28. Mai 2010

Alles Geld, alles Angst, alles hin hin hin

Die Studierendensozialerhebung 2009 ist da, die Ergebnisse sind erschütternd.

Das Audimax ist wieder für den regulären Studienbetrieb geöffnet, die sichtbaren Proteste sind abgeflaut, wenn auch in zahlreichen Arbeitsgruppen an der Vorbereitung der Demonstration gegen den „10 Jahre Bologna“ Gipfel in Wien gearbeitet wird. An der Situation der Studierenden in Österreich hat sich seit der Entsetzung des Audimax aber nichts Wesentliches geändert. Im Gegenteil, wie der Studierenden-Sozialerhebung 2009 nahe legt. Die Ergebnisse werden zwar erst nächste Woche publik gemacht, „die Presse“ hat jedoch schon vorab berichtet.

Die Studierenden-Sozialerhebung wird in regelmäßigen Abständen seit den 1970ern durchgeführt, zuletzt 2006. Verantwortlich für die Erhebung 2009 war die Forschungsgruppe equi (Employment-Qualification- Innovation) am IHS (Institut für höhere Studien).

Die heurige Befragung brachte Ergebnisse, die die Studierendenproteste als einen Aufschrei gegen zunehmend unzumutbare Studienbedingungen erscheinen lassen.

Ergebnisse
2006 arbeiteten „nur“ 58 Prozent der Studierenden, inzwischen sind es 61,3%. 45% statt früher 40% gehen dieser Erwerbstätigkeit während das gesamte Semester über nach und auch die Stundenanzahl, die gearbeitet wird, hat sich von wöchentlich durchschnittlich 19,1 Stunden auf 19,7 Stunden erhöht. Wer also gezwungen ist neben seinem/ihrem Studium zu arbeiten tut dies im Durchschnitt in einem Ausmaß von 19,7 Stunden pro Woche. Kein Wunder, dass darunter das Studium leiden muss, dem die Studierenden nur mehr in einem Ausmaß von durchschnittlich 30,3 Stunden, nach 33,5 Stunden im Jahr 2006, nachgehen können. Dreiviertel aller Studierenden begründen diese Erwerbstätigkeit damit, dass sie sich ansonsten ihr Studium nicht leisten könnten. Ohne eine zusätzliche Erwerbsarbeit ist ein Studium in Österreich also offensichtlich für die allermeisten Studierenden nicht mehr finanzierbar.

Der VSSTÖ (Verband sozialistischer StudentInnen Österreichs) verweist deshalb auf die viel zu geringe Stipendienhöhe in Österreich. Die durchschnittliche Stipendienhöhe liegt bei nur 280 Euro, eine Summe, von der man nicht leben kann. Weswegen die Erwerbsarbeit für viele der einzige Ausweg ist.

Darunter muss aber vieles leiden. 50% aller erwerbstätigen Studierenden leiden unter der schwierigen Vereinbarkeit von Job und Studium und immerhin 37% würden ihre Erwerbstätigkeit gerne reduzieren. 16,5 % der Studierenden, die mit ihrem Geld gut auskommen, fühlen sich von Versagensängsten geplagt, bei denen, die schlecht mit ihrem Geld auskommen, sind es gar 30,4.
Ist es nicht ein Skandal sondergleichen, dass Studierende, die ohnehin mit ihrem Geld kaum auskommen, dann zu 30% noch mit den psychischen Folgewirkungen dieser Armut konfrontiert sind?

Ängste plagen aber auch über diese Gruppe hinaus sehr viele Studierende. Jede/r siebte Studierende gibt an, dass sein/ihr Studium unter den eigenen psychischen Ängsten leidet, 22% geben an, unter Leistungsdruck zu stehen. Druck, Leiden und die Angst sind also ein Dauerthema für eine immer größere Anzahl der Studierenden.

Dass sich daran bald etwas ändern könnte, ist unrealistisch, sinkt doch trotz längerer Arbeitszeiten das durchschnittlich zur Verfügung stehende Geld von 1040 Euro auf nur noch 980 Euro pro Monat. Ein Großteil es Geldes kommt von der Erwerbstätigkeit und den Eltern, wohingegen die Studienförderung nur am viert meisten zu den Einnahmequllen beiträgt und mit durchschnittlich 83 Euro somit unter ferner liefen läuft. Auch bei Studierenden gibt es den Gender wage gap, denn männliche Studierenden kommen auf 1012 Euro, weibliche nur auf 953 Euro, im Durchschnitt wohlgemerkt. Das Durchschnittseinkommen der Studierenden liegt damit nur mehr knapp über der Armutsschwelle, die in Österreich bei 951 Euro liegt. Fast die Hälfte der österreichischen Studierenden ist also manifest arm, ein Großteil zumindest armutsgefährdet.

Die Studierenden-Sozialerhebung bringt also viel Sprengstoff und die neue Wissenschaftsministerin Beatrix Karl ist, kaum im Amt angekommen, schon mit einer Unzahl an Problemen konfrontiert. Sollte die Wissenschaftsministerin diese Probleme nicht bald angehen, so wird es wohl schon bald neue Studierendenproteste geben.

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