zu kommen? Sondern beim Gesetzgeber. Sollte das österreichische RaucherInennschutzgesetz irgendwann fallen, entweder über die EU Ebene, oder weil es als gleichheitswidrig erkannt würde, dann haben wir überhaupt das totale Chaos.
Diejenigen WirtInnen, die dann bereits in Umbauarbeiten investiert haben, dürfen nämlich auf den Vertrauensschutz setzen. Schließlich haben sie zum Teil viel Geld in die Hand genommen, um den Willen des Gesetzgebers zu vollziehen. Wenn nun ein totales Rauchverbot käme, was würde mit ihren Investitionen passieren? Dürfen sie auf Schadenersatz hoffen? Bekommen sie Schadensersatz? Oder bleiben sie auf ihren Investitionen sitzen, da durch einen dann verstärkten Gesundheitsschutz schlicht niemand mehr bei ihnen arbeiten dürfte? Letztere Lösung kann man wohl zu Recht als unfair ansehen.
Obacht übrigens liebe RaucherInnen, gestraft werden können jetzt auch RaucherInnen die an nicht dafür vorgesehenen Orten rauchen. Strafen bis 100 Euro sind vorgesehen, im Widerholungsfall bis 1000 Euro, sagt das Gesetz. Das Gesetz gilt übrigens nicht nur für Lokale, sondern auch für Clubs, Diskos, Einkaufszentren uvm. Also in Zukunft zweimal überlegen, bevor eine Zigarette im NichtraucherInnenbereich angezündet wird, aus Respekt den anderen gegenüber und gesünder ist es ohnehin auch.