Geschichten aus Wien
Wie weit Werbung zu gehen bereit ist um ein paar Euro mehr einzuspielen, wird dieser Tage anhand der Kampagne einer Getränkefirma brutal aufgezeigt.
Heutzutage ist das Leben äußerst kompliziert und voller Optionen: Wir könnten jederzeit in ein Flugzeug nach Timbuktu steigen und dort ein neues Leben beginnen. Lebens- und Sexualpartner sind stets verfügbar wie Sand am Meer. Der Job wird sowieso gewechselt wie die Unterwäsche. Glücklicherweise gibt es auch noch simplere Dinge des Lebens. Wie zum Beispiel das Prinzip der Ernährung: Bei aufkommendem Durst wird ein Getränk nach Wahl konsumiert – so einfach war das bisher. Doch nun droht auch der einst so harmlose Akt des Durstlöschens zu einem politischen Statement zu werden. Eine deutsche Smoothiemarke (wir nennen den Namen nicht, in dem verzweifelten Versuch, diese nicht noch weiter zu unterstützen, als wir es eh schon tun) steigt in den österreichischen Markt ein und tapeziert prominente Teile der Stadt mit ihren Werbeslogans voll. Bei diesen dreht es sich nicht um normale Werbelügen der Bauart „industriell produzierte Smoothies sind gesund und machen schlank“ (wer es noch nicht weiß: der Zuckergehalt übersteigt bei den meisten dieser Getränke locker jenen von Coca-Cola), sondern um politische Botschaften der Marke „Schafft es selten über die Grenze“ oder „Noch mehr Flaschen aus dem Ausland“. Das soll angeblich Kritik an der europäischen Flüchtlingsproblematik signalisieren. Machen wir uns das deutlich: eine deutsche Smoothiefirma will Geld in Österreich verdienen – so weit, so gut. Die Marketingabteilung sitzt also zusammen und beratschlagt, mit welchen Statements die größtmögliche Aufmerksamkeit im kleinen Österreich erreicht werden kann – absolut in Ordnung. Die Flüchtlingstragödie zu missbrauchen, um mehr Saft zu verkaufen (= Geld einzunehmen) und das dann noch als gesellschaftspolitisches Statement zu deklarieren, ist aber derart geschmacklos, dass man sich nun nicht einmal mehr vor dem anstehenden Wahlkampf fürchten muss.
Werbung der anderen Art
Tagtäglich sterben Menschen, die vor Krieg und Armut aus ihrer Heimat flüchten. Wie zynisch ist unsere Gesellschaft mittlerweile geworden, dass eine an nichts anderem als Gewinn orientierte Firma diese Tragödie missbraucht, um mehr Obstsäfte zu verkaufen? Am schlimmsten ist, dass wir alle darauf reinfallen und mit jedem Twitterpost und Artikeln wie diesem dafür sorgen, dass noch mehr Euros nach Deutschland wandern. Die Marketingabteilung hat ihre Hausaufgaben gemacht, aber Karmapunkte gibt´s dafür keine. Jeder, der im Supermarkt bewusst nach einem anderen Kracherl greift, wird in mein Abendgebet eingeschlossen.
Susanne Krainhöfner
ich glaube, dass ihr die werbung total falsch versteht, meiner meinung nach soll das ein (im kontext smoothies ein wenig überraschendes) politisches statement sein, dass braun (= NAZI) keine option ist… die wählen, so wie wir, bald, und wollen zeigen, dass es zwar schwarz-rot-gold in österreich geben soll (als getränke-option zu rot-weiß-roten optionen), aber eben keine grässlichen anderen politischen alternativen geboten werden… aber vielleicht versteh ICH das ganz falsch…
Nicht mit mir
Ich sehe das genauso wie der Autor. “Noch mehr Flaschen aus dem Ausland” und “Schafft es selten über die Grenze” klingt schon nach der Flüchtlingsproblematik und ziemlich provokant. Ich werde sicher nichts von denen kaufen. Ist mir definitv zu unmoralisch!