24. Januar 2011

Das Wort zum Tatort vom 23.1.2011 – „Heimatfront“

Eine Kunststudentin wird während des Videodrehs ihrer (etwas lächerlichen) Performance von einem Scharfschützen erschossen. Erste Ermittlungen ergeben: die junge Dame war auf einer Antikriegs-Mission und verwendete in ihren Installationen gestohlene Videos von Traumatherapiesitzungen vierer aus Afghanistan zurückgekehrter Soldaten. Klar, dass die sauer sind – und wie es der Zufall will: alle vier sind Scharfschützen.

Vier wie Pech und Schwefel

Die weiteren Ermittlungen konzentrieren sich also auf die vier jungen Herren im Tarngewand, von denen jeder aus Afghanistan sein ganz persönliches „Vietnam-Trauma“ mitgebracht hat: Weitershagen, der Ranghöchste, kommt mit seinem Machtverlust nicht klar und terrorisiert deshalb sein Umfeld. Böcklin, Typ „zittriger Milchbubi mit einem Faible für Killerspiele aus den 90ern“ wohnt nach dem Krieg bei Mutti. Der dritte im Bunde, Millbrand, ist schwer aggressiv und alkoholabhängig, hat aber trotzdem als einziger eine Waffenbesitzkarte für eine Handfeuerwaffe und ein Scharfschützengewehr. Und der vierte ist der Kriegsinvalide Laroux, der als einziger zur Therapie geht und Pläne für ein neues Leben mit Frau und Kind hat. Alle vier gemeinsam haben sie mangelnde Zukunftsaussichten: wer nichts kann außer töten wird höchstens mal Wachmann im Kaufhaus. Und noch etwas haben sie gemeinsam: sie können schweigen.

„Das ist ne Scheiße mit der Scheiße“

Die nächsten anderthalb Stunden schwanken zwischen klischeegebadeten Figuren und Dialogen, Kriegsheimkehrer-Pathos und Ungereimtheiten. Nachdem dann hoffentlich alle kapiert haben, dass Soldaten nach der Rückkehrt von völliger Perspektivenlosigkeit erwartet werden, löst sich der Krimi überraschend einfach auf: die Kunststudentin hatte ein Verhältnis mit Böcklin, trennte sich dann aber um wieder mit ihrem Exfreund, Typ „kiffender Kriegsgegner“, zusammenzukommen. Das war leider zu viel für den labilen Burschen – ganz klar, die Frau musste sterben.
Der finale Showdown in der Kiesgrube, in welcher sich Böcklin und Weitershagen verschanzt haben – ein Kommandant lässt eben seine Leute nicht im Stich – kam etwas überzogen daher. Dass Hauptkommissar Kappel noch ins Fadenkreuz des durchgedrehten Weitershagen gerät und der deshalb vom SEK mit dem finalen Rettungsschuss getötet werden muss schien leider sehr erzwungen.

Fragen über Fragen

Der Tatort wollte wohl einige (uralte) Fragen aufwerfen: Wer sind eigentlich jetzt die Bösen? Die kiffenden und feigen Kriegsgegner? Oder etwa doch die braven Soldaten, die für ihr Land ihr Leben riskieren und nach dem Einsatz – eh schon schwer traumatisiert – auch noch als Mörder bezeichnet werden? Können Soldaten überhaupt wieder in die Zivilgesellschaft eingegliedert werden? Und wie ist die moralische Lage mit dem „finalen Rettungsschuss“, der dann Gott sei Dank auch noch in die Debatte eingebracht wurde? Alles in Allem ein schwieriges Thema mit vielen Schwächen umgesetzt – die Mandatsdebatte in Deutschland wird er aber wohl trotzdem noch weiter anheizen.

Die diesjährigen Tatort Rezensionen:

9.1.2011 – "Unter Druck"
2.1.2011 – „Tödliche Ermittlungen“
16.1.2011 – „Der schöne Schein“

Im Topkino gibts übrigens jeden Sonntag ein Tatort Public Viewing – bei freiem Eintritt und mit dem Highlight Snipcard Täterraten, bei dem es auch noch Freigetränke zu gewinnen gibt. Snipcards findest du an diesen Standorten.

Raphael Maria Dillhof

„Es scheint so, dass in unserer Kultur das Leben dasjenige ist, was nicht definiert werden kann, aber gerade deswegen unablässig gegliedert und geteilt werden muss." (Agamben)

2 Kommentare

  1. Bundeswehrler

    24. Januar 2011

    War der Tatort gut?
    Ich bin mir ja nicht so sicher. Erstaunlich unlogisch war das alles, wirkte wie eine Kopie von RamboI(kein schlechter Film),aber eben nur eine Kopie.

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  2. nonna

    24. Januar 2011

    mann
    komplett überzeichnet, alles. die völlig übertriebenen und unprofessionellen traumasitzungen, die weirde kunstperformance und die peinliche 4-personen demo.

    Reply

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