13. Mai 2010

Der um den Bonus tanzt

Endlich trifft es einmal die richtigen, so der fast einhellige mediale und öffentliche Tenor zur Ankündigung des britischen Schatzkanzlers (Finanzminister) Alistair Darling, die Boni von Bank-Managern über 25.000 britischen Pfund (27.600 Euro) mit 50 Prozent zu besteuern. Dass nun endlich die zur Kasse gebeten werden, die die Finanzkrise verschuldet haben bringt dem angeschlagenen Labour-Minister sicher einiges an Popularität. Die kann er für das Wahljahr 2010 auch brauchen wie einen Schluck Wasser in der Sahara, hinkt Labour doch in den Meinungsumfragen den Konservativen Torys immer noch hinterher.

Der richtige Zeitpunkt also um einen ordentlichen Schuss Populismus loszulassen. Mehr als das kann es auch kaum sein, sieht man sich die Inkonsistenz britischer Politik in Bezug auf eine verstärkte Regulierung der Finanzbranche an. Während es vor allem Beton aus London war der weit reichende Kompetenzen für die Anfang Dezember auf Schiene gebrachte neue EU-Finanzaufsicht verhinderte, forderten der britische Regierungschef Gordon Brown und sein französischer Amtskollege Nicolas Sarkozy im Wall Street Journal vollmundig eine stärkere Kontrolle der Banken. Was nun?!

Ein echter politischer Schwenk, weg vom Musterland der unkontrollierten Bankenliberalisierung sieht anders aus. Man ahnt, da steckt mehr dahinter und es steckt. Neben überlebensnotwendigem Stimmenfang für die Labour Party geht es auch für den gesamten britischen Staat ums Eingemachte.

Nichts weniger als Großbritanniens Status als Wirtschaftsgroßmacht ist ernsthaft in Gefahr. Die britische Wirtschaft wird in diesem Jahr um geschätzte 4,75 Prozent schrumpfen. Als einziges Land unter den G-20 steckt man noch in der Rezession. Lag Albion im Jahre 2005 noch am vierten Platz der wirtschaftskräftigsten Staaten der Welt hinter den USA, Deutschland und Japan rechnete das Centre for Economics and Business Research mit einem Abflug aus den Top-10 bis 2015. Überholt würden die Briten von Ländern wie Brasilien oder der ehemaligen Kolonie Indien. Kurzfristiger ist das Triple-A-Rating des Staats in Gefahr. Erst diese Woche Stufte Moodys die britische und US-amerikanische Bonität laut einem Spiegel-Online-Bericht als „belastbar“ ein, nur noch eine Stufe über „anfällig“ und auch diese Einschätzung erscheint manchen Analysten noch zu rosig.

Die, momentan bis April befristete, Banker-Steuer hat also auch den Zweck kurzfristig Geld in die gähnend leeren Staatskassen zu spülen. Ob sie diesen Zweck mit einem kalkulierten Einspielergebnis von 550 Millionen Pfund (608 Millionen Euro), angesichts eines Staatsdefizits von fast 13 Prozent erfüllen kann darf getrost bezweifelt werden. Es handelt sich eher um einen Tropfen aufs offene Feuer, als um eine substantielle Sanierung – vor allem im Vergleicht zu den 850 Milliarden Pfund (940 Milliarden Euro) die zur Bankenrettung ausgegeben wurden. Umso aberwitziger stellt sich Darlings Plan dar das Defizit innerhalb von nur vier Jahre mehr als zu halbieren.

Weit hat sich der britische Finanzminister damit aus dem Fenster von Her Majesty’s Treasury gelehnt. In den nächsten Monaten hat er Zeit zu beweisen ob die Zeiten des schrankenlosen Laissez-faire im Finanzbereich vorbei sind oder ob er den britischen Untergang nur in populistischer Tonart begleiten wollte.

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