5. August 2010

Darf’s ein bisserl weniger sein?

Migration wird in Wahlkampfzeiten immer ein heißes Thema. Ein nüchterner Blick in den Bericht „Integration & Migration“ ernüchtert.

„Nur kein Neid“ müsste es eigentlich heißen, wenn man sich den Jahresbericht „Migration & Integration 2010“ der Statistik Austria so ansieht. Doch vor dem Hintergrund des Wahlkampfes für die Wiener Landtagswahlen im Oktober werden die negativen Vorurteile wieder fröhliche Urstände feiern. Gründe dafür gibt es nicht wirklich. Mensch mit Migrationshintergrund in Österreich zu sein (entweder im Ausland geboren oder zweite Generation) ist einfach nicht so „leiwand“, dafür jedoch gibt es einige Gründe. Menschen mit Integrationshintergrund sind mit 10 Prozent stärker von Arbeitslosigkeit betroffen (Österreichischer Gesamtschnitt 7 Prozent), verdienen im Schnitt nur 17.949 Euro (Gesamtschnitt 21.543) und sind öfter von Armut gefährdet (26 Prozent, Gesamtschnitt 11 Prozent) oder manifest arm (15 Prozent, Gesamtschnitt 5 Prozent) als ÖsterreicherInnen ohne Migrationshintergrund.

Dazu müssen sie mit weniger Wohnraum (31 Quadratmter) als der österreichische Durchschnitt (43 Quadratmeter) auskommen. Personen mit jugoslawischen (25 Quadratmeter) oder türkischen Wurzeln (20 Quadratmeter) leben in noch beengteren Verhältnissen.

Verantwortlich für die Lohnunterschiede sind vor allem die Arbeitsplätze an denen Personen mit Migrationshintergrund beschäftigt sind. Fast die Hälfte von ihnen (46 Prozent) sind als ArbeiterInnen tätig, während dieser Anteil bei Ur-ÖsterreicherInnen nur 24 Prozent beträgt.

Dies verwundert vor allem da nicht alle von ihnen „unqualifizierte Analphabeten aus einem Bergdorf“ (Danke Frau Innenministerin!) sind. So liegt zwar einerseits die Quote der nur-Pflichtschul-Abschlüsse bei Menschen mit Migrationshintergrund höher als bei ÖsterreicherInnen ohne (13 zu 31 Prozent), doch besitzen auch mehr von ihnen die Matura oder einen akademischen Abschluss als der Rest der Bevölkerung (33 zu 28 Prozent). So kann davon ausgegangen werden, dass auch die Quote der unter ihrem Bildungsniveau Beschäftigten Personen höher liegt, als in der Restbevölkerung. Auch schließen ausländische Studierende ihr Studium im Schnitt fast ein Semester früher ab als inländische Studierende (11,6 Semester zu 12,3 Semester).

Im Vorteil sind Menschen mit Migrationshintergrund zumindest bei der Lebenserwartung, wo sie mit 78 Jahren für Männer und 82,9 Jahre für Frauen etwas vor ÖsterreicherInnen ohne Migrationshintergrund (77,3 Männer und 82,8 Frauen) liegen.

Eine Annäherung der zweiten Generation an das Gesamtmittel aller ÖsterreicherInnen ist vor allem beim Erwerbsverhalten zu erkennen. Nicht nur deshalb darf es verwundern, dass Integrationsprobleme fast nur für Menschen ohne Migrationshintergrund bestehen. Während über zwei Drittel (70,2 Prozent) der Gesamtbevölkerung der Meinung sind, dass Integration in Österreich sehr schlecht oder eher schlecht funktioniert, können Personen mit Migrationshintergrund hier weit weniger Probleme erkennen. Mit 86,3 Prozent fühlt sich die überwältigende Mehrheit völlig oder eher heimisch.

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt