14. Februar 2017

Der Kasperl – Ein echter Wiener geht nicht unter

Haekel Puppen (c) STADTBEKANNT Mautner

Kinder, seid Ihr alle da?

Immer wieder ist von der “Wiener Art”, der “Wiener Seele” die Rede. Demnach sei ein Wiener stur, eigensinning, immerzu raunzend aber auch melancholisch und morbid, ganz nach Kurt Sowinetz: „Alle Menschen san ma zwider“. Doch das muss nicht sein! Wir sollten alle ein bisschen mehr Kasperl sein. Der Kasperl, der letzte echte Wiener.

Wien war schon immer eine Großstadt mit Hof und im ausgehenden 18. Jahrhundert durch den Katholizismus geprägt. Damit lässt sich auch erklären, dass es hier die ersten stehenden Theater gab. Das erste stehende Theater war das Kärntnertor-Theater, hier spielte Josef Anton Stranitzky, unter anderem auch den berühmt berüchtigten Hanswurst, eine Art Vorfahre des Kasperl, wie wir ihn heute kennen. Dieser war aber im Gegensatz zum heutigen Kasperl ein eher tollpatschiger Geselle und von derbem Schlag. Der Witz lag also mehr in Obszönitäten. Die Stegreifkomödien nannte man Haupt- und Staatsaktionen.

Doch wie wurde aus einen obszönen Tollpatsch wie dem Hanswurst, der ewig-gute und gewitzte Kasperl? Der Grund dafür könnte aktueller nicht sein: Zensur. Irgendwann wurde das frivole Treiben einigen Obrigkeiten zu bunt und die Causa gipfelte im sogenannten Hanswurststreit. Theater sollte wieder lehren, mehr noch, es sollte wieder belehren. Die Geburtsstunde des Kasperls. So entstand eine Figur, welche zwar immer noch lustig sein wollte, doch nichts mehr mit dem Lebemann-Image eines Hanswurst am Hut hatte.

 

Den Kasperl mag  jeder, sogar Hegel

Das Kasperltheater wie wir es kennen, entstand mit dem Tod von La Roche, dem wohl berühmtesten Darsteller der Kultfigur. Er wurde zum Touristen-Highlight seiner Zeit, sogar der große Philosoph Hegel hat sich das Kasperltheater angesehen. Selbst dieser trockene, oftmals griesgrämige Herr kam dem Charme des Kasperls nicht aus. Doch wann wurde der Kasperl zum Fernsehstar viel mehr noch, zum Kinderstar?

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als aus dem Kasperltheater immer mehr  Wandertheater und die Schauspieler immer mehr zu Puppenspielern wurden, schwappte ein aus München kommender Trend, stehende Puppentheater eigens für Kinder zu konzipieren, nach Österreich über.

Doch selbst der Kasperl hat dunkle Kapitel der Geschichte geschrieben. Mit dem aufkeimenden Nationalismus färbte sich auch der eher politisch neutrale Kasperl zunehmends braun ein. Im Zuge dessen prägten der Kasperl  vor allem althergebrachte, rassistisch kolonial-imperialistisch angehauchte Klischees. So fanden sich unter den Puppen auch der Jude, der Neger, der Türke oder Chinese wieder. Der Kasperl quasi als  »brauner« Propagandist.

 

Der Kasperl wird zum Fernsehstar

Bis 1957 mussten Kinderherzen warten, bis zum ersten Mal der Kasperl wie wir ihn kennen über den Bildschirm flimmerte. Aus dem erwachsenen Mann mit Hang zur Fäkalkomik der allerlei Schabernack trieb, wurde ein Kind, ohne Frau aber mit Großmutter, respektive kindlich geschlechtsneutraler Freundin samt klassischem Essemble. Der Hexe, der Polizist, der Räuber und natürlich die Prinzessin. Bis heute begeistert er Kinder und so manch Junggebliebenen, denn in diesem Fall gilt wirklich: ein echter Wiener geht nicht unter.

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