3. Juli 2011

Wird Google+ Facebook killen?

In den letzten Jahren wurde Facebook zunehmend zum Quasi-Monopolisten am Social Media Markt. Ein Umstand, der auch Googles Geschäftsmodell zunehmend störte. Wohl deshalb schickt sich Google nun an, abermals zu versuchen Facebook Konkurrenz zu machen.

Nach und nach verdrängte Facebook Myspace, StudiVZ und den ganzen Rest. Fast nur noch Twitter, das eine gänzlich andere Form der Kommunikationsdistribution verfolgt und andere Nischenpordukte wie XING, konnten sich halten. Inzwischen hat das Netzwerk fast 700 Millionen User und wird in immer mehr Ländern, von wenigen großen Ausnahmen wie Russland und China abgeshen, zunehmend zum Monopolisten am Social Media Markt.

Dass die Internet Community mehr und mehr Zeit auf Facebook verbringt und dadurch notgedrungen weniger Zeit für Google hat, aber ebenso dadurch, dass Facebook auch andere Geschäftsfelder von Google wie den Maildienst oder die Suchfunktion gefährdet, konnte den Konzernriesen aus Mountain View nicht kalt lassen.

Kein Wunder, dass man seit geraumer Zeit versucht Facebook Konkurrenz zu machen. Eine Konkurrenz, die sich mit dem gescheiterten Google Buzz, zuletzt als der Versuch erwies, mit einem Traktor einen Ferrari in einem Wettrennen zu besiegen.

Google+ ein neuer Versuch

Der gescheiterte Versuch gab aber offenbar Anlass dazu, es erneut zu probieren. Es wurde Google + entwickelt, das sich aktuell noch in der Testphase befindet. Aus den Privatsphäreproblemen bei Google Buzz, aber auch, weil dieser Umstand der häufigste Kritikpunkt an Facebook ist, hat man für das Google+ Projekt dazugelernt.

"Circle" heißt jetzt das Zauberwort. In diese kann jede/r UserIn seine/ihre FreundInnen, Bekannte, SportpartnerInnen, MitschülerInnen, KomilitonInnen, oder wen auch immer, in so oder anders benannte Circles aufnehmen. Wer einen Circle mit Leuten, die gerne Frozen Yoghurt essen aufmachen will, kann das machen, man kann es aber auch lassen. Man kann Nachrichten an die Circles senden und an sonst niemanden, man kann aber auch allgemein in die Welt hinein kommunizieren.

Diese, sehr leichte Möglichkeit Nachrichten an diejenigen zu versenden, für die sie bestimmt sind, ist einer der größten Features von Google+. Insbesondere wenn man bedenkt wie schwierig es ist Status Updates auf Facebook für einzelne „Freunde“ zu sperren, wird klar welche Vorteile hier Google+ bietet.

Ein eigener Videochat, vor allem aber die Möglichkeit auf die schönen Dinge, die Gogle so anbietet, von YouTube bis GMail über eine Plattform zugreifen zu können, beziehungsweise all das einfachst in die eigenen Social Media Aktivitäten einzubauen, sind klare Vorteile von Google+.

Google+ wird scheitern

Trotzdem sieht es nicht gut aus für Google+. Wenn Facebook keine gravierenden Fehler macht, wird es nicht so leicht verdrängbar sein. Womit auch gleich der wichtigste Vorteil von Google+ für die Internet Community eingeführt wäre. Facebook wird aller Voraussicht nach keine sehr schweren Fehler mehr machen. Verstärktes eingehen auf die Privatsphäre-Wünsche der UserInnen, mehr Transparenz und vereinfachte Bedienung, darum wird sich jetzt auch Facebook bemühen, falls es ernsthafte Konkurrenz bekommt.

Das bessere Angebot reicht nicht: Lange hat es gedauert bis Facebook Konkurrenten, beispielsweise in Österreich StudiVZ und Netlog verdrängen konnte. Inzwischen sind aber fast alle gewechselt, zusätzlich kommen beständig neue Leute dazu. Besser zu sein wird für Google+ nicht reichen. Denn Facebook ist inzwischen so etabliert, dass Google+ nicht nur besser, sondern so lange besser sein muss, bis nicht nur der kleine Prozentsatz der early adopters, sondern auch die breite Masse übersiedelt. In all dieser Zeit hat aber Facebook die Möglichkeit ebenfalls besser zu werden.

Der Monopolist gewinnt immer: "Besser" alleine bringt aber ohnehin gar nichts: Solange man aus der Position des Monopolisten agiert, hat Facebook jede Möglichkeit Innovationen der Konkurrenz selbst zu implementieren. Nur wenn Google+ etwas Zusätzliches kann, ändert sich dieser Umstand. Danach sieht es momentan aber nicht aus.

Die User wollen nicht schon wieder wechseln: Nachdem es in den letzten Jahren etliche Social Media Wechsel gab, die schließlich zum Facebook Monopol führten, ist die Bereitschaft nun, nachdem „endlich“ alle Bekannten, FreundInnen, Verwandten, ArbeitskollegInnen bei Facebook sind, gering. So lange sich die Masse aber nicht bewegt, wird Google+ nicht funktionieren.

Privatsphäre ist überschätzt: Privatsphäre ist für unzählige UserInnen ein wichtiges Thema. Voyeurismus und Selbstdarstellung sind aber mindestens genauso wichtig. Die Bereitschaft für mehr Privatsphäre auf die Möglichkeit über das, was der/die NachbarIn, ArbeitskollegIn so tut, Bescheid zu wissen zu verzichten, wird also womöglich überschätzt. Am Ende könnte sich die reduziertere Privatsphäre auf Facebook als Feature und nicht als Bug herausstellen.

Google fehlt die Reputation: Google hat also die besseren Privatsphäreeinstellungen. Aber wird das auch geglaubt? Hat man die Reputation um das den UserInnen auch glaubhaft zu vermitteln? In der öffentlichen Wahrnehmung kämpft ein „böser“ Großkonzern mit einem anderen.

Google fehlt die Zeit: Ein Community Projekt wie Diaspora oder ein neues Start Up das keiner kennt, wie es Google und Facebook einmal waren, genießt das Vertrauen der Community. Dadurch erhält der Konzern Zeit, um die early adopters bei der Stange zu halten, bis auch die Masse bereit ist, das eigene Angebot zu nutzen. Diese Zeit fehlt Google. Alle die jetzt Google+ hypen, werden rasch wieder zu Facebook wechseln, wenn ihre „Freunde“ nicht folgen. Denn verpflichtet fühlen sie sich Google nicht.

Last but not least – was ist neu?  Was kann Google+ was Facebook nicht auch kann, oder mit einigen Adaptierungen selbst implementieren kann? Die Community will mehr Privatsphäre. Facebook wird es implementieren. Die Community will Circles? Dann wird aus einem Hack eben der neue Standard. Ohne dieses Alleinstellungsmerkmal wird Google+ jedoch scheitern oder zu einem Nischenangebot werden.

Monopole werden zerschlagen, veralten oder die Community ersetzt sie: Ein Monopolist wird sich nicht verdrängen lassen. Es sei denn, das monopolisierte Gut veraltet, die Wettbewerbsbehörden schreiten ein oder die Community ersetzt das Service. Wettbewerbsbehörden agieren aktuell bei weitem zu langsam. So lange sich das nicht ändert, fällt diese Möglichkeit flach. Ein Veralten des Monopols ist denkbar, allerdings keine aktuelle Option. Ein Community Projekt, das von der Community ausreichend Geld zur Entwicklung bekommt, zusätzlich jedoch den Vorteil des ehrlichen Maklers hat, das könnte Facebook gefährden. Es ist aber ebenfalls nicht in Sicht.

1 Kommentar

  1. martha

    5. Juli 2011

    Google+
    ich bin bereit für den wechsel!

    Reply

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