7. November 2014

Buchtipps für November

Das Verschwinden des Jim Sullivan

„Und siehe da, Dwayne Koster war genau fünfzig, als meine Geschichte begann, sein Gefühlsleben war ein wenig durcheinandergeraten, und geschieden war er auch, denn ganz generell stand es außer Frage, an den Grundprinzipien zu rütteln, die sich im amerikanischen Roman bewährt haben.“
Alternde College-Professoren, Lebenskrisen, Affären, die unweigerlich auffliegen, sehnendes Herumsitzen in schnittigen Oldtimern und Selbstfindung in der Wüste: Wenn einem das irgendwie bekannt vorkommt, dann ist das kein Zufall. In seinem neuen Roman liefert Tanguy Viel gleich den Kommentar mit dazu: Da amerikanische Romane ja so beliebt sind, versucht er sich einfach mal an einem. Was muss alles in den Plot? Wie sieht so ein Protagonist wohl aus? Mit wem muss er eine Liebschaft haben, wer ist der Gegenspieler? Während Viel sich das überlegt, entwickelt sein Protagonist Dwayne ein Eigenleben … Eine bissige Parodie und dabei gleichzeitig eine hochkomische Hommage an den amerikanischen Roman.

Tanguy Viel
Das Verschwinden des Jim Sullivan
Wagenbach, 17,40 €

Not that kind of girl

Dass Erwachsenwerden meist kein Spaß ist, darauf können wir uns sicher alle einigen. Wie es ist, als Mädchen groß zu werden, das nicht ganz den allseits bekannten – und vor allem von allen Seiten als Standard angenommenen – Schönheits- und Verhaltensidealen entspricht, davon weiß Lena Dunham, Schöpferin der Kultserie GIRLS, ein Liedchen zu singen.
Und so plaudert sie unerschrocken und schrecklich wahrheitsgetreu aus ihrem Leben: Ob es um Kondome in Palmen geht, um pseudoplatonische Freundschaften, um den Neid auf die eigene Schwester oder um respektlose Menschen – Lena Dunham ist, ob gewollt oder nicht, die Stimme einer Generation. Einer Generation von jungen Frauen, die selbstbestimmt leben, aber sich dennoch immer wieder in ein Hamsterrad aus Erwartungen und Ängsten verirren. Wie man da wieder rauskommt? Gott sei Dank hat Miss Dunham dafür auch ein paar sehr tröstliche, nun, wenn nicht Antworten, dann zumindest Erzählungen aus ihrem reichhaltigen Schatzkästchen der Absurditäten parat. Lustig, nachdenklich, manchmal auch traurig: Willkommen im Leben.

Lena Dunham
Not that kind of girl
S: Fischer Verlag, 20,60 €

Das Geräusch der Dinge beim Fallen

Bogotá im Jahr 2009. Der Dozent Antonio Jammara liest in der Zeitung, dass ein Nilpferd aus dem ehemaligen Privatzoo des ehemaligen Drogenkönigs Pablo Escobar entflohen ist. Sofort springen Erinnerungen an, unschöne noch dazu, die er lange verdrängt hat. Ein ehemaliger Freund, mit dem er Billard spielen ging, wurde auf offener Straße erschossen, Yammara selbst schwer verletzt und traumatisiert. Doch der Überfall lässt ihm keine Ruhe – und so macht er sich auf die Suche nach Antworten, die ihn weit in die Vergangenheit führt, ihn aber Stück für Stück seiner Familie entfremdet …
Vásquez lässt eine Zeit auferstehen, in der Kolumbien und eine ganze Generation in einem undurchdringlichen Netz aus Drogenkartellen gefangen waren. Diesen fortwährenden alltäglichen Alptraum verwandelt er hier in eine literarische Tour de force. Packend, aufrüttelnd, großartig.

Juan Gabriel Vásquez
Das Geräusch der Dinge beim Fallen
Schöffling & Co., 23,60 €

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