28. August 2019

Das gehört verboten!

Verbot - Coffe to go (c) STADTBEKANNT

„Der Mensch ist gut, oba de Leit‘ san a G’sindl.“ (Nestroy)

„Man sagt, daß vereinte Masse kein Gewissen hat – und das ist wahr genug; gewissenhafte Menschen aber verbinden sich zu einer Vereinigung mit Gewissen. Das Gesetz hat die Menschen nicht nur ein Jota gerechter gemacht; gerade durch ihren Respekt vor ihm werden auch die Wohlgesinnten jeden Tag zu Handlangern des Unrechts.“ (Thoreau)

„Die Menschen sind ein Trottel.“ (Zirkowitsch)

Verzicht adelt den Menschen seit jeher. Während man heutzutage auf Flugreisen, Kunststoff und Hass verzichten soll, waren es früher menstruierende Frauen, die achtlose Aussprache des Namens Gottes (welcher?) und Erdäpfel. Der Verzicht, die Unterwerfung unter ein Regelwerk macht frei. Religionen machens uns vor! Und im Gesetz verdichtet sich der Verzicht zum Verbot.
Und um euch zu befreien, plädiere ich für ein weiteres Verbot: Nie wieder Coffee to go! Es ist eine unsinnige, garstige und hässliche Angewohnheit aus Kunststoff- und Pappbechern im Rennen zu trinken.

Unschöne Szenen

Franziska Bienenkorff-Schütter hastet ins Büro. Ihr Bleistiftrock rutscht bei jedem ihrer ausladenden Schritte gefährlich nach oben, aber sie muss pünktlich sein. Es fiel ihr heute besonders schwer aufzustehen. Sie wäre besser nicht so lange wachgeblieben und hätte Elementary geschaut, aber es war einfach zu spannend, in welchen gewagten Outfits sich Lucy Liu in der nächsten Szene zeigen würde. Zum Glück liegt auf ihrem Arbeitsweg die kleine Bäckerei einer großen Handelskette. „Einen doppelten Espresso tu goh bittä“, ruft sie der Verkäuferin schon beim Betreten des Geschäfts zu. Den integriert sie jetzt gleich in ihren Stoffwechsel. „Mmmhhh“, denkt sie. Hastig wirft sie der schlecht bezahlten Frau hinter der Theke die Münzen zu und läuft weiter. Doch da passiert es. Beim ersten Schluck verbrennt sie sich, lässt brüllend den leicht muffig riechenden Pappbecher fallen, wodurch sich der Rest des Inhalts auf ihre nudefarbene Bluse ergießt. Ein weiterer, markerschütternder Schrei gellt durch die Innenstadt von Wien. Das Meeting um 9:00 Uhr kann sie vergessen. „Lustig“, denkt sie. Gestern Abend vor der Glotze hatte sie das frühe Meeting auch vergessen und kickt den zerbeulten Becher vergnügt ins Rinnsal. Mit Verbrennungen zweiten Grades macht sie also halt in einer Boutique und kauft schnell eine Bluse, die nicht zum restlichen Outfit passt. Egal, denn die Salbe aus der Apotheke, mit der sich in hummerfarbenes Dekolletee noch einschmieren wird, verklebt den Fetzen ohnehin.
Schlimm, wie weit Menschen sich erniedrigen nur um bitteren, schwarzen Sud in sich zu pressen. Vor allem aber hässlich, wenn sie es tun. Der lagerraumgeruchbehaftete Becher, der Kunststoff, der noch 400.000.000.000.000 (nicht recherchiert vom Autor; Anm.) in der Erde liegt, die gottverdammten Lippen zum Schnabel geschürzt über den Plastikzutz gestülpt, … Mag sein, dass es ein Recht auf Selbsterniedrigung gibt. Jedenfalls aber habe ich ein Recht, das nicht mitansehen zu müssen.

Probiers mal mit Gemütlichkeit!

Wie anmutig und schön ist es hingegen Menschen in Kaffeehäusern und Schanigärten zu sehen. In aller Rechtschaffenheit und Behaglichkeit sitzen sie da und nippen an ihren Heißgetränken aus Keramikgefäßen.
Lässig zeigen sie der Welt, dass es nie auf zehn Minuten ankommt. Und das bekommt auch der Gesundheit. Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Menschen, die mehrmals täglich einkehren, länger und glücklicher leben.
Jetzt mag man einwenden, dass es daran liegt, dass diese Menschen nicht darunter leiden, meinen missbilligenden, strafenden, nach einem Verbot lechzenden Blicken ausgesetzt sind, die bestimmt schädlich sind, aber ich bin ja nur ein kleiner Mensch. Damit dieser Einwand irgendwie seine Berichtigung findet, müssen wir zusammenarbeiten. Ächten wir die To-Go-Kultur! Gemeinsam.

Nutzen

Es wird sich positiv auf meine Gesundheit auswirken, Müll vermeiden und den zwischenmenschlichen Umgang auf eine neue, dem Weltraumzeitalter angemessene Ebene befördern.
Und wenn Franziska Bienenkorff-Schütter das erst einmal einsieht, wird man auch sie bald befördern. Zum Junior Executive Adviser Merger Analyst oder was. Oder können sie sich eine Junior Executive Adviser Merger Analyst vorstellen, die ständig eine Spur von Kebap-Bestandteilen hinter sich herzieht, weil sie auch den immer im Gehen in ihren gierigen Finance-and-Business-Rachen würgen muss?

1 Kommentar

  1. Rana

    7. September 2019

    Schöne Geschichte und ja, im Kaffeehaus kurz sitzen und den Kaffee genießen tut doppelt gut! Tipp: gleich zahlen beim bestellen, dann muss man nicht zweimal auf den Kellner warten 😉

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