17. Mai 2011

Der stadtbekannt Web-Tipp (XII): Kobuk der Medienwatchblog

Wien ist in dieser Serie keinesfalls als geschlossenes System zu sehen, ein Fokus in den vorgestellten Projekten auf das Leben in Wien sollte zwar feststellbar sein, dass sich fast jede/s Blog/ Homepage/ Sonstiges auch mit anderen Dingen als nur mit Wien beschäftigt, versteht sich dabei aber von selbst.

www.kobuk.at

Kobuk liest Zeitung und schaut fern. Denn Kobuk ist der österreichische Medienwatchblog. Was BildBlog in Deutschland vorgemacht hat, setzte Helge Fahrnberger im Rahmen einer Lehrveranstaltung am Publizistik Institut für Österreich um. Der Name Kobuk ist derjenige, den Helmut Qualtinger einst einem fiktiven „Eskimo-Autor“ gab. Zur Ankunft des fiktiven Autors am Wiener Westbahnhof wurden zahlreiche JournalistInnen eingeladen. Als Kobuk stellte sich dann aber Helmut Qualtinger heraus, der die Journalisten zum Narren hielt, die ob ihrer Leichtgläubigkeit und dem Wunsch die sensationelle Story glauben zu wollen, reihenweise hereingelegt wurden.

Inzwischen ist Kobuk, der Blog nicht der Autor, bekannt wie ein bunter Hund, man gewann das FM4 Blogranking und wurde auch ansonsten mit Auszeichnungen überhäuft. Sie jetzt auf stadtbekannt als Webtipp zu präsentieren, ist eigentlich wie Eulen nach Athen zu tragen, aber irgendwann muss es eben sein, weil sie es sich verdient haben.

Wir haben zwar in den Anfangstagen von Kobuk bereits über die Seite berichtet, aber Kobuk ist nun einmal ein Webtipp, jetzt auch amtlich.

Neues bei Kobuk

Seit unserem letzten Bericht hat sich viel getan. Der Blog ist längst kein Nischenprodukt mehr, sondern spätestens seit dem 1. Dezember des Vorjahres im Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit angelangt. Ein Kobuk Bericht über einen Kronenzeitungsartikel unter dem Titel „Wie die Kronenzeitung das Volk verhetzt“ erhielt auf Facebook über 3.000 Likes und wurde 174 mal getweetet (Stand 31.1.2011). Die schiere Masse an Menschen, die der Bericht erreichte, ist für einen österreichischen Blog mehr als nur beeindruckend und auch ansonsten gab es breite mediale Berichterstattung darüber.

Worum ging es? Die Kronenzeitung berichtete, dass ein Rentner, der beim Rasenmähen fröhlich gejodelt hätte, von seinen muslimischen Nachbarn, die er im Gebet gestört hätte, verklagt und schließlich zu einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt worden wäre. Wie Kobuk aufdeckte, verhielt es sich eigentlich ganz anders. Der Rentner dürfte über ein Jahr lang, immer wieder das Gebet der Nachbarn, durch Rasenmähen, Jodeln und andere Aktivitäten gestört haben. Die Anzeige wurde nicht von den Nachbarn, sondern von der Staatsanwaltschaft, nach Sachverhaltsdarstellung der Polizei eingebracht. Verurteilung gab es auch keine, vielmehr kam es zu einer Diversion und einer daraus resultierenden Geldstrafe für den Rentner.

Was man beim großen Erfolg von Kobuk leicht übersieht ist die Tatsache, dass die Beiträge nicht von journalistischen Vollprofis stammen, sondern das Projekt vielmehr der Lehrveranstaltung Multimedia-Journalismus des Wiener Publizistik Instituts entstammt. Neben den StudentInnen gibt es noch einige GastautorInnen, hier kann man sich einen Überblick verschaffen. Wer möchte kann auch selbst Hinweise an Kobuk geben.

Der nicht professionelle Hintergrund der meisten AutorInnen bei Kobuk hindert vernünftigerweise arrivierte JournalistInnen nicht, über Kobuk zu berichten, bzw. auf Rechercheergebnisse von Kobuk hinzuweisen. Die Reaktionen Rubrik auf Kobuk gibt Auskunft über die zahlreichen bisherigen Medienberichte.

Nachteile

Kobuk ist ein Blog und wird nach den jeweiligen Möglichkeiten der AutorInnen befüllt. Haben sie mehr Zeit gibt es mehr Artikel, bei weniger Zeit weniger Artikel, schließlich betreiben sie das Projekt in ihrer Freizeit. Heuer gab es dementsprechend beispielsweise erst 10 Beiträge, im Dezember waren es deutlich mehr, die Prüfungszeit auf der Uni wird hier wohl ihre Opfer fordern.

Neben diesem „Problem“ gibt es nur weniges was an Kobuk zu bemängeln wäre. Die Kategorien auf der Homepage sind etwas unübersichtlich, eine übersichtlichere und etwas aufgeräumtere Präsentation, würde die Navigation erleichtern. Persönlich stört mich inhaltlich nur ein Umstand nämlich, dass es neben den vielen bereichernden Beiträgen, bei manchen Artikeln eine gewisse akademische i-Tüpferlreiterei gibt, der ich wenig abgewinnen kann. Die Fotolia Bilder des Kurier zu zählen, Rechenfehler aufzuzeigen, oder Rechtschreibfehler zu finden, wären aus meiner Sicht nicht die allerdringlichsten Aufgaben eines Medienblogs, gerade wenn man den Zustand der heimischen Medien bedenkt. Ein Medienblog wird an sich selber ja immer auch den Anspruch stellen, die Arbeit etablierter Medien durch die Kritik zu verbessern, als Kontrollinstanz zu bewirken, dass sorgfältiger und damit besser gearbeitet wird. Wenn man das Pferd nun von hinten aufzäumt, also mit dem Unwichtigsten beginnt, nimmt man sich aus meiner Sicht selbst den Stachel der Kritik

Fazit

Gerade für ein Projekt, das auf dem freiwilligen Einsatz basiert, ist es aber natürlich nicht möglich, stets nur die ganz großen Sauereien aufzudecken. Umso bemerkenswerter, dass es Kobuk trotzdem in bemerkenswerter Regelmäßigkeit gelingt.

Kobuk bereichert die österreichische Blogospäre enorm und nimmt eine zutiefst verdienstvolle und notwenige Korrektur-, Kontroll- und Kritikinstanz gegenüber den etablierten Medien ein.

Hoffentlich gelingt es dem Projekt noch lange und zukünftig vielleicht sogar noch besser diese Korrekturfunktion wahrzunehmen.

Kobuk findet ihr auf deren Homepage, auf Facebook und Twitter, ein RSS Feed geht uns hingegen noch ab.

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt