29. Mai 2010

Bunny Lake im Gespräch

Das Missverständnis mit dem Konzeptuellen

Mit „The Beautiful Fall“ haben Bunny Lake über Universal Music ihr drittes Album veröffentlicht. Stadtbekannt bat die Band zum Gespräch.

„Konzept“ habe ich mir unter anderem als einen Eckpfeiler auf meinen Frage-Schummelzettel geschrieben, als ich mich für das Interview mit Christian Fuchs und Suzy On The Rocks von Bunny Lake vorbereite. Es ist ein regnerischer Nachmittag, und ich treffe die Band im Café Prückl im ersten Bezirk. Suzy On The Rocks verspätet sich ein wenig, also komme ich mit Christian Fuchs bei abgeschaltetem Diktiergerät ins Gespräch – über die Band, seine Arbeit bei Fm4, über die „Neigungsgruppe Sex, Gewalt und Gute Laune“, über die Musiklandschaft Österreich generell, ihre Protagonisten und über ihre Windmühlen, gegen die es als Kunstschaffende zu kämpfen gilt. Eine gute halbe Stunde später stößt dann Suzy On The Rocks dazu.

Als ich mich dann eine Stunde später von der Band, die im Anschluss ein weiteres Interview gibt, wieder verabschiede, wünsche ich mir beinahe, jene Frage über Referenz und Konzept nicht gestellt zu haben, weil sie dem Gespräch eine einigermaßen missverständliche Richtung gab und von Suzy On The Rocks eher genervt, von Fuchs eher relativierend aufgenommen wurde.

Mag sein, dass Bunny Lake die Frage nach dem Konzeptionellen im Laufe der aktuellen Promotion-Arbeit (und da hat die Band sicherlich nicht gerade wenig zu tun) ein wenig inflationär gestellt wurde – vielleicht habe ich Christian Fuchs auch, als regelmäßiger Leser seiner Filmkolumnen, fälschlicherweise einen gewissen (popkulturellen und auch bei Bunny Lake ausgelebten) Referenz-Spleen zugedacht. Vielleicht habe ich die Band der Konzept-Verliebtheit bezichtigt, weil ich – als Rezipient – den Eindruck hatte (und habe) dass bei Bunny Lake das, im popkulturellen Sinne gesprochen, Gesamtpaket (optische, modische, repräsentative und künstlerische Elemente) äußerst gekonnt in Szene gesetzt sind. Schließlich zähle ich Bunny Lake ja zu den derzeit interessantesten Acts dieses Landes.

Für die Band, vor allem für Suzy On The Rocks, ist meine Frage nach Konzeptualität aber mit der Idee von allzu verkopfter Reißbrett-Kreativität gleichzusetzen:

Suzy On The Rocks: „Wenn es ein Konzept gibt, dann ist es das des Impulses. Es gibt bei uns in keinster Weise, in keinem Aspekt unseres Schaffens ein vorgefertigtes Konzept unseres Arbeitens. (…) Für mich ist Konzept berechnend und negativ konnotiert. Und wenn’s positiv gemeint ist, muss ich’s trotzdem verneinen“.

Ein wenig filmreferentiell wird Christian Fuchs dann doch noch:

„Ich glaub der Ausdruck ist extrem missverständlich, wenn man sagt „Besetzung“, im Filmvergleich, weil wir sind das Gegenteil einer gecasteten Band, aber es ist dennoch so: beim Film gibt’s da verschiedene Ansätze. Es gibt Regisseure die extrem wert legen auf die ganze Besetzung – es gibt bei uns zwar keinen Regisseur, aber ich meine jetzt unsere Zusammenkunft, WER in der Band ist, das macht bei uns soviel aus in der Band“.

Der Schlüssel zum Interessanten, so Fuchs, sei einfach, dass die richtigen Leute am richtigen Ort zusammenkämen und, ohne sich groß abzusprechen, etwas machen – und so laufe das auch bei Bunny Lake, man spricht sich auch modisch – auch wenn das vielleicht einen anderen Eindruck machen kann – nicht im Vorhinein penibel genau ab. Man überrasche sich gegenseitig, und genau das mache die Band kreativ aus.

Fuchs: “Auf der Gegenseite gibt es immer noch das uralte Klischee vom freien, organischen Musiker, der in seinem Kämmerlein sitzt, so wie der Maler, der sich einsperrt, oder der Autor, der an seiner alten Schreibmaschine sitzt, sperrt die Welt raus und arbeitet romantisch an seinem Werk. Und dieses Klischee, das ist aus dem 19. Jahrhundert und überhaupt lange obsolet. Man ist ja ständig Einflüssen ausgesetzt, globalisiert wie das alles abläuft, und alleine das reicht schon. Und dann gibt es dann eben die Seite, die glauben, Musiker sitzen mit dem Bleistift im Mund und überlegen, welches Styling passt da zur Musik und wie können wir eine coole Electro-Band werden.”

Wäre auch total langweilig“, fügt Suzy On The Rocks hinzu. Stimmt.

Eigentlich auch völlig egal, ob sich die Band vorher abspricht oder nicht, Faktum ist, dass bei Bunny Lake einfach alles, auch außerhalb des rein musikalischen Aspekts, extrem gut zusammenpasst (vielleicht besser: „gut rüberkommt“ – vom charismatischen Frontmann/Frontfrau-Duo angefangen bis hin zum, ja, Gesamtpaket. Dass das alles homogen, spontan und nicht abgesprochen und konzipiert passiert, macht die Sache nur umso interessanter.

Also, one more time: hier ist nichts durchkonzipiert, abgesprochen, durchgeplant oder allzu kopflastig. Never mind the misconceptions.

Das beste Fazit kommt sowieso von Bunny Lake selbst:

…we simply love to write kaputte love songs, like to get drunk on stage, love club beats and The Velvet Underground, techno-bassdrums and The Cramps. Our story is one of long nights, plenty of Aspirin, sundry major and minor disco dramas. But also lots of backstage fun. Just visit our shows, what we’re really after is to seduce, bewitch, and embrace you.

(Markus Brandstetter)

Foto (c) Christoph Pirnbacher

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