Ein Stück Wiener Stadtgeschichte

Einer Legende nach schlich nachts eine große weiße Katze über die Dächer der Häuser in den eng bebauten uralten Gassen des ersten Bezirks. Jeder, der sie erblickte, soll vom Pech verflucht worden sein. Eine Giftmörderin, die am eigenen Gift verstarb, soll in Gestalt der weißen Katze weiterleben. Bis heute ranken sich Geschichten um das Haus in der Seitenstettengasse 6 und kaum ein Mieter bleibt für längere Zeit.

Bereits im 16. Jahrhundert stand in der Seitenstettengasse, Ecke Rabensteig, ein deutlich kleineres Haus, das aus ungeklärten Gründen Feuer fing und bis auf die Grundmauern niederbrannte. Auf seinen Ruinen wurde das nächste erbaut und stürzte 1590 während eines Erdbebens in sich zusammen. Lange Jahre blieb der Platz leer und unbebaut, obwohl er mitten im schon damals dicht besiedelten Ruprechtsviertel liegt.

Das Gespensterhaus am Katzensteig

Schon Anfang des 17. Jahrhunderts schrieb der Dichter Hans von Tabarelli die Erzählung „Das Gespensterhaus am Katzensteig“. „Als auf dem Kienmarkt während einer totalen Mondfinsternis ein Grosfeuer ausbrach, wurde das Haus fast bis auf den Grunt vernichtet“ webt er das erste historisch belegte Schicksal in seinen Roman ein. Es läßt sich mit modernen astronomischen Methoden leicht nachweisen, daß es am 6.September 1522 wirklich zu einer 47minütigen totalen Mondfinsternis in Wien gekommen ist! Erst 1825 wurde das frühneuzeitliche Haus abgerissen, der Schutthaufen blieb Jahrzehnte unberührt, während ringsherum langsam die Prachtbauten hochgezogen wurden, die bis heute das Bild des Ersten Bezirks prägen.

Katzensteighaus (c) STADTBEKANNT
Katzensteighaus (c) STADTBEKANNT

Spukhaus im Ruprechtsviertel

Früher stichte der schlichte, schmucklose Jahrhundertwende-Altbau durch seine düstere Ausstrahlung, seine leeren, schwarzen Fenster und heruntergekommene Fassade zwischen den reich verzierten Prachtbauten in seiner unmittelbaren Umgebung hervor. In den oberen Stockwerken fehlten Fensterscheiben, Putz bröckelte auf den Gehsteig, es schien, als sei das Objekt sich selbst und der Zeit überlassen. Der Verein „Vienna Ghosthunters“ hat sich bereits mehrmals auch in Zusammenarbeit mit Physikern in das sogenannte Katzensteighaus gewagt. Wenn überhaupt, war bei den Forschungsarbeiten lediglich eine Wohnung vermietet, die Ladenlokale und die restlichen Räume standen offenkundig seit langem leer. Weshalb aber verfiel ein großes, nutzbares Gebäude in bester Lage zunehmend? Warum sind Teile des Kellers verschüttet und zugemauert? Und was hat es mit den verwinkelten Gewölbe tief unter der Straße auf sich?

Katzensteighaus (c) STADTBEKANNT
Katzensteighaus (c) STADTBEKANNT

Magnetische Strahlungen

Zwischen roten Backsteinen, Spinnweben und Geröll führte ein feuchter, hölzerner Handlauf hinab in den gestampften Erdkeller. Es war absolut still, die Verwinkelungen, kleinen Erker und niedrige Bauweise verschluckt jedes Geräusch. Am auffälligsten war ein alter Stuhl, der mitten in einem der Gewölbe stand; seit Jahren unberührt. Die Sitzfläche war längst herausgebrochen, dicke Spinnweben wucherten um Lehne und Beine. „Der Stuhl strahlt deutlich meßbare Magnetwellen aus“ berichten zwei Wissenschaftler, die unabhängig voneinander in zwei Jahren ausgiebige Messungen im Keller des Hauses durchgeführt haben. Generell lassen sich im Keller magnetische Strahlungen feststellen, deren Herkunft aber unbekannt ist. Weder technische Geräte noch alte Stromkabel könnten für das Feld verantwortlich sein – der Keller ist nämlich gar nicht mit elektrischem Strom versorgt. Aber wie kann der hölzerne Stuhl strahlen?

Die Gruppe stößt auf den verrammelten Zugang zu einem noch tieferen Keller. Bauschutt und Müll türmten sich vor einem eilig zugemauerten Türbogen. Hier endet die erste Forschung. Wie so oft hat jede Antwort tausend neue Fragen aufgeworfen.

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