8. April 2019

Die Ära Kreisky Teil 4

Schritt für Schritt (c) STADTBEKANNT

Für eine menschliche Arbeitswelt

Die Sozialdemokratie entstand als Arbeiterpartei. Unter der Alleinregierung von Bruno Kreisky besserte sich erstmals die Lage der Arbeiterinnen und Arbeiter spürbar.

„Bis zum Kreisky warst als Arbeiter der letzte Dreck“, erzählt uns der pensionierte Bauarbeiter Wolfgang (Jahrgang 1943). „Erst in den 70ern sind wir zu etwas gekommen,“ ergänzt Hilda (Jahrgang 1947), der man noch immer die Begeisterung ansieht, wenn sie berichtet, wie sie als Fabrikarbeiterin einst dem Kanzler bei einem Betriebsbesuch die Hand schütteln konnte. Und das nicht ohne Grund.

Kürzere Arbeitszeiten

Ein wichtiges Versprechen der SPÖ war die Einführung der 40-Stunden-Woche. Schon mit Blickrichtung auf die Wahlen 1970 hatte Kreisky gemeinsam mit den sozialdemokratischen Gewerkschaftern ein Volksbegehren dazu gemacht. 890.000 Menschen haben damals ein Zeichen gesetzt und Druck für diese zentrale Reform gemacht. 1975 war es dann endlich so weit: mehr Freizeit für alle. Auch der Mindesturlaub wurde auf 24 Tage angehoben. Diese Maßnahmen bedeuteten eine bessere Lebensqualität mit positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, auf das Familien- und Sozialleben.

Der Krise gegensteuern

Die erste Phase der SPÖ-Alleinregierung fiel noch in eine Zeit des langen Wirtschaftsaufschwungs, die nach dem Krieg günstige Bedingungen für den Ausbau eines „Staats der Wohlfahrt für alle“ (Kreisky) darstellte. Dieser Spielraum wurde auch genutzt. Wichtige Reformen waren die Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall, die Pflegefreistellung und die Gesundheitsvorsorge u.a.

Doch die erste schwere Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit trifft 1974 auch Österreich. Die Vollbeschäftigung war dadurch erstmals bedroht. „Arbeitsplätze erhalten – neue schaffen“ lautete das Motto dieser Jahre. Der Staat übernahm eine zentrale Rolle zur Belebung der Wirtschaft mit öffentlichen Aufträgen und Infrastrukturprojekten. Die starke Verstaatlichte Industrie ermöglichte dieses gezielte Gegensteuern zur Krise. Das Motiv dieser aktiven Arbeitsmarktpolitik fasste Kreisky einmal in einer Rede so zusammen: „Ein paar Milliarden mehr Schulden bereiten mir weniger schlaflose Nächste als hunderttausend Arbeitslose.“

Mitbestimmung

Diese Reformpolitik wurde getragen von der direkten Einbindung durch die Gewerkschaften und Betriebsräte. Ein neues Arbeitsverfassungsgesetz festigte die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte. Für die Lehrlinge wurde mit dem Jugendvertrauensrat eine eigene Interessensvertretung eingeführt, die nur durch massiven Widerstand gegen die Pläne der schwarz-blauen Regierung verteidigt werden konnte.

Die Zurückdrängung des Einflusses der Arbeitnehmervertretungen in der Sozialversicherung oder bei der Regelung der Arbeitszeiten ist zentrales Vorhaben der heutigen Regierung, mit dem Ziel die Errungenschaften im Bereich der Arbeitswelt und des Sozialsystems von früher wieder Schritt für Schritt rückgängig zu machen.

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