29. März 2019

Die Ära Kreisky Teil 3

Sozialstaat Zitat Fred Sinowatz (c) STADTBEKANNT

Gleiche Chancen für alle Kinder

„Wissen ist Macht“, zumindest eröffnet es die Chance auf ein besseres Leben. Als Kind der Ära Kreisky weiß ich aus eigener Erfahrung, wie viel Hoffnungen mit dem freien Zugang zu höherer Bildung verbunden waren.

Auf einem Wahlplakat der SPÖ aus den 1970ern hieß es: „Fortschrittliche Bildung, Aufstieg für jeden, alle sollen es besser haben.“ Die Idee eines modernen Österreichs war eng verknüpft mit einer Bildungsoffensive. Viele glaubten daran und waren sich sicher, dass ihre Kinder einmal nicht mehr am Bau oder in der Fabrik hackeln müssen, sondern einen angenehmeren Job in einem Büro haben würden.

Hürden beseitigen

Schon in der ersten Alleinregierung unter Kreisky werden wichtige Weichen gestellt, wie die Schülerfreifahrt und dann die symbolträchtige Schulbuchaktion (das „Gratis-Schulbuch). Dazu kam, dass die Aufnahmetests an Gymnasien abgeschafft wurden. Damit wurden handfeste soziale Hürden auf dem Weg zur Chancengleichheit eingerissen, an denen bis dahin viele Kinder aus Arbeiterfamilien gestrauchelt sind. Unterstützt wurde das durch den Bau von 200 neuen Schulstandorten in Bezirkshauptstädten. Das Motto lautete damals, dass alle Kinder die gleichen Chancen haben sollten.

Freier Uni-Zugang

Auch die Universitäten sollten geöffnet werden. Mit der Uni-Reform 1972 wurden die Studiengebühren abgeschafft. Der Ausbau des Stipendiensystems sollte Arbeiterkindern ein Studium erleichtern. Wenig später folgte eine Demokratisierung der Hochschulen, die auch den Studierenden Mitbestimmung ermöglichte.

Die Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg wurde zu einer treibenden Kraft für die Förderung von Mädchen im Bildungssystem. Erstmals wurde die Koedukation von Buben und Mädchen in allen öffentlichen Bildungseinrichtungen durchgesetzt. Der Effekt dieser Politik ist heute spürbar, wo mehr junge Frauen einen akademischen Abschluss schaffen als ihre männlichen Kollegen.

Neuer Darwinismus

Viele Kinder aus bis dahin „bildungsfernen Schichten“ konnten nun eine höhere Bildung erwerben. Völlige Chancengleichheit konnte durch diese Reformen nicht hergestellt werden. Noch immer wirkt sich die soziale Herkunft stark auf den späteren Bildungsweg aus. Die Auslese in den Schulen benachteiligt noch immer vorrangig Arbeiterkinder. Und diese Tendenz will die schwarz-blaue Bundesregierung gezielt befördern. Schon 2003 sagte Kreiskys Unterrichtsminister Fred Sinowatz in Reaktion auf Schwarz-Blau I: „Und das Prinzip der Sozialstaatlichkeit – allen Menschen die gleichen Chancen zu einem selbstbestimmten Leben zu ermöglichen – wird durch einen neuen Darwinismus ersetzt. Der Sozialstaat wird wieder zu einem Nachtwächterstaat gemacht”.

Die Ära Kreisky

Die Ära Kreisky Teil 1: Gleichberechtigung
Die Ära Kreisky Teil 2: Fristenlösung
Die Ära Kreisky Teil 3: Bildung

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